Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 2. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1859.von gemischtem Blute besteht, kann der Unterschied zwischen Betrachtet man die Zustände der Kapitanerie von Caracas von gemiſchtem Blute beſteht, kann der Unterſchied zwiſchen Betrachtet man die Zuſtände der Kapitanerie von Caracas <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0106" n="98"/> von gemiſchtem Blute beſteht, kann der Unterſchied zwiſchen<lb/> den Europäern und ihren Nachkommen allerdings nicht ſo<lb/> auffallend ſchroff ſein, wie einſt in den Kolonieen ioniſcher<lb/> und doriſcher Abkunft. Spanier, in die heiße Zone verſetzt,<lb/> unter einem neuen Himmelsſtrich der Erinnerung an das<lb/> Mutterland faſt entfremdet, mußten ſich ganz anders um-<lb/> wandeln, als die Griechen, welche ſich auf den Küſten von<lb/> Kleinaſien oder Italien niederließen, wo das Klima nicht viel<lb/> anders war als in Athen oder Korinth. Daß der Charakter<lb/> des amerikaniſchen Spaniers durch die phyſiſche Beſchaffenheit<lb/> des Landes, durch die einſame Lage der Hauptſtädte auf den<lb/> Hochebenen oder in der Nähe der Küſten, durch die Beſchäfti-<lb/> gung mit dem Landbau, durch den Bergbau, durch die Ge-<lb/> wöhnung an das Spekulieren im Handelsverkehr, in manchen<lb/> Beziehungen ſich verändert hat, iſt unleugbar; aber überall,<lb/> in Caracas, in Santa F<hi rendition="#aq">é</hi>, in Quito und Buenos Ayres macht<lb/> ſich dennoch etwas geltend, was auf die urſprüngliche Stammes-<lb/> eigenheit zurückweiſt.</p><lb/> <p>Betrachtet man die Zuſtände der Kapitanerie von Caracas<lb/> nach den oben angegebenen Geſichtspunkten, ſo zeigt es ſich,<lb/> daß der Ackerbau, die Hauptmaſſe der Bevölkerung, die zahl-<lb/> reichen Städte, kurz alles, was durch höhere Kultur bedingt<lb/> iſt, ſich vorzugsweiſe in der Nähe der Küſte findet. Der<lb/> Küſtenſtrich iſt über 900 <hi rendition="#aq">km</hi> lang und wird vom kleinen<lb/> Meer der Antillen beſpült, einer Art Mittelmeer, an deſſen<lb/> Ufern faſt alle europäiſchen Nationen Niederlaſſungen ge-<lb/> gründet haben, das an zahlreichen Stellen mit dem Atlan-<lb/> tiſchen Ozean in Verbindung ſteht und ſeit der Eroberung auf<lb/> den Fortſchritt der Bildung im öſtlichen Teile des tropiſchen<lb/> Amerikas ſehr bedeutenden Einfluß geäußert hat. Die König-<lb/> reiche Neugranada und Mexiko verkehren mit den fremden<lb/> Kolonieen und mittels dieſer mit dem nicht ſpaniſchen Europa<lb/> allein durch die Häfen von Cartagena und Santa Marta,<lb/> Veracruz und Campeche. Dieſe ungeheuren Länder kommen,<lb/> infolge der Beſchaffenheit ihrer Küſten und der Zuſammen-<lb/> drängung der Bevölkerung auf dem Rücken der Kordilleren,<lb/> mit Fremden wenig in Berührung. Der Meerbuſen von<lb/> Mexiko iſt auch einen Teil des Jahres wegen der gefährlichen<lb/> Nordſtürme wenig beſucht. Die Küſten von Venezuela da-<lb/> gegen ſind ſehr ausgedehnt, ſpringen weit gegen Oſten vor,<lb/> haben eine Menge Häfen, man kann allenthalben in jeder<lb/> Jahreszeit ſicher ans Land kommen, und ſo können ſie von<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [98/0106]
von gemiſchtem Blute beſteht, kann der Unterſchied zwiſchen
den Europäern und ihren Nachkommen allerdings nicht ſo
auffallend ſchroff ſein, wie einſt in den Kolonieen ioniſcher
und doriſcher Abkunft. Spanier, in die heiße Zone verſetzt,
unter einem neuen Himmelsſtrich der Erinnerung an das
Mutterland faſt entfremdet, mußten ſich ganz anders um-
wandeln, als die Griechen, welche ſich auf den Küſten von
Kleinaſien oder Italien niederließen, wo das Klima nicht viel
anders war als in Athen oder Korinth. Daß der Charakter
des amerikaniſchen Spaniers durch die phyſiſche Beſchaffenheit
des Landes, durch die einſame Lage der Hauptſtädte auf den
Hochebenen oder in der Nähe der Küſten, durch die Beſchäfti-
gung mit dem Landbau, durch den Bergbau, durch die Ge-
wöhnung an das Spekulieren im Handelsverkehr, in manchen
Beziehungen ſich verändert hat, iſt unleugbar; aber überall,
in Caracas, in Santa Fé, in Quito und Buenos Ayres macht
ſich dennoch etwas geltend, was auf die urſprüngliche Stammes-
eigenheit zurückweiſt.
Betrachtet man die Zuſtände der Kapitanerie von Caracas
nach den oben angegebenen Geſichtspunkten, ſo zeigt es ſich,
daß der Ackerbau, die Hauptmaſſe der Bevölkerung, die zahl-
reichen Städte, kurz alles, was durch höhere Kultur bedingt
iſt, ſich vorzugsweiſe in der Nähe der Küſte findet. Der
Küſtenſtrich iſt über 900 km lang und wird vom kleinen
Meer der Antillen beſpült, einer Art Mittelmeer, an deſſen
Ufern faſt alle europäiſchen Nationen Niederlaſſungen ge-
gründet haben, das an zahlreichen Stellen mit dem Atlan-
tiſchen Ozean in Verbindung ſteht und ſeit der Eroberung auf
den Fortſchritt der Bildung im öſtlichen Teile des tropiſchen
Amerikas ſehr bedeutenden Einfluß geäußert hat. Die König-
reiche Neugranada und Mexiko verkehren mit den fremden
Kolonieen und mittels dieſer mit dem nicht ſpaniſchen Europa
allein durch die Häfen von Cartagena und Santa Marta,
Veracruz und Campeche. Dieſe ungeheuren Länder kommen,
infolge der Beſchaffenheit ihrer Küſten und der Zuſammen-
drängung der Bevölkerung auf dem Rücken der Kordilleren,
mit Fremden wenig in Berührung. Der Meerbuſen von
Mexiko iſt auch einen Teil des Jahres wegen der gefährlichen
Nordſtürme wenig beſucht. Die Küſten von Venezuela da-
gegen ſind ſehr ausgedehnt, ſpringen weit gegen Oſten vor,
haben eine Menge Häfen, man kann allenthalben in jeder
Jahreszeit ſicher ans Land kommen, und ſo können ſie von
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