und das Glück der Kirche erlaubt, sondern jene Beschei- denheit, welche die ärmliche Lage und die Trauer der Kirche verlangt. Denn ihr seid Kinder der Braut Christi, jener Mutter, welche heute nicht für die Ruhe ihres Da- seins, sondern gleichsam für die Erhaltung ihres Lebens zu kämpfen hat. Freilich müsset ihr kein Trauergewand bereit halten, um ihre Leiche zum Friedhof zu begleiten; denn in der Würde ihres Alters und in der Kraft ihrer Jugend überlebt sie die Stürme der Jahrtausende; aber frohlocken dürfet ihr auch nicht, wenn sie weint, nicht jubeln, wenn sie trauert, noch viel weniger lustig sein, wenn sie aus 1000 Wunden blutet. Wenn in dieser Beziehung vielleicht manches zu wünschen übrig bleibt, so trägt daran eine große Schuld, ich weiß nicht ob eine gewisse Furcht oder Klugheit oder Berechnung oder Unwissenheit, in Folge deren die wahre Lage des hl. Vaters, die bodenlose Ver- worfenheit der italienischen Revolution bei uns in Wort und Schrift ziemlich armselig oder auch gar nicht behandelt wird. -
Doch sei dem wie wolle, christliche Jugend, für die Freude bist du geboren, aber beherzige in welcher Zeit. An Moses habet ihr ein Beispiel (Heb. XI. 24-28). Moses von seiner Mutter am Ufer des Nils ausgesetzt, von der Königstochter aufgefunden, wurde nicht nach dem Befehl des Königs getödtet, sondern am Hofe auferzogen. "Als er groß geworden, verneinte er im Glauben, daß er der Sohn der Tochter des Pharao sei und wollte lieber mit dem Volke Gottes Drangsal leiden als zeitliche Freuden der Sünde haben; für größern Reichthum als die Schätze Aegyptens hielt er die Schmach Christi; denn er sah auf die Schmach Christi." Wenn auch diese Worte des hl. Paulus für unsere Zeit eine vielseitige Bedeutung haben, so will ich sie doch nur aus unsern Gegenstand be- ziehen. Moses am Hof des Königs, das Volk in Knecht-
und das Glück der Kirche erlaubt, sondern jene Beschei- denheit, welche die ärmliche Lage und die Trauer der Kirche verlangt. Denn ihr seid Kinder der Braut Christi, jener Mutter, welche heute nicht für die Ruhe ihres Da- seins, sondern gleichsam für die Erhaltung ihres Lebens zu kämpfen hat. Freilich müsset ihr kein Trauergewand bereit halten, um ihre Leiche zum Friedhof zu begleiten; denn in der Würde ihres Alters und in der Kraft ihrer Jugend überlebt sie die Stürme der Jahrtausende; aber frohlocken dürfet ihr auch nicht, wenn sie weint, nicht jubeln, wenn sie trauert, noch viel weniger lustig sein, wenn sie aus 1000 Wunden blutet. Wenn in dieser Beziehung vielleicht manches zu wünschen übrig bleibt, so trägt daran eine große Schuld, ich weiß nicht ob eine gewisse Furcht oder Klugheit oder Berechnung oder Unwissenheit, in Folge deren die wahre Lage des hl. Vaters, die bodenlose Ver- worfenheit der italienischen Revolution bei uns in Wort und Schrift ziemlich armselig oder auch gar nicht behandelt wird. –
Doch sei dem wie wolle, christliche Jugend, für die Freude bist du geboren, aber beherzige in welcher Zeit. An Moses habet ihr ein Beispiel (Heb. XI. 24–28). Moses von seiner Mutter am Ufer des Nils ausgesetzt, von der Königstochter aufgefunden, wurde nicht nach dem Befehl des Königs getödtet, sondern am Hofe auferzogen. „Als er groß geworden, verneinte er im Glauben, daß er der Sohn der Tochter des Pharao sei und wollte lieber mit dem Volke Gottes Drangsal leiden als zeitliche Freuden der Sünde haben; für größern Reichthum als die Schätze Aegyptens hielt er die Schmach Christi; denn er sah auf die Schmach Christi.“ Wenn auch diese Worte des hl. Paulus für unsere Zeit eine vielseitige Bedeutung haben, so will ich sie doch nur aus unsern Gegenstand be- ziehen. Moses am Hof des Königs, das Volk in Knecht-
<TEI><text><body><divn="32"><p><pbfacs="#f0321"xml:id="H891_001_1896_pb0309_0001"n="309"/>
und das Glück der Kirche erlaubt, sondern jene Beschei-<lb/>
denheit, welche die ärmliche Lage und die Trauer der<lb/>
Kirche verlangt. Denn ihr seid Kinder der Braut Christi,<lb/>
jener Mutter, welche heute nicht für die Ruhe ihres Da-<lb/>
seins, sondern gleichsam für die Erhaltung ihres Lebens zu<lb/>
kämpfen hat. Freilich müsset ihr kein Trauergewand bereit<lb/>
halten, um ihre Leiche zum Friedhof zu begleiten; denn<lb/>
in der Würde ihres Alters und in der Kraft ihrer Jugend<lb/>
überlebt sie die Stürme der Jahrtausende; aber frohlocken<lb/>
dürfet ihr auch nicht, wenn sie weint, nicht jubeln, wenn<lb/>
sie trauert, noch viel weniger lustig sein, wenn sie aus<lb/>
1000 Wunden blutet. Wenn in dieser Beziehung vielleicht<lb/>
manches zu wünschen übrig bleibt, so trägt daran eine<lb/>
große Schuld, ich weiß nicht ob eine gewisse Furcht oder<lb/>
Klugheit oder Berechnung oder Unwissenheit, in Folge<lb/>
deren die wahre Lage des hl. Vaters, die bodenlose Ver-<lb/>
worfenheit der italienischen Revolution bei uns in Wort<lb/>
und Schrift ziemlich armselig oder auch gar nicht behandelt<lb/>
wird. –</p><p>Doch sei dem wie wolle, christliche Jugend, für die<lb/>
Freude bist du geboren, aber beherzige in welcher Zeit.<lb/>
An Moses habet ihr ein Beispiel (Heb. XI. 24–28).<lb/>
Moses von seiner Mutter am Ufer des Nils ausgesetzt,<lb/>
von der Königstochter aufgefunden, wurde nicht nach dem<lb/>
Befehl des Königs getödtet, sondern am Hofe auferzogen.<lb/><q>„Als er groß geworden, verneinte er im Glauben, daß<lb/>
er der Sohn der Tochter des Pharao sei und wollte lieber<lb/>
mit dem Volke Gottes Drangsal leiden als zeitliche<lb/>
Freuden der Sünde haben; für größern Reichthum als<lb/>
die Schätze Aegyptens hielt er die Schmach Christi; denn<lb/>
er sah auf die Schmach Christi.“</q> Wenn auch diese Worte<lb/>
des hl. Paulus für unsere Zeit eine vielseitige Bedeutung<lb/>
haben, so will ich sie doch nur aus unsern Gegenstand be-<lb/>
ziehen. Moses am Hof des Königs, das Volk in Knecht-<lb/></p></div></body></text></TEI>
[309/0321]
und das Glück der Kirche erlaubt, sondern jene Beschei-
denheit, welche die ärmliche Lage und die Trauer der
Kirche verlangt. Denn ihr seid Kinder der Braut Christi,
jener Mutter, welche heute nicht für die Ruhe ihres Da-
seins, sondern gleichsam für die Erhaltung ihres Lebens zu
kämpfen hat. Freilich müsset ihr kein Trauergewand bereit
halten, um ihre Leiche zum Friedhof zu begleiten; denn
in der Würde ihres Alters und in der Kraft ihrer Jugend
überlebt sie die Stürme der Jahrtausende; aber frohlocken
dürfet ihr auch nicht, wenn sie weint, nicht jubeln, wenn
sie trauert, noch viel weniger lustig sein, wenn sie aus
1000 Wunden blutet. Wenn in dieser Beziehung vielleicht
manches zu wünschen übrig bleibt, so trägt daran eine
große Schuld, ich weiß nicht ob eine gewisse Furcht oder
Klugheit oder Berechnung oder Unwissenheit, in Folge
deren die wahre Lage des hl. Vaters, die bodenlose Ver-
worfenheit der italienischen Revolution bei uns in Wort
und Schrift ziemlich armselig oder auch gar nicht behandelt
wird. –
Doch sei dem wie wolle, christliche Jugend, für die
Freude bist du geboren, aber beherzige in welcher Zeit.
An Moses habet ihr ein Beispiel (Heb. XI. 24–28).
Moses von seiner Mutter am Ufer des Nils ausgesetzt,
von der Königstochter aufgefunden, wurde nicht nach dem
Befehl des Königs getödtet, sondern am Hofe auferzogen.
„Als er groß geworden, verneinte er im Glauben, daß
er der Sohn der Tochter des Pharao sei und wollte lieber
mit dem Volke Gottes Drangsal leiden als zeitliche
Freuden der Sünde haben; für größern Reichthum als
die Schätze Aegyptens hielt er die Schmach Christi; denn
er sah auf die Schmach Christi.“ Wenn auch diese Worte
des hl. Paulus für unsere Zeit eine vielseitige Bedeutung
haben, so will ich sie doch nur aus unsern Gegenstand be-
ziehen. Moses am Hof des Königs, das Volk in Knecht-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hug, Gallus Joseph: Die christliche Familie im Kampfe gegen feindliche Mächte. Vorträge über christliche Ehe und Erziehung. Freiburg (Schweiz), 1896, S. 309. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hug_familie_1896/321>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.