Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 2. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1859.in den See Maracaybo fallen. Auf dieser Wasserscheide stehen Beobachtet man, in welchem konstanten Verhältnisse die Neben den Gewässern, die in der Richtung nach Nordost A. v. Humboldt, Reise. II. 17
in den See Maracaybo fallen. Auf dieſer Waſſerſcheide ſtehen Beobachtet man, in welchem konſtanten Verhältniſſe die Neben den Gewäſſern, die in der Richtung nach Nordoſt A. v. Humboldt, Reiſe. II. 17
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0265" n="257"/> in den See Maracaybo fallen. Auf dieſer Waſſerſcheide ſtehen<lb/> die Städte Nirgua, San Felipe el Fuerte, Barqueſimeto und<lb/> Tocuyo. In den drei erſteren iſt es ſehr heiß, in Tocuyo<lb/> dagegen bedeutend kühl, und man hört mit Ueberraſchung,<lb/> daß unter einem ſo herrlichen Himmel die Menſchen große<lb/> Neigung zum Selbſtmord haben. Gegen Süden erhebt ſich<lb/> der Boden, denn Truxillo, der See Urao, aus dem man<lb/> kohlenſaures Natron gewinnt, und La Grita, oſtwärts von der<lb/> Kordillere, liegen ſchon in 780 bis 1170 <hi rendition="#aq">m</hi> Höhe.</p><lb/> <p>Beobachtet man, in welchem konſtanten Verhältniſſe die<lb/> Urgebirgsſchichten der Küſtenkordillere fallen, ſo ſieht man ſich<lb/> auf eine der Urſachen hingewieſen, welche den Landſtrich<lb/> zwiſchen der Kordillere und dem Meere ſo ungemein feucht<lb/> machen. Die Schichten fallen meiſt nach Nordweſt, ſo daß<lb/> die Gewäſſer nach dieſer Richtung über die Geſteinsbänke<lb/> laufen und, wie ſchon oben bemerkt, die Menge Bäche und<lb/> Flüſſe bilden, deren Ueberſchwemmungen vom Kap Codera bis<lb/> zum See Maracaybo das Land ſo ungeſund machen.</p><lb/> <p>Neben den Gewäſſern, die in der Richtung nach Nordoſt<lb/> an die Küſte von Porto Cabello und zur Punta de Hicacos<lb/> herabkommen, ſind die bedeutendſten der Tocuyo, der Aroa<lb/> und der Yaracuy. Ohne die Miasmen, welche die Luft ver-<lb/> peſten, wären die Thäler des Aroa und des Yaracuy vielleicht<lb/> ſtärker bevölkert als die Thäler von Aragua. Durch die ſchiff-<lb/> baren Flüſſe hätten jene ſogar den Vorteil, daß ſie ihre eigenen<lb/> Zucker- und Kakaoernten, wie die Produkte der benachbarten<lb/> Bezirke, den Weizen von Quibor, das Vieh von Mona<hi rendition="#aq">ï</hi> und<lb/> das Kupfer von Aroa, leichter ausführen könnten. Die<lb/> Gruben, wo man dieſes Kupfer gewinnt, liegen in einem<lb/> Seitenthale, das in das Aroathal mündet und nicht ſo heiß<lb/> und ungeſund iſt als die Thalſchluchten näher am Meere. In<lb/> dieſen letzteren haben die Indianer Goldwäſchereien, und im<lb/> Gebirge kommen dort reiche Kupfererze vor, die man noch<lb/> nicht auszubeuten verſucht hat. Die alten, längſt in Abgang<lb/> gekommenen Gruben von Aroa wurden auf den Betrieb Don<lb/> Antonios Henriquez, den wir in San Fernando am Apure<lb/> trafen, wieder aufgenommen. Nach den Notizen, die er mir<lb/> gegeben, ſcheint die Lagerſtätte des Erzes eine Art Stockwerk<lb/> zu ſein, das aus mehreren kleinen Gängen beſteht, die ſich<lb/> nach allen Richtungen kreuzen. Das Stockwerk iſt ſtellenweiſe<lb/> 4 bis 6 <hi rendition="#aq">m</hi> dick. Der Gruben ſind drei, und in allen wird<lb/> von Sklaven gearbeitet. Die größte, die Biscayna, hat nur<lb/> <fw place="bottom" type="sig">A. v. <hi rendition="#g">Humboldt</hi>, Reiſe. <hi rendition="#aq">II.</hi> 17</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [257/0265]
in den See Maracaybo fallen. Auf dieſer Waſſerſcheide ſtehen
die Städte Nirgua, San Felipe el Fuerte, Barqueſimeto und
Tocuyo. In den drei erſteren iſt es ſehr heiß, in Tocuyo
dagegen bedeutend kühl, und man hört mit Ueberraſchung,
daß unter einem ſo herrlichen Himmel die Menſchen große
Neigung zum Selbſtmord haben. Gegen Süden erhebt ſich
der Boden, denn Truxillo, der See Urao, aus dem man
kohlenſaures Natron gewinnt, und La Grita, oſtwärts von der
Kordillere, liegen ſchon in 780 bis 1170 m Höhe.
Beobachtet man, in welchem konſtanten Verhältniſſe die
Urgebirgsſchichten der Küſtenkordillere fallen, ſo ſieht man ſich
auf eine der Urſachen hingewieſen, welche den Landſtrich
zwiſchen der Kordillere und dem Meere ſo ungemein feucht
machen. Die Schichten fallen meiſt nach Nordweſt, ſo daß
die Gewäſſer nach dieſer Richtung über die Geſteinsbänke
laufen und, wie ſchon oben bemerkt, die Menge Bäche und
Flüſſe bilden, deren Ueberſchwemmungen vom Kap Codera bis
zum See Maracaybo das Land ſo ungeſund machen.
Neben den Gewäſſern, die in der Richtung nach Nordoſt
an die Küſte von Porto Cabello und zur Punta de Hicacos
herabkommen, ſind die bedeutendſten der Tocuyo, der Aroa
und der Yaracuy. Ohne die Miasmen, welche die Luft ver-
peſten, wären die Thäler des Aroa und des Yaracuy vielleicht
ſtärker bevölkert als die Thäler von Aragua. Durch die ſchiff-
baren Flüſſe hätten jene ſogar den Vorteil, daß ſie ihre eigenen
Zucker- und Kakaoernten, wie die Produkte der benachbarten
Bezirke, den Weizen von Quibor, das Vieh von Monaï und
das Kupfer von Aroa, leichter ausführen könnten. Die
Gruben, wo man dieſes Kupfer gewinnt, liegen in einem
Seitenthale, das in das Aroathal mündet und nicht ſo heiß
und ungeſund iſt als die Thalſchluchten näher am Meere. In
dieſen letzteren haben die Indianer Goldwäſchereien, und im
Gebirge kommen dort reiche Kupfererze vor, die man noch
nicht auszubeuten verſucht hat. Die alten, längſt in Abgang
gekommenen Gruben von Aroa wurden auf den Betrieb Don
Antonios Henriquez, den wir in San Fernando am Apure
trafen, wieder aufgenommen. Nach den Notizen, die er mir
gegeben, ſcheint die Lagerſtätte des Erzes eine Art Stockwerk
zu ſein, das aus mehreren kleinen Gängen beſteht, die ſich
nach allen Richtungen kreuzen. Das Stockwerk iſt ſtellenweiſe
4 bis 6 m dick. Der Gruben ſind drei, und in allen wird
von Sklaven gearbeitet. Die größte, die Biscayna, hat nur
A. v. Humboldt, Reiſe. II. 17
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