Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Übers. v. Hermann Hauff. Bd. 1. Stuttgart, 1859.

Bild:
<< vorherige Seite

Beobachtung, daß alle drei Medusenarten, die wir gefangen,
nur leuchteten, wenn man sie ganz leicht anstieß. Diese
Eigenschaft kommt also nicht der von Forskael in seiner Fauna
Aegyptiaca
beschriebenen Medusa noctiluca allein zu, die
Gmelin mit der Medusa pelagica Löflings vereinigt, obgleich
sie rote Tentakeln und braune Körperwarzen hat. Legt man
eine sehr reizbare Meduse auf einen Zinnteller und schlägt
mit irgend einem Metall an den Teller, so wird das Tier
schon durch die leichte Schwingung des Zinnes leuchtend. Gal-
vanisiert man Medusen, so zeigt sich zuweilen der phosphorische
Schein im Moment, wo man die Kette schließt, wenn auch
die Excitatoren die Organe des Tieres nicht unmittelbar be-
rühren. Die Finger, mit denen man es berührt, bleiben ein
paar Minuten leuchtend, wie man dies auch beobachtet, wenn
man das Gehäuse der Pholaden zerbricht. Reibt man Holz
mit dem Körper einer Meduse und leuchtet die geriebene Stelle
nicht mehr, so erscheint der Schimmer wieder, wenn man mit
der trockenen Hand über das Holz fährt. Ist derselbe wieder
verschwunden, so läßt er sich nicht noch einmal hervorrufen,
wenn auch die geriebene Stelle noch feucht und klebrig ist.
Wie wirkt in diesem Falle die Reibung oder der Stoß? Die
Frage ist schwer zu beantworten. Ruft etwa eine kleine
Temperaturerhöhung den Schein hervor, oder kommt er wieder,
weil man die Oberfläche erneuert und so die Teile des Tieres,
welche den Phosphorwasserstoff entbinden, mit dem Sauerstoff
der atmosphärischen Luft in Berührung bringt? Ich habe
durch Versuche, die im Jahre 1797 veröffentlicht worden, dar-
gethan, daß Scheinholz in reinem Wasserstoff und Stickstoff
nicht mehr leuchtet, und daß der Schein wiederkehrt, sobald
man die kleinste Blase Sauerstoff in das Gas treten läßt.
Diese Thatsachen, deren wir in der Folge noch mehrere an-
führen werden, bahnen uns den Weg zur Erklärung des
Meerleuchtens und des besonderen Umstandes, daß das Er-
scheinen des Lichtschimmers mit dem Wellenschlag in Zusammen-
hang steht.

Zwischen Madeira und der afrikanischen Küste hatten
wir gelinde Winde oder Windstille, wodurch ich mich bei den
magnetischen Versuchen, mit denen ich mich bei der Ueberfahrt
beschäftigte, sehr gefördert sah. Wir wurden nicht satt, die
Pracht der Nächte zu bewundern; nichts geht über die Klar-
heit und Heiterkeit des afrikanischen Himmels. Wir wunderten
uns über die ungeheure Menge Sternschnuppen, die jeden

Beobachtung, daß alle drei Meduſenarten, die wir gefangen,
nur leuchteten, wenn man ſie ganz leicht anſtieß. Dieſe
Eigenſchaft kommt alſo nicht der von Forskael in ſeiner Fauna
Aegyptiaca
beſchriebenen Medusa noctiluca allein zu, die
Gmelin mit der Medusa pelagica Löflings vereinigt, obgleich
ſie rote Tentakeln und braune Körperwarzen hat. Legt man
eine ſehr reizbare Meduſe auf einen Zinnteller und ſchlägt
mit irgend einem Metall an den Teller, ſo wird das Tier
ſchon durch die leichte Schwingung des Zinnes leuchtend. Gal-
vaniſiert man Meduſen, ſo zeigt ſich zuweilen der phosphoriſche
Schein im Moment, wo man die Kette ſchließt, wenn auch
die Excitatoren die Organe des Tieres nicht unmittelbar be-
rühren. Die Finger, mit denen man es berührt, bleiben ein
paar Minuten leuchtend, wie man dies auch beobachtet, wenn
man das Gehäuſe der Pholaden zerbricht. Reibt man Holz
mit dem Körper einer Meduſe und leuchtet die geriebene Stelle
nicht mehr, ſo erſcheint der Schimmer wieder, wenn man mit
der trockenen Hand über das Holz fährt. Iſt derſelbe wieder
verſchwunden, ſo läßt er ſich nicht noch einmal hervorrufen,
wenn auch die geriebene Stelle noch feucht und klebrig iſt.
Wie wirkt in dieſem Falle die Reibung oder der Stoß? Die
Frage iſt ſchwer zu beantworten. Ruft etwa eine kleine
Temperaturerhöhung den Schein hervor, oder kommt er wieder,
weil man die Oberfläche erneuert und ſo die Teile des Tieres,
welche den Phosphorwaſſerſtoff entbinden, mit dem Sauerſtoff
der atmoſphäriſchen Luft in Berührung bringt? Ich habe
durch Verſuche, die im Jahre 1797 veröffentlicht worden, dar-
gethan, daß Scheinholz in reinem Waſſerſtoff und Stickſtoff
nicht mehr leuchtet, und daß der Schein wiederkehrt, ſobald
man die kleinſte Blaſe Sauerſtoff in das Gas treten läßt.
Dieſe Thatſachen, deren wir in der Folge noch mehrere an-
führen werden, bahnen uns den Weg zur Erklärung des
Meerleuchtens und des beſonderen Umſtandes, daß das Er-
ſcheinen des Lichtſchimmers mit dem Wellenſchlag in Zuſammen-
hang ſteht.

Zwiſchen Madeira und der afrikaniſchen Küſte hatten
wir gelinde Winde oder Windſtille, wodurch ich mich bei den
magnetiſchen Verſuchen, mit denen ich mich bei der Ueberfahrt
beſchäftigte, ſehr gefördert ſah. Wir wurden nicht ſatt, die
Pracht der Nächte zu bewundern; nichts geht über die Klar-
heit und Heiterkeit des afrikaniſchen Himmels. Wir wunderten
uns über die ungeheure Menge Sternſchnuppen, die jeden

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0053" n="37"/>
Beobachtung, daß alle drei Medu&#x017F;enarten, die wir gefangen,<lb/>
nur leuchteten, wenn man &#x017F;ie ganz leicht an&#x017F;tieß. Die&#x017F;e<lb/>
Eigen&#x017F;chaft kommt al&#x017F;o nicht der von Forskael in &#x017F;einer <hi rendition="#aq">Fauna<lb/>
Aegyptiaca</hi> be&#x017F;chriebenen <hi rendition="#aq">Medusa noctiluca</hi> allein zu, die<lb/>
Gmelin mit der <hi rendition="#aq">Medusa pelagica</hi> Löflings vereinigt, obgleich<lb/>
&#x017F;ie rote Tentakeln und braune Körperwarzen hat. Legt man<lb/>
eine &#x017F;ehr reizbare Medu&#x017F;e auf einen Zinnteller und &#x017F;chlägt<lb/>
mit irgend einem Metall an den Teller, &#x017F;o wird das Tier<lb/>
&#x017F;chon durch die leichte Schwingung des Zinnes leuchtend. Gal-<lb/>
vani&#x017F;iert man Medu&#x017F;en, &#x017F;o zeigt &#x017F;ich zuweilen der phosphori&#x017F;che<lb/>
Schein im Moment, wo man die Kette &#x017F;chließt, wenn auch<lb/>
die Excitatoren die Organe des Tieres nicht unmittelbar be-<lb/>
rühren. Die Finger, mit denen man es berührt, bleiben ein<lb/>
paar Minuten leuchtend, wie man dies auch beobachtet, wenn<lb/>
man das Gehäu&#x017F;e der Pholaden zerbricht. Reibt man Holz<lb/>
mit dem Körper einer Medu&#x017F;e und leuchtet die geriebene Stelle<lb/>
nicht mehr, &#x017F;o er&#x017F;cheint der Schimmer wieder, wenn man mit<lb/>
der trockenen Hand über das Holz fährt. I&#x017F;t der&#x017F;elbe wieder<lb/>
ver&#x017F;chwunden, &#x017F;o läßt er &#x017F;ich nicht noch einmal hervorrufen,<lb/>
wenn auch die geriebene Stelle noch feucht und klebrig i&#x017F;t.<lb/>
Wie wirkt in die&#x017F;em Falle die Reibung oder der Stoß? Die<lb/>
Frage i&#x017F;t &#x017F;chwer zu beantworten. Ruft etwa eine kleine<lb/>
Temperaturerhöhung den Schein hervor, oder kommt er wieder,<lb/>
weil man die Oberfläche erneuert und &#x017F;o die Teile des Tieres,<lb/>
welche den Phosphorwa&#x017F;&#x017F;er&#x017F;toff entbinden, mit dem Sauer&#x017F;toff<lb/>
der atmo&#x017F;phäri&#x017F;chen Luft in Berührung bringt? Ich habe<lb/>
durch Ver&#x017F;uche, die im Jahre 1797 veröffentlicht worden, dar-<lb/>
gethan, daß Scheinholz in reinem Wa&#x017F;&#x017F;er&#x017F;toff und Stick&#x017F;toff<lb/>
nicht mehr leuchtet, und daß der Schein wiederkehrt, &#x017F;obald<lb/>
man die klein&#x017F;te Bla&#x017F;e Sauer&#x017F;toff in das Gas treten läßt.<lb/>
Die&#x017F;e That&#x017F;achen, deren wir in der Folge noch mehrere an-<lb/>
führen werden, bahnen uns den Weg zur Erklärung des<lb/>
Meerleuchtens und des be&#x017F;onderen Um&#x017F;tandes, daß das Er-<lb/>
&#x017F;cheinen des Licht&#x017F;chimmers mit dem Wellen&#x017F;chlag in Zu&#x017F;ammen-<lb/>
hang &#x017F;teht.</p><lb/>
          <p>Zwi&#x017F;chen Madeira und der afrikani&#x017F;chen Kü&#x017F;te hatten<lb/>
wir gelinde Winde oder Wind&#x017F;tille, wodurch ich mich bei den<lb/>
magneti&#x017F;chen Ver&#x017F;uchen, mit denen ich mich bei der Ueberfahrt<lb/>
be&#x017F;chäftigte, &#x017F;ehr gefördert &#x017F;ah. Wir wurden nicht &#x017F;att, die<lb/>
Pracht der Nächte zu bewundern; nichts geht über die Klar-<lb/>
heit und Heiterkeit des afrikani&#x017F;chen Himmels. Wir wunderten<lb/>
uns über die ungeheure Menge Stern&#x017F;chnuppen, die jeden<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[37/0053] Beobachtung, daß alle drei Meduſenarten, die wir gefangen, nur leuchteten, wenn man ſie ganz leicht anſtieß. Dieſe Eigenſchaft kommt alſo nicht der von Forskael in ſeiner Fauna Aegyptiaca beſchriebenen Medusa noctiluca allein zu, die Gmelin mit der Medusa pelagica Löflings vereinigt, obgleich ſie rote Tentakeln und braune Körperwarzen hat. Legt man eine ſehr reizbare Meduſe auf einen Zinnteller und ſchlägt mit irgend einem Metall an den Teller, ſo wird das Tier ſchon durch die leichte Schwingung des Zinnes leuchtend. Gal- vaniſiert man Meduſen, ſo zeigt ſich zuweilen der phosphoriſche Schein im Moment, wo man die Kette ſchließt, wenn auch die Excitatoren die Organe des Tieres nicht unmittelbar be- rühren. Die Finger, mit denen man es berührt, bleiben ein paar Minuten leuchtend, wie man dies auch beobachtet, wenn man das Gehäuſe der Pholaden zerbricht. Reibt man Holz mit dem Körper einer Meduſe und leuchtet die geriebene Stelle nicht mehr, ſo erſcheint der Schimmer wieder, wenn man mit der trockenen Hand über das Holz fährt. Iſt derſelbe wieder verſchwunden, ſo läßt er ſich nicht noch einmal hervorrufen, wenn auch die geriebene Stelle noch feucht und klebrig iſt. Wie wirkt in dieſem Falle die Reibung oder der Stoß? Die Frage iſt ſchwer zu beantworten. Ruft etwa eine kleine Temperaturerhöhung den Schein hervor, oder kommt er wieder, weil man die Oberfläche erneuert und ſo die Teile des Tieres, welche den Phosphorwaſſerſtoff entbinden, mit dem Sauerſtoff der atmoſphäriſchen Luft in Berührung bringt? Ich habe durch Verſuche, die im Jahre 1797 veröffentlicht worden, dar- gethan, daß Scheinholz in reinem Waſſerſtoff und Stickſtoff nicht mehr leuchtet, und daß der Schein wiederkehrt, ſobald man die kleinſte Blaſe Sauerſtoff in das Gas treten läßt. Dieſe Thatſachen, deren wir in der Folge noch mehrere an- führen werden, bahnen uns den Weg zur Erklärung des Meerleuchtens und des beſonderen Umſtandes, daß das Er- ſcheinen des Lichtſchimmers mit dem Wellenſchlag in Zuſammen- hang ſteht. Zwiſchen Madeira und der afrikaniſchen Küſte hatten wir gelinde Winde oder Windſtille, wodurch ich mich bei den magnetiſchen Verſuchen, mit denen ich mich bei der Ueberfahrt beſchäftigte, ſehr gefördert ſah. Wir wurden nicht ſatt, die Pracht der Nächte zu bewundern; nichts geht über die Klar- heit und Heiterkeit des afrikaniſchen Himmels. Wir wunderten uns über die ungeheure Menge Sternſchnuppen, die jeden

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_aequinoktial01_1859
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_aequinoktial01_1859/53
Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Übers. v. Hermann Hauff. Bd. 1. Stuttgart, 1859, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_aequinoktial01_1859/53>, abgerufen am 27.04.2024.