den großartigen Charakter der Landschaft. Von Guayavo an geht man eine halbe Stunde über ein ebenes, mit Alp- pflanzen bewachsenes Plateau. Dieses Stück des Weges heißt der vielen Krümmungen wegen Las Vueltas. Etwas weiter oben liegen die Mehlmagazine, welche die Gesellschaft von Guipuzcoa, während der Handel und die Versorgung von Caracas mit Lebensmitteln ihr ausschließliches Monopol war, an einem sehr kühlen Orte hatte errichten lassen. Auf dem Wege der Vueltas sieht man zum erstenmal die Hauptstadt 580 m tiefer in einem mit Kaffeebäumen und europäischen Obstbäumen üppig bepflanzten Thale liegen. Die Reisenden machen gewöhnlich Halt bei einer schönen Quelle, genannt Fuente de Sanchorquiz, die auf fallenden Gneisschichten von der Sierra herabkommt. Ich fand die Temperatur derselben 16,4°, was für eine Höhe von 1415 m bedeutend kühl ist. Dieses klare Wasser müßte denen, die davon trinken, noch kälter vorkommen, wenn die Quelle statt zwischen der Cumbre und dem gemäßigten Thale von Caracas auf dem Abhange gegen Guayra hin entspränge. Ich habe aber die Bemerkung gemacht, daß an diesem, dem Nordabhange des Berges die Schichten (eine in diesem Lande seltene Ausnahme) nicht nach Nordwest, sondern nach Südost fallen, was schuld daran sein mag, daß die unterirdischen Gewässer dort keine Quellen bil- den können. Von der kleinen Schlucht Sanchorquiz an geht es beständig abwärts bis zum Kreuz von Guayra, das auf einem offenen Platze 1232 m über dem Meere steht, und von da an bei den Zollhäusern vorbei und durch das Quartier Pastora in die Stadt Caracas.
den großartigen Charakter der Landſchaft. Von Guayavo an geht man eine halbe Stunde über ein ebenes, mit Alp- pflanzen bewachſenes Plateau. Dieſes Stück des Weges heißt der vielen Krümmungen wegen Las Vueltas. Etwas weiter oben liegen die Mehlmagazine, welche die Geſellſchaft von Guipuzcoa, während der Handel und die Verſorgung von Caracas mit Lebensmitteln ihr ausſchließliches Monopol war, an einem ſehr kühlen Orte hatte errichten laſſen. Auf dem Wege der Vueltas ſieht man zum erſtenmal die Hauptſtadt 580 m tiefer in einem mit Kaffeebäumen und europäiſchen Obſtbäumen üppig bepflanzten Thale liegen. Die Reiſenden machen gewöhnlich Halt bei einer ſchönen Quelle, genannt Fuente de Sanchorquiz, die auf fallenden Gneisſchichten von der Sierra herabkommt. Ich fand die Temperatur derſelben 16,4°, was für eine Höhe von 1415 m bedeutend kühl iſt. Dieſes klare Waſſer müßte denen, die davon trinken, noch kälter vorkommen, wenn die Quelle ſtatt zwiſchen der Cumbre und dem gemäßigten Thale von Caracas auf dem Abhange gegen Guayra hin entſpränge. Ich habe aber die Bemerkung gemacht, daß an dieſem, dem Nordabhange des Berges die Schichten (eine in dieſem Lande ſeltene Ausnahme) nicht nach Nordweſt, ſondern nach Südoſt fallen, was ſchuld daran ſein mag, daß die unterirdiſchen Gewäſſer dort keine Quellen bil- den können. Von der kleinen Schlucht Sanchorquiz an geht es beſtändig abwärts bis zum Kreuz von Guayra, das auf einem offenen Platze 1232 m über dem Meere ſteht, und von da an bei den Zollhäuſern vorbei und durch das Quartier Paſtora in die Stadt Caracas.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0101"n="93"/>
den großartigen Charakter der Landſchaft. Von Guayavo<lb/>
an geht man eine halbe Stunde über ein ebenes, mit Alp-<lb/>
pflanzen bewachſenes Plateau. Dieſes Stück des Weges heißt<lb/>
der vielen Krümmungen wegen Las Vueltas. Etwas weiter<lb/>
oben liegen die Mehlmagazine, welche die Geſellſchaft von<lb/>
Guipuzcoa, während der Handel und die Verſorgung von<lb/>
Caracas mit Lebensmitteln ihr ausſchließliches Monopol war,<lb/>
an einem ſehr kühlen Orte hatte errichten laſſen. Auf dem<lb/>
Wege der Vueltas ſieht man zum erſtenmal die Hauptſtadt<lb/>
580 <hirendition="#aq">m</hi> tiefer in einem mit Kaffeebäumen und europäiſchen<lb/>
Obſtbäumen üppig bepflanzten Thale liegen. Die Reiſenden<lb/>
machen gewöhnlich Halt bei einer ſchönen Quelle, genannt<lb/>
Fuente de Sanchorquiz, die auf fallenden Gneisſchichten von<lb/>
der Sierra herabkommt. Ich fand die Temperatur derſelben<lb/>
16,4°, was für eine Höhe von 1415 <hirendition="#aq">m</hi> bedeutend kühl iſt.<lb/>
Dieſes klare Waſſer müßte denen, die davon trinken, noch<lb/>
kälter vorkommen, wenn die Quelle ſtatt zwiſchen der Cumbre<lb/>
und dem gemäßigten Thale von Caracas auf dem Abhange<lb/>
gegen Guayra hin entſpränge. Ich habe aber die Bemerkung<lb/>
gemacht, daß an dieſem, dem Nordabhange des Berges die<lb/>
Schichten (eine in dieſem Lande ſeltene Ausnahme) nicht nach<lb/>
Nordweſt, ſondern nach Südoſt fallen, was ſchuld daran ſein<lb/>
mag, daß die unterirdiſchen Gewäſſer dort keine Quellen bil-<lb/>
den können. Von der kleinen Schlucht Sanchorquiz an geht<lb/>
es beſtändig abwärts bis zum Kreuz von Guayra, das auf<lb/>
einem offenen Platze 1232 <hirendition="#aq">m</hi> über dem Meere ſteht, und von<lb/>
da an bei den Zollhäuſern vorbei und durch das Quartier<lb/>
Paſtora in die Stadt Caracas.</p></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/></div></body></text></TEI>
[93/0101]
den großartigen Charakter der Landſchaft. Von Guayavo
an geht man eine halbe Stunde über ein ebenes, mit Alp-
pflanzen bewachſenes Plateau. Dieſes Stück des Weges heißt
der vielen Krümmungen wegen Las Vueltas. Etwas weiter
oben liegen die Mehlmagazine, welche die Geſellſchaft von
Guipuzcoa, während der Handel und die Verſorgung von
Caracas mit Lebensmitteln ihr ausſchließliches Monopol war,
an einem ſehr kühlen Orte hatte errichten laſſen. Auf dem
Wege der Vueltas ſieht man zum erſtenmal die Hauptſtadt
580 m tiefer in einem mit Kaffeebäumen und europäiſchen
Obſtbäumen üppig bepflanzten Thale liegen. Die Reiſenden
machen gewöhnlich Halt bei einer ſchönen Quelle, genannt
Fuente de Sanchorquiz, die auf fallenden Gneisſchichten von
der Sierra herabkommt. Ich fand die Temperatur derſelben
16,4°, was für eine Höhe von 1415 m bedeutend kühl iſt.
Dieſes klare Waſſer müßte denen, die davon trinken, noch
kälter vorkommen, wenn die Quelle ſtatt zwiſchen der Cumbre
und dem gemäßigten Thale von Caracas auf dem Abhange
gegen Guayra hin entſpränge. Ich habe aber die Bemerkung
gemacht, daß an dieſem, dem Nordabhange des Berges die
Schichten (eine in dieſem Lande ſeltene Ausnahme) nicht nach
Nordweſt, ſondern nach Südoſt fallen, was ſchuld daran ſein
mag, daß die unterirdiſchen Gewäſſer dort keine Quellen bil-
den können. Von der kleinen Schlucht Sanchorquiz an geht
es beſtändig abwärts bis zum Kreuz von Guayra, das auf
einem offenen Platze 1232 m über dem Meere ſteht, und von
da an bei den Zollhäuſern vorbei und durch das Quartier
Paſtora in die Stadt Caracas.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 2. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1859, S. 93. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_aequinoktial02_1859/101>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.