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Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 2. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1859.

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Rigel, Procyon, Beteigeuze, e des großen Hundes, d des
großen Hundes, a des Kranichs, a des Pfauen. Diese Arbeit,
deren numerische Eingriffe ich anderswo veröffentlicht habe,
wird an Bedeutung gewinnen, wenn nach je fünfzig bis sechzig
Jahren Reisende die Lichtstärke der Sterne von neuem be-
obachten und darin Wechsel wahrnehmen, die entweder von
Vorgängen an der Oberfläche der Himmelskörper oder von
ihrem veränderten Abstande von unserem Planetensystem her-
rühren.

Hat man in unseren nördlichen Himmelsstrichen und in
der heißen Zone lange mit denselben Fernröhren beobachtet,
so ist man überrascht, wie deutlich in letzterer, infolge der
Durchsichtigkeit der Luft und der geringeren Schwächung des
Lichtes, die Doppelsterne, die Trabanten des Jupiters und
gewisse Nebelsterne erscheinen. Bei gleich heiterem Himmel
glaubt man bessere Instrumente unter den Händen zu haben,
so viel deutlicher, so viel schärfer begrenzt zeigen sich diese
Gegenstände unter den Tropen. So viel ist sicher, wird einst
Südamerika der Mittelpunkt einer ausgebreiteten Kultur, so
muß die physische Astronomie ungemeine Fortschritte machen,
sobald man einmal anfängt im trockenen, heißen Klima von
Cumana, Coro und der Insel Margarita den Himmel mit
vorzüglichen Werkzeugen zu beobachten. Des Rückens der
Kordilleren erwähne ich dabei nicht, weil, einige ziemlich dürre
Hochebenen in Mexiko und Peru ausgenommen, auf sehr
hohen Plateaus, auf solchen, wo der Luftdruck um 26 bis
29 cm geringer ist als an der Meeresfläche, die Luft neblig
und die Witterung sehr veränderlich ist. Sehr reine Luft,
wie sie in den Niederungen in der trockenen Jahreszeit fast
beständig vorkommt, bietet vollen Ersatz für die hohe Lage
und die verdünnte Luft auf den Plateaus.

Die Nacht vom 11. zum 12. November war kühl und
ausnehmend schön. Gegen Morgen, von 2 1/2 Uhr an, sah
man gegen Ost höchst merkwürdige Feuermeteore. Bon-
pland, der aufgestanden war, um auf der Galerie der Kühle
zu genießen, bemerkte sie zuerst. Tausende von Feuerkugeln
und Sternschnuppen fielen hintereinander, vier Stunden
lang. Ihre Richtung war sehr regelmäßig von Nord nach
Süd; sie füllten ein Stück des Himmels, das vom wahren
Ostpunkt 30° nach Nord und nach Süd reichte. Auf einer
Strecke von 60° sah man die Meteore in Ost-Nord-Ost und Ost
über den Horizont aufsteigen, größere oder kleinere Bogen

Rigel, Procyon, Beteigeuze, ε des großen Hundes, δ des
großen Hundes, α des Kranichs, α des Pfauen. Dieſe Arbeit,
deren numeriſche Eingriffe ich anderswo veröffentlicht habe,
wird an Bedeutung gewinnen, wenn nach je fünfzig bis ſechzig
Jahren Reiſende die Lichtſtärke der Sterne von neuem be-
obachten und darin Wechſel wahrnehmen, die entweder von
Vorgängen an der Oberfläche der Himmelskörper oder von
ihrem veränderten Abſtande von unſerem Planetenſyſtem her-
rühren.

Hat man in unſeren nördlichen Himmelsſtrichen und in
der heißen Zone lange mit denſelben Fernröhren beobachtet,
ſo iſt man überraſcht, wie deutlich in letzterer, infolge der
Durchſichtigkeit der Luft und der geringeren Schwächung des
Lichtes, die Doppelſterne, die Trabanten des Jupiters und
gewiſſe Nebelſterne erſcheinen. Bei gleich heiterem Himmel
glaubt man beſſere Inſtrumente unter den Händen zu haben,
ſo viel deutlicher, ſo viel ſchärfer begrenzt zeigen ſich dieſe
Gegenſtände unter den Tropen. So viel iſt ſicher, wird einſt
Südamerika der Mittelpunkt einer ausgebreiteten Kultur, ſo
muß die phyſiſche Aſtronomie ungemeine Fortſchritte machen,
ſobald man einmal anfängt im trockenen, heißen Klima von
Cumana, Coro und der Inſel Margarita den Himmel mit
vorzüglichen Werkzeugen zu beobachten. Des Rückens der
Kordilleren erwähne ich dabei nicht, weil, einige ziemlich dürre
Hochebenen in Mexiko und Peru ausgenommen, auf ſehr
hohen Plateaus, auf ſolchen, wo der Luftdruck um 26 bis
29 cm geringer iſt als an der Meeresfläche, die Luft neblig
und die Witterung ſehr veränderlich iſt. Sehr reine Luft,
wie ſie in den Niederungen in der trockenen Jahreszeit faſt
beſtändig vorkommt, bietet vollen Erſatz für die hohe Lage
und die verdünnte Luft auf den Plateaus.

Die Nacht vom 11. zum 12. November war kühl und
ausnehmend ſchön. Gegen Morgen, von 2 ½ Uhr an, ſah
man gegen Oſt höchſt merkwürdige Feuermeteore. Bon-
pland, der aufgeſtanden war, um auf der Galerie der Kühle
zu genießen, bemerkte ſie zuerſt. Tauſende von Feuerkugeln
und Sternſchnuppen fielen hintereinander, vier Stunden
lang. Ihre Richtung war ſehr regelmäßig von Nord nach
Süd; ſie füllten ein Stück des Himmels, das vom wahren
Oſtpunkt 30° nach Nord und nach Süd reichte. Auf einer
Strecke von 60° ſah man die Meteore in Oſt-Nord-Oſt und Oſt
über den Horizont aufſteigen, größere oder kleinere Bogen

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[51/0059] Rigel, Procyon, Beteigeuze, ε des großen Hundes, δ des großen Hundes, α des Kranichs, α des Pfauen. Dieſe Arbeit, deren numeriſche Eingriffe ich anderswo veröffentlicht habe, wird an Bedeutung gewinnen, wenn nach je fünfzig bis ſechzig Jahren Reiſende die Lichtſtärke der Sterne von neuem be- obachten und darin Wechſel wahrnehmen, die entweder von Vorgängen an der Oberfläche der Himmelskörper oder von ihrem veränderten Abſtande von unſerem Planetenſyſtem her- rühren. Hat man in unſeren nördlichen Himmelsſtrichen und in der heißen Zone lange mit denſelben Fernröhren beobachtet, ſo iſt man überraſcht, wie deutlich in letzterer, infolge der Durchſichtigkeit der Luft und der geringeren Schwächung des Lichtes, die Doppelſterne, die Trabanten des Jupiters und gewiſſe Nebelſterne erſcheinen. Bei gleich heiterem Himmel glaubt man beſſere Inſtrumente unter den Händen zu haben, ſo viel deutlicher, ſo viel ſchärfer begrenzt zeigen ſich dieſe Gegenſtände unter den Tropen. So viel iſt ſicher, wird einſt Südamerika der Mittelpunkt einer ausgebreiteten Kultur, ſo muß die phyſiſche Aſtronomie ungemeine Fortſchritte machen, ſobald man einmal anfängt im trockenen, heißen Klima von Cumana, Coro und der Inſel Margarita den Himmel mit vorzüglichen Werkzeugen zu beobachten. Des Rückens der Kordilleren erwähne ich dabei nicht, weil, einige ziemlich dürre Hochebenen in Mexiko und Peru ausgenommen, auf ſehr hohen Plateaus, auf ſolchen, wo der Luftdruck um 26 bis 29 cm geringer iſt als an der Meeresfläche, die Luft neblig und die Witterung ſehr veränderlich iſt. Sehr reine Luft, wie ſie in den Niederungen in der trockenen Jahreszeit faſt beſtändig vorkommt, bietet vollen Erſatz für die hohe Lage und die verdünnte Luft auf den Plateaus. Die Nacht vom 11. zum 12. November war kühl und ausnehmend ſchön. Gegen Morgen, von 2 ½ Uhr an, ſah man gegen Oſt höchſt merkwürdige Feuermeteore. Bon- pland, der aufgeſtanden war, um auf der Galerie der Kühle zu genießen, bemerkte ſie zuerſt. Tauſende von Feuerkugeln und Sternſchnuppen fielen hintereinander, vier Stunden lang. Ihre Richtung war ſehr regelmäßig von Nord nach Süd; ſie füllten ein Stück des Himmels, das vom wahren Oſtpunkt 30° nach Nord und nach Süd reichte. Auf einer Strecke von 60° ſah man die Meteore in Oſt-Nord-Oſt und Oſt über den Horizont aufſteigen, größere oder kleinere Bogen

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 2. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1859, S. 51. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_aequinoktial02_1859/59>, abgerufen am 22.11.2024.