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Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Übers. v. Hermann Hauff. Bd. 1. Stuttgart, 1859.

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Wasser, das in die letztere fällt, kommt von stärker geneigten
Abhängen und hat ein größeres Bodenstück ausgelaugt. Die
Indianer pumpen mit der Hand das Meerwasser aus einem
Hauptbehälter in die Kasten. Leicht ließe sich indessen der
Wind als Triebkraft benützen, da der Seewind fortwährend
stark auf die Küste bläst. Man hat nie daran gedacht, weder
die bereits ausgelaugte Erde wegzuschaffen, noch Schachte im
Salzthon niederzutreiben, um Schichten aufzusuchen, die reicher
an salzsaurem Natron sind. Die Salzarbeiter klagen meist
über Regenmangel, und beim neuen Salzwerk scheint es mir
schwer auszumitteln, welches Quantum von Salz allein auf
Rechnung des Seewassers kommt. Die Eingeborenen schätzen
es auf ein Sechsteil des ganzen Ertrages. Die Verdunstung
ist sehr stark und wird durch den beständigen Luftzug ge-
steigert; das Salz wird aber auch am 18. bis 20. Tage,
nachdem man die Behälter gefüllt, ausgezogen. Wir fanden
(am 19. August um 3 Uhr nachmittags) die Temperatur des
Salzwassers in den Kasten 32,5°, während die Luft im
Schatten 27,2° und der Sand an der Küste in 16 cm
Tiefe 42,5° zeigte. Wir tauchten den Thermometer in die
See und sahen ihn zu unserer Ueberraschung nur auf 23°
steigen. Diese niedrige Temperatur rührt vielleicht von den
Untiefen her, welche die Halbinsel Araya und die Insel Mar-
garita umgeben, und an deren Abfällen sich tiefere Wasser-
schichten mit den oberflächlichen vermischen.

Obgleich das salzsaure Natron auf der Halbinsel Araya
nicht so sorgfältig bereitet wird als in den europäischen Salz-
werken, ist es dennoch reiner und enthält weniger salzsaure
und schwefelsaure Erden. Wir wissen nicht, ob diese Reinheit
dem Anteil von Salz, den das Meer liefert, zuzuschreiben ist;
denn wenn auch die Menge der im Meerwasser gelösten Salze
höchst wahrscheinlich unter allen Himmelsstrichen dieselbe ist, 1
so weiß man doch nicht, ob auch das Verhältnis zwischen dem
salzsauren Natron, der salzsauren und schwefelsauren Bittererde
und dem schwefelsauren und kohlensauren Kalk sich gleich bleibt.


1 Mit Ausnahme der Binnenmeere und der Länder, wo sich
Polargletscher bilden. Dieses Sichgleichbleiben des Salzgehaltes des
Meeres erinnert an die noch weit größere Gleichförmigkeit der Ver-
teilung des Sauerstoffes im Luftmeer. In beiden Elementen wird
das Gleichgewicht in der Lösung oder im Gemenge durch Strö-
mungen hergestellt und erhalten.

Waſſer, das in die letztere fällt, kommt von ſtärker geneigten
Abhängen und hat ein größeres Bodenſtück ausgelaugt. Die
Indianer pumpen mit der Hand das Meerwaſſer aus einem
Hauptbehälter in die Kaſten. Leicht ließe ſich indeſſen der
Wind als Triebkraft benützen, da der Seewind fortwährend
ſtark auf die Küſte bläſt. Man hat nie daran gedacht, weder
die bereits ausgelaugte Erde wegzuſchaffen, noch Schachte im
Salzthon niederzutreiben, um Schichten aufzuſuchen, die reicher
an ſalzſaurem Natron ſind. Die Salzarbeiter klagen meiſt
über Regenmangel, und beim neuen Salzwerk ſcheint es mir
ſchwer auszumitteln, welches Quantum von Salz allein auf
Rechnung des Seewaſſers kommt. Die Eingeborenen ſchätzen
es auf ein Sechsteil des ganzen Ertrages. Die Verdunſtung
iſt ſehr ſtark und wird durch den beſtändigen Luftzug ge-
ſteigert; das Salz wird aber auch am 18. bis 20. Tage,
nachdem man die Behälter gefüllt, ausgezogen. Wir fanden
(am 19. Auguſt um 3 Uhr nachmittags) die Temperatur des
Salzwaſſers in den Kaſten 32,5°, während die Luft im
Schatten 27,2° und der Sand an der Küſte in 16 cm
Tiefe 42,5° zeigte. Wir tauchten den Thermometer in die
See und ſahen ihn zu unſerer Ueberraſchung nur auf 23°
ſteigen. Dieſe niedrige Temperatur rührt vielleicht von den
Untiefen her, welche die Halbinſel Araya und die Inſel Mar-
garita umgeben, und an deren Abfällen ſich tiefere Waſſer-
ſchichten mit den oberflächlichen vermiſchen.

Obgleich das ſalzſaure Natron auf der Halbinſel Araya
nicht ſo ſorgfältig bereitet wird als in den europäiſchen Salz-
werken, iſt es dennoch reiner und enthält weniger ſalzſaure
und ſchwefelſaure Erden. Wir wiſſen nicht, ob dieſe Reinheit
dem Anteil von Salz, den das Meer liefert, zuzuſchreiben iſt;
denn wenn auch die Menge der im Meerwaſſer gelöſten Salze
höchſt wahrſcheinlich unter allen Himmelsſtrichen dieſelbe iſt, 1
ſo weiß man doch nicht, ob auch das Verhältnis zwiſchen dem
ſalzſauren Natron, der ſalzſauren und ſchwefelſauren Bittererde
und dem ſchwefelſauren und kohlenſauren Kalk ſich gleich bleibt.


1 Mit Ausnahme der Binnenmeere und der Länder, wo ſich
Polargletſcher bilden. Dieſes Sichgleichbleiben des Salzgehaltes des
Meeres erinnert an die noch weit größere Gleichförmigkeit der Ver-
teilung des Sauerſtoffes im Luftmeer. In beiden Elementen wird
das Gleichgewicht in der Löſung oder im Gemenge durch Strö-
mungen hergeſtellt und erhalten.
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[196/0212] Waſſer, das in die letztere fällt, kommt von ſtärker geneigten Abhängen und hat ein größeres Bodenſtück ausgelaugt. Die Indianer pumpen mit der Hand das Meerwaſſer aus einem Hauptbehälter in die Kaſten. Leicht ließe ſich indeſſen der Wind als Triebkraft benützen, da der Seewind fortwährend ſtark auf die Küſte bläſt. Man hat nie daran gedacht, weder die bereits ausgelaugte Erde wegzuſchaffen, noch Schachte im Salzthon niederzutreiben, um Schichten aufzuſuchen, die reicher an ſalzſaurem Natron ſind. Die Salzarbeiter klagen meiſt über Regenmangel, und beim neuen Salzwerk ſcheint es mir ſchwer auszumitteln, welches Quantum von Salz allein auf Rechnung des Seewaſſers kommt. Die Eingeborenen ſchätzen es auf ein Sechsteil des ganzen Ertrages. Die Verdunſtung iſt ſehr ſtark und wird durch den beſtändigen Luftzug ge- ſteigert; das Salz wird aber auch am 18. bis 20. Tage, nachdem man die Behälter gefüllt, ausgezogen. Wir fanden (am 19. Auguſt um 3 Uhr nachmittags) die Temperatur des Salzwaſſers in den Kaſten 32,5°, während die Luft im Schatten 27,2° und der Sand an der Küſte in 16 cm Tiefe 42,5° zeigte. Wir tauchten den Thermometer in die See und ſahen ihn zu unſerer Ueberraſchung nur auf 23° ſteigen. Dieſe niedrige Temperatur rührt vielleicht von den Untiefen her, welche die Halbinſel Araya und die Inſel Mar- garita umgeben, und an deren Abfällen ſich tiefere Waſſer- ſchichten mit den oberflächlichen vermiſchen. Obgleich das ſalzſaure Natron auf der Halbinſel Araya nicht ſo ſorgfältig bereitet wird als in den europäiſchen Salz- werken, iſt es dennoch reiner und enthält weniger ſalzſaure und ſchwefelſaure Erden. Wir wiſſen nicht, ob dieſe Reinheit dem Anteil von Salz, den das Meer liefert, zuzuſchreiben iſt; denn wenn auch die Menge der im Meerwaſſer gelöſten Salze höchſt wahrſcheinlich unter allen Himmelsſtrichen dieſelbe iſt, 1 ſo weiß man doch nicht, ob auch das Verhältnis zwiſchen dem ſalzſauren Natron, der ſalzſauren und ſchwefelſauren Bittererde und dem ſchwefelſauren und kohlenſauren Kalk ſich gleich bleibt. 1 Mit Ausnahme der Binnenmeere und der Länder, wo ſich Polargletſcher bilden. Dieſes Sichgleichbleiben des Salzgehaltes des Meeres erinnert an die noch weit größere Gleichförmigkeit der Ver- teilung des Sauerſtoffes im Luftmeer. In beiden Elementen wird das Gleichgewicht in der Löſung oder im Gemenge durch Strö- mungen hergeſtellt und erhalten.

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Übers. v. Hermann Hauff. Bd. 1. Stuttgart, 1859, S. 196. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_aequinoktial01_1859/212>, abgerufen am 24.11.2024.