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Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Übers. v. Hermann Hauff. Bd. 1. Stuttgart, 1859.

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und zwar zu einer Zeit, wo kein Schnee darauf lag, dicht am
Horizont auf 238 km gesehen. Dies ist bis jetzt das auf-
fallendste bekannte Beispiel von der Sichtbarkeit eines Berges,
und was noch merkwürdiger ist, es handelt sich dabei von
einem Gegenstand, der nur negativ sichtbar ist.

Ich glaubte diese Bemerkungen am Ende dieses Kapitels
zusammenstellen zu sollen, weil sie sich auf eines der wichtig-
sten Probleme der Optik beziehen, auf die Schwächung der
Lichtstrahlen bei ihrem Durchgang durch die Schichten der
Luft, und zugleich nicht ohne praktischen Nutzen sind. Die
Vulkane Tenerifas und der Azoren, die Sierra Nevada von
St. Martha, der Pik von Orizaba, die Silla bei Caracas,
Mauna-Roa und der St. Eliasberg liegen vereinzelt in weiten
Meeresstrecken oder auf den Küsten der Kontinente, und dienen
so dem Seefahrer, der die Mittel nicht hat, um den Ort des
Schiffes durch Sternbeobachtungen zu bestimmen, gleichsam als
Bojen im Fahrwasser. Alles, was mit der Erkennbarkeit
dieser natürlichen Bojen zusammenhängt, ist für die Sicherheit
der Schiffahrt von Belang.



mögen die vornehmsten Ursachen sein. Es läßt sich nicht wohl an-
nehmen, daß sich Kapitän Marchand in der Schätzung des Abstandes,
in dem er am 10. Oktober 1791 den Gipfel des Mauna-Roa sah,
bedeutend geirrt habe. Er hatte die Insel Owaihi erst am 7.
abends verlassen, und nach der Bewegung der Gewässer und den
Mondbeobachtungen am 19. betrug die Entfernung wahrscheinlich
sogar mehr als 238 km. Ueberdies berichtet ein erfahrener See-
mann, de Fleurieu, daß der Pik von Tenerifa selbst bei nicht ganz
klarem Wetter auf 157 bis 162 km zu sehen sei.

und zwar zu einer Zeit, wo kein Schnee darauf lag, dicht am
Horizont auf 238 km geſehen. Dies iſt bis jetzt das auf-
fallendſte bekannte Beiſpiel von der Sichtbarkeit eines Berges,
und was noch merkwürdiger iſt, es handelt ſich dabei von
einem Gegenſtand, der nur negativ ſichtbar iſt.

Ich glaubte dieſe Bemerkungen am Ende dieſes Kapitels
zuſammenſtellen zu ſollen, weil ſie ſich auf eines der wichtig-
ſten Probleme der Optik beziehen, auf die Schwächung der
Lichtſtrahlen bei ihrem Durchgang durch die Schichten der
Luft, und zugleich nicht ohne praktiſchen Nutzen ſind. Die
Vulkane Tenerifas und der Azoren, die Sierra Nevada von
St. Martha, der Pik von Orizaba, die Silla bei Caracas,
Mauna-Roa und der St. Eliasberg liegen vereinzelt in weiten
Meeresſtrecken oder auf den Küſten der Kontinente, und dienen
ſo dem Seefahrer, der die Mittel nicht hat, um den Ort des
Schiffes durch Sternbeobachtungen zu beſtimmen, gleichſam als
Bojen im Fahrwaſſer. Alles, was mit der Erkennbarkeit
dieſer natürlichen Bojen zuſammenhängt, iſt für die Sicherheit
der Schiffahrt von Belang.



mögen die vornehmſten Urſachen ſein. Es läßt ſich nicht wohl an-
nehmen, daß ſich Kapitän Marchand in der Schätzung des Abſtandes,
in dem er am 10. Oktober 1791 den Gipfel des Mauna-Roa ſah,
bedeutend geirrt habe. Er hatte die Inſel Owaihi erſt am 7.
abends verlaſſen, und nach der Bewegung der Gewäſſer und den
Mondbeobachtungen am 19. betrug die Entfernung wahrſcheinlich
ſogar mehr als 238 km. Ueberdies berichtet ein erfahrener See-
mann, de Fleurieu, daß der Pik von Tenerifa ſelbſt bei nicht ganz
klarem Wetter auf 157 bis 162 km zu ſehen ſei.
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[54/0070] und zwar zu einer Zeit, wo kein Schnee darauf lag, dicht am Horizont auf 238 km geſehen. Dies iſt bis jetzt das auf- fallendſte bekannte Beiſpiel von der Sichtbarkeit eines Berges, und was noch merkwürdiger iſt, es handelt ſich dabei von einem Gegenſtand, der nur negativ ſichtbar iſt. Ich glaubte dieſe Bemerkungen am Ende dieſes Kapitels zuſammenſtellen zu ſollen, weil ſie ſich auf eines der wichtig- ſten Probleme der Optik beziehen, auf die Schwächung der Lichtſtrahlen bei ihrem Durchgang durch die Schichten der Luft, und zugleich nicht ohne praktiſchen Nutzen ſind. Die Vulkane Tenerifas und der Azoren, die Sierra Nevada von St. Martha, der Pik von Orizaba, die Silla bei Caracas, Mauna-Roa und der St. Eliasberg liegen vereinzelt in weiten Meeresſtrecken oder auf den Küſten der Kontinente, und dienen ſo dem Seefahrer, der die Mittel nicht hat, um den Ort des Schiffes durch Sternbeobachtungen zu beſtimmen, gleichſam als Bojen im Fahrwaſſer. Alles, was mit der Erkennbarkeit dieſer natürlichen Bojen zuſammenhängt, iſt für die Sicherheit der Schiffahrt von Belang. 1 1 mögen die vornehmſten Urſachen ſein. Es läßt ſich nicht wohl an- nehmen, daß ſich Kapitän Marchand in der Schätzung des Abſtandes, in dem er am 10. Oktober 1791 den Gipfel des Mauna-Roa ſah, bedeutend geirrt habe. Er hatte die Inſel Owaihi erſt am 7. abends verlaſſen, und nach der Bewegung der Gewäſſer und den Mondbeobachtungen am 19. betrug die Entfernung wahrſcheinlich ſogar mehr als 238 km. Ueberdies berichtet ein erfahrener See- mann, de Fleurieu, daß der Pik von Tenerifa ſelbſt bei nicht ganz klarem Wetter auf 157 bis 162 km zu ſehen ſei.

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Übers. v. Hermann Hauff. Bd. 1. Stuttgart, 1859, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_aequinoktial01_1859/70>, abgerufen am 29.03.2024.