sichtigen. Dahin gehören die Vermögensverhältnisse. Seid ihr arm, freuet euch wie es sich Armen ziemt: habet ihr einige Franken, so gehören sie nicht der Freude, sondern den nothwendigen Bedürfnissen, habet ihr Vermögen, sollen eure Kinder das Elend der Armen nicht vergessen, sind Mißjahre und verdienstarme Zeiten, so gestattet den Kindern weniger Freude. Warum? Denn Gott selbst schränkt ja die Freude ein. Die ganze Kunst aber zu leben und zu erziehen besteht darin, daß wir die Absicht Gottes verstehen und darnach handeln.
Endlich dürfet ihr auch die jeweilige Lage der Kirche nicht vergessen: sie bildet ja mit dem hl. Vater an der Spitze die große Volksfamilie Gottes. Mit dem kranken Familienvater trauert die ganze Familie; ist ein Kind unglücklich, trauern die Geschwister mit ihm. In dieser Beziehung christliche Eltern, wirket auf eure Kinder durch Wort und Beispiel. Durch euer Beispiel, indem ihr in dieser Zeit ernster seid und euch diese und jene Freude versaget; durch euer Wort, indem ihr euern Kindern von der unglücklichen Lage des hl. Vaters, von der Ver- folgung der Kirche, vom Elend der Heidenkinder erzählet und sie auffordert, einer Freude zu entsagen, um dort zu helfen, wo die Noth am größten.
Aber die Kleinen verstehen das nicht? Freilich, eben so gut wie Pius IX. als kleines Kind es verstand, als Pius VI. im Kerker war. Es ist nur eine Mutter noth- wendig wie er eine hatte. Aber das paßt nicht für die Kleinen? Wir wollen ihren Frohsinn nicht stören? Aber wenn 6-8 jährige Kinder beim Unglück ihrer Eltern wie bei deren Glücke jubeln, werdet ihr das in Ordnung finden?
Da nun wende ich mich besonders an euch christliche Jünglinge und Jungfrauen. Auch ihr sollet euch freuen; aber auch euere Bescheidenheit sei offenbar allen Menschen und zwar nicht jene Bescheidenheit, welche fruchtbare Jahre
sichtigen. Dahin gehören die Vermögensverhältnisse. Seid ihr arm, freuet euch wie es sich Armen ziemt: habet ihr einige Franken, so gehören sie nicht der Freude, sondern den nothwendigen Bedürfnissen, habet ihr Vermögen, sollen eure Kinder das Elend der Armen nicht vergessen, sind Mißjahre und verdienstarme Zeiten, so gestattet den Kindern weniger Freude. Warum? Denn Gott selbst schränkt ja die Freude ein. Die ganze Kunst aber zu leben und zu erziehen besteht darin, daß wir die Absicht Gottes verstehen und darnach handeln.
Endlich dürfet ihr auch die jeweilige Lage der Kirche nicht vergessen: sie bildet ja mit dem hl. Vater an der Spitze die große Volksfamilie Gottes. Mit dem kranken Familienvater trauert die ganze Familie; ist ein Kind unglücklich, trauern die Geschwister mit ihm. In dieser Beziehung christliche Eltern, wirket auf eure Kinder durch Wort und Beispiel. Durch euer Beispiel, indem ihr in dieser Zeit ernster seid und euch diese und jene Freude versaget; durch euer Wort, indem ihr euern Kindern von der unglücklichen Lage des hl. Vaters, von der Ver- folgung der Kirche, vom Elend der Heidenkinder erzählet und sie auffordert, einer Freude zu entsagen, um dort zu helfen, wo die Noth am größten.
Aber die Kleinen verstehen das nicht? Freilich, eben so gut wie Pius IX. als kleines Kind es verstand, als Pius VI. im Kerker war. Es ist nur eine Mutter noth- wendig wie er eine hatte. Aber das paßt nicht für die Kleinen? Wir wollen ihren Frohsinn nicht stören? Aber wenn 6–8 jährige Kinder beim Unglück ihrer Eltern wie bei deren Glücke jubeln, werdet ihr das in Ordnung finden?
Da nun wende ich mich besonders an euch christliche Jünglinge und Jungfrauen. Auch ihr sollet euch freuen; aber auch euere Bescheidenheit sei offenbar allen Menschen und zwar nicht jene Bescheidenheit, welche fruchtbare Jahre
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sichtigen. Dahin gehören die Vermögensverhältnisse. Seid
ihr arm, freuet euch wie es sich Armen ziemt: habet ihr
einige Franken, so gehören sie nicht der Freude, sondern
den nothwendigen Bedürfnissen, habet ihr Vermögen, sollen
eure Kinder das Elend der Armen nicht vergessen, sind
Mißjahre und verdienstarme Zeiten, so gestattet den
Kindern weniger Freude. Warum? Denn Gott selbst
schränkt ja die Freude ein. Die ganze Kunst aber zu
leben und zu erziehen besteht darin, daß wir die Absicht
Gottes verstehen und darnach handeln.
Endlich dürfet ihr auch die jeweilige Lage der
Kirche nicht vergessen: sie bildet ja mit dem hl. Vater
an der Spitze die große Volksfamilie Gottes. Mit dem
kranken Familienvater trauert die ganze Familie; ist ein
Kind unglücklich, trauern die Geschwister mit ihm. In
dieser Beziehung christliche Eltern, wirket auf eure Kinder
durch Wort und Beispiel. Durch euer Beispiel, indem ihr
in dieser Zeit ernster seid und euch diese und jene Freude
versaget; durch euer Wort, indem ihr euern Kindern
von der unglücklichen Lage des hl. Vaters, von der Ver-
folgung der Kirche, vom Elend der Heidenkinder erzählet
und sie auffordert, einer Freude zu entsagen, um dort zu
helfen, wo die Noth am größten.
Aber die Kleinen verstehen das nicht? Freilich, eben
so gut wie Pius IX. als kleines Kind es verstand, als
Pius VI. im Kerker war. Es ist nur eine Mutter noth-
wendig wie er eine hatte. Aber das paßt nicht für die
Kleinen? Wir wollen ihren Frohsinn nicht stören? Aber
wenn 6–8 jährige Kinder beim Unglück ihrer Eltern wie
bei deren Glücke jubeln, werdet ihr das in Ordnung finden?
Da nun wende ich mich besonders an euch christliche
Jünglinge und Jungfrauen. Auch ihr sollet euch freuen;
aber auch euere Bescheidenheit sei offenbar allen Menschen
und zwar nicht jene Bescheidenheit, welche fruchtbare Jahre
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Hug, Gallus Joseph: Die christliche Familie im Kampfe gegen feindliche Mächte. Vorträge über christliche Ehe und Erziehung. Freiburg (Schweiz), 1896, S. 308. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hug_familie_1896/320>, abgerufen am 24.11.2024.
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