Hugo, Gustav: Lehrbuch der Rechtsgeschichte bis auf unsre Zeiten. Berlin, 1790.bis auf unsere Zeiten. vernünftige Auslegung der Worte weit häu-figer vorkomme, als ein Streit über Rechts- sätze, also oft ein wissenschaftlich gebildeter Verstand weit nöthiger sey, als Tabellen und Autoritäten. Sie gehen den ganzen ci- vilistischen Cursus durch, die Antiquitäten enthalten ihrer Meynung nach zu vieles aus den Zeiten der Republik, das so ausführlich wohl zur alten Litteratur überhaupt, aber nicht gerade zunächst für die Jurisprudenz nütz- lich sey; die Rechtsgeschichte ist als bloße Geschichte der Gesetze nicht wichtig genug, und wenn man die Geschichte aller Rechte verbinde, so lerne man manches zu früh, und von der Geschichte des Römischen Rechts zu wenig. Das InstitutionenCollegium tadeln sie deswegen, weil so vielerley Rechte darin vorkommen, und doch von keinen ein- zigen ein vollständiges System, es sey gar keine Grenzlinie zwischen diesen Vorlesungen und dem Unterrichte, der die Ordnung der Pandecten befolge, sogar altes Recht kom- me ja auch in diesen letztern vor, z. B. die Lehre vom Processe, weil Justinian darauf rechnete, daß neben seinen Institutionen auch noch die vier ersten Bücher der Pandecten im ersten Jahre erklärt werden sollten. Diese Unordnung erschwehre das Lernen außeror- dentlich, daher komme es, daß man so oft für
bis auf unſere Zeiten. vernuͤnftige Auslegung der Worte weit haͤu-figer vorkomme, als ein Streit uͤber Rechts- ſaͤtze, alſo oft ein wiſſenſchaftlich gebildeter Verſtand weit noͤthiger ſey, als Tabellen und Autoritaͤten. Sie gehen den ganzen ci- viliſtiſchen Curſus durch, die Antiquitaͤten enthalten ihrer Meynung nach zu vieles aus den Zeiten der Republik, das ſo ausfuͤhrlich wohl zur alten Litteratur uͤberhaupt, aber nicht gerade zunaͤchſt fuͤr die Jurisprudenz nuͤtz- lich ſey; die Rechtsgeſchichte iſt als bloße Geſchichte der Geſetze nicht wichtig genug, und wenn man die Geſchichte aller Rechte verbinde, ſo lerne man manches zu fruͤh, und von der Geſchichte des Roͤmiſchen Rechts zu wenig. Das InſtitutionenCollegium tadeln ſie deswegen, weil ſo vielerley Rechte darin vorkommen, und doch von keinen ein- zigen ein vollſtaͤndiges Syſtem, es ſey gar keine Grenzlinie zwiſchen dieſen Vorleſungen und dem Unterrichte, der die Ordnung der Pandecten befolge, ſogar altes Recht kom- me ja auch in dieſen letztern vor, z. B. die Lehre vom Proceſſe, weil Juſtinian darauf rechnete, daß neben ſeinen Inſtitutionen auch noch die vier erſten Buͤcher der Pandecten im erſten Jahre erklaͤrt werden ſollten. Dieſe Unordnung erſchwehre das Lernen außeror- dentlich, daher komme es, daß man ſo oft fuͤr
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Verſtand weit noͤthiger ſey, als Tabellen
und Autoritaͤten. Sie gehen den ganzen ci-
viliſtiſchen Curſus durch, die Antiquitaͤten
enthalten ihrer Meynung nach zu vieles aus
den Zeiten der Republik, das ſo ausfuͤhrlich
wohl zur alten Litteratur uͤberhaupt, aber
nicht gerade zunaͤchſt fuͤr die Jurisprudenz nuͤtz-
lich ſey; die Rechtsgeſchichte iſt als bloße
Geſchichte der Geſetze nicht wichtig genug,
und wenn man die Geſchichte aller Rechte
verbinde, ſo lerne man manches zu fruͤh,
und von der Geſchichte des Roͤmiſchen Rechts
zu wenig. Das InſtitutionenCollegium
tadeln ſie deswegen, weil ſo vielerley Rechte
darin vorkommen, und doch von keinen ein-
zigen ein vollſtaͤndiges Syſtem, es ſey gar
keine Grenzlinie zwiſchen dieſen Vorleſungen
und dem Unterrichte, der die Ordnung der
Pandecten befolge, ſogar altes Recht kom-
me ja auch in dieſen letztern vor, z. B. die
Lehre vom Proceſſe, weil Juſtinian darauf
rechnete, daß neben ſeinen Inſtitutionen auch
noch die vier erſten Buͤcher der Pandecten im
erſten Jahre erklaͤrt werden ſollten. Dieſe
Unordnung erſchwehre das Lernen außeror-
dentlich, daher komme es, daß man ſo oft
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