Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Übers. v. Hermann Hauff. Bd. 1. Stuttgart, 1859.im Inneren durchaus zwischen 18,4° und 18,9° der hundert- Wir haben eben gesehen, daß in der Höhle des Guacharo A. v. Humboldt, Reise. I. 18
im Inneren durchaus zwiſchen 18,4° und 18,9° der hundert- Wir haben eben geſehen, daß in der Höhle des Guacharo A. v. Humboldt, Reiſe. I. 18
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0289" n="273"/> im Inneren durchaus zwiſchen 18,4° und 18,9° der hundert-<lb/> teiligen Skala. Die äußere Luft hatte 16,2°. Beim Ein-<lb/> gange der Höhle zeigte der Thermometer an der Luft 17,6°,<lb/> aber im Waſſer des unterirdiſchen Baches bis hinten in der<lb/> Höhle 16,8°. Dieſe Beobachtungen ſind von großer Be-<lb/> deutung, wenn man ins Auge faßt, wie ſich zwiſchen Waſſer,<lb/> Luft und Boden die Wärme ins Gleichgewicht zu ſetzen ſtrebt.<lb/> Ehe ich Europa verließ, beklagten ſich die Phyſiker noch, daß<lb/> man ſo wenig Anhaltspunkte habe, um zu beſtimmen, was<lb/> man ein wenig hochtrabend <hi rendition="#g">die Temperatur des Erd-<lb/> inneren</hi> heißt, und erſt in neuerer Zeit hat man mit einigem<lb/> Erfolge an der Löſung dieſes großen Problemes der unter-<lb/> irdiſchen Meteorologie gearbeitet. Nur die Steinſchichten,<lb/> welche die Rinde unſeres Planeten bilden, ſind der unmittel-<lb/> baren Forſchung zugänglich, und man weiß jetzt, daß die<lb/> mittlere Temperatur dieſer Schichten ſich nicht nur nach der<lb/> Breite und der Meereshöhe verändert, ſondern daß ſie auch<lb/> je nach der Lage des Ortes im Verlaufe des Jahres regel-<lb/> mäßige Schwingungen um die mittlere Temperatur der be-<lb/> nachbarten Luft beſchreibt. Die Zeit iſt ſchon fern, wo man<lb/> ſich wunderte, wenn man in anderen Himmelsſtrichen in Höhlen<lb/> und Brunnen eine andere Temperatur beobachtete als in den<lb/> Kellern der Pariſer Sternwarte. Dasſelbe Inſtrument, das<lb/> in dieſen Kellern 12° zeigt, ſteigt in unterirdiſchen Räumen<lb/> auf Madeira bei Funchal auf 16,2°, im St. Joſephsbrunnen<lb/> in Kairo auf 21,2°, in den Grotten der Inſel Cuba auf 22<lb/> bis 23°. Dieſe Zunahme iſt ungefähr proportional der Zu-<lb/> nahme der mittleren Lufttemperaturen vom 48. Grad der<lb/> Breite bis zum Wendekreis.</p><lb/> <p>Wir haben eben geſehen, daß in der Höhle des Guacharo<lb/> das Waſſer des Baches gegen 2° kühler iſt als die umgebende<lb/> Luft im unterirdiſchen Raume. Das Waſſer, ob es nun durch<lb/> das Geſtein ſickert oder über ein ſteiniges Bette fließt, nimmt<lb/> unzweifelhaft die Temperatur des Geſteines oder des Bettes<lb/> an. Die Luft in der Höhle dagegen ſteht nicht ſtill, ſie<lb/> kommuniziert mit der Atmoſphäre draußen. Und wenn nun<lb/> auch in der heißen Zone die Schwankungen in der äuße-<lb/> ren Temperatur ſehr unbedeutend ſind, ſo bilden ſich den-<lb/> noch Strömungen, durch welche die Luftwärme im Inneren<lb/> periodiſche Veränderungen erleidet. Demnach könnte man<lb/> die Temperatur des Waſſers, alſo 16,8°, als die Boden-<lb/> temperatur in dieſen Bergen betrachten, wenn man ſicher wäre,<lb/> <fw place="bottom" type="sig">A. v. <hi rendition="#g">Humboldt</hi>, Reiſe. <hi rendition="#aq">I.</hi> 18</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [273/0289]
im Inneren durchaus zwiſchen 18,4° und 18,9° der hundert-
teiligen Skala. Die äußere Luft hatte 16,2°. Beim Ein-
gange der Höhle zeigte der Thermometer an der Luft 17,6°,
aber im Waſſer des unterirdiſchen Baches bis hinten in der
Höhle 16,8°. Dieſe Beobachtungen ſind von großer Be-
deutung, wenn man ins Auge faßt, wie ſich zwiſchen Waſſer,
Luft und Boden die Wärme ins Gleichgewicht zu ſetzen ſtrebt.
Ehe ich Europa verließ, beklagten ſich die Phyſiker noch, daß
man ſo wenig Anhaltspunkte habe, um zu beſtimmen, was
man ein wenig hochtrabend die Temperatur des Erd-
inneren heißt, und erſt in neuerer Zeit hat man mit einigem
Erfolge an der Löſung dieſes großen Problemes der unter-
irdiſchen Meteorologie gearbeitet. Nur die Steinſchichten,
welche die Rinde unſeres Planeten bilden, ſind der unmittel-
baren Forſchung zugänglich, und man weiß jetzt, daß die
mittlere Temperatur dieſer Schichten ſich nicht nur nach der
Breite und der Meereshöhe verändert, ſondern daß ſie auch
je nach der Lage des Ortes im Verlaufe des Jahres regel-
mäßige Schwingungen um die mittlere Temperatur der be-
nachbarten Luft beſchreibt. Die Zeit iſt ſchon fern, wo man
ſich wunderte, wenn man in anderen Himmelsſtrichen in Höhlen
und Brunnen eine andere Temperatur beobachtete als in den
Kellern der Pariſer Sternwarte. Dasſelbe Inſtrument, das
in dieſen Kellern 12° zeigt, ſteigt in unterirdiſchen Räumen
auf Madeira bei Funchal auf 16,2°, im St. Joſephsbrunnen
in Kairo auf 21,2°, in den Grotten der Inſel Cuba auf 22
bis 23°. Dieſe Zunahme iſt ungefähr proportional der Zu-
nahme der mittleren Lufttemperaturen vom 48. Grad der
Breite bis zum Wendekreis.
Wir haben eben geſehen, daß in der Höhle des Guacharo
das Waſſer des Baches gegen 2° kühler iſt als die umgebende
Luft im unterirdiſchen Raume. Das Waſſer, ob es nun durch
das Geſtein ſickert oder über ein ſteiniges Bette fließt, nimmt
unzweifelhaft die Temperatur des Geſteines oder des Bettes
an. Die Luft in der Höhle dagegen ſteht nicht ſtill, ſie
kommuniziert mit der Atmoſphäre draußen. Und wenn nun
auch in der heißen Zone die Schwankungen in der äuße-
ren Temperatur ſehr unbedeutend ſind, ſo bilden ſich den-
noch Strömungen, durch welche die Luftwärme im Inneren
periodiſche Veränderungen erleidet. Demnach könnte man
die Temperatur des Waſſers, alſo 16,8°, als die Boden-
temperatur in dieſen Bergen betrachten, wenn man ſicher wäre,
A. v. Humboldt, Reiſe. I. 18
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