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Hug, Gallus Joseph: Die christliche Familie im Kampfe gegen feindliche Mächte. Vorträge über christliche Ehe und Erziehung. Freiburg (Schweiz), 1896.

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Vater und Mutter, größere Geschwister sind vielleicht in
Vereinen, in Abendunterhaltungen abwesend oder im Hause
mit allem Möglichen beschäftigt, nur nicht mit den Kindern:
So könnet ihr die Kinder nicht überwachen und mit der
Nacht entwickelt sich auch deren Nachtseite. Aber noch
mehr. Die Kinder gehen ins Bett; herrscht da Zucht
und Ehrbarkeit? Welche schlafen in derselben Kammer?
- Wie gekleidet oder auch nicht gekleidet erscheinen sie
am Morgen? - Mit der natürlichen Scham geht da
oft Zucht und Ehrbarkeit verloren.

Aber noch nicht genug. Welche Kalender habet ihr?
Welche Geschichten, welche Witze sind darin? Welche
Zeitungen habet ihr? Welche Aergernisse berichten diese?
Selbst unter den Anzeigen kommt oft manches vor, das
für die Kinder wie tötliches Gift wirkt. Als ich sagte,
man sollte der Schuljugend gar keine Zeitung in der
Hand dulden, machten manche große Augen, aber ich
wiederhole das heute wieder, wenn auch aus einem ganz
andern Grunde. Ferner, welche Bücher kommen denn
in die Hände der Jugend? Oder ist diese Gefahr bei
uns nicht vorhanden? Sind wir zu weit von der großen
Welt weg? Oder ist die Sinnenlust mit der Neugierde
nicht auch in unserer Jugend?

Wer da wissen will, welch' verhängnisvollen Einfluß
das moderne Schulsystem auf die geschlechtliche Frühreife
ausübe, der lese die historisch-politischen Blätter von 1876
- und traurige Erscheinungen werden ihm leicht zu er-
klären sein. Schon vor Jahren wurden bei Buchhändlern
der Stadt New-York über 15,000 Briefe aufgefunden,
worin unzüchtige Schriften bestellt waren. Von wem
waren diese Briefe? - Von wem? Von Schülern und
Schülerinnen auf dem ganzen Lande, von Schülern und
Schülerinnen der konfessionslosen Schule. Und in Deutsch-
land? Da rühmt man sich ja auch, von schändlichen

Vater und Mutter, größere Geschwister sind vielleicht in
Vereinen, in Abendunterhaltungen abwesend oder im Hause
mit allem Möglichen beschäftigt, nur nicht mit den Kindern:
So könnet ihr die Kinder nicht überwachen und mit der
Nacht entwickelt sich auch deren Nachtseite. Aber noch
mehr. Die Kinder gehen ins Bett; herrscht da Zucht
und Ehrbarkeit? Welche schlafen in derselben Kammer?
– Wie gekleidet oder auch nicht gekleidet erscheinen sie
am Morgen? – Mit der natürlichen Scham geht da
oft Zucht und Ehrbarkeit verloren.

Aber noch nicht genug. Welche Kalender habet ihr?
Welche Geschichten, welche Witze sind darin? Welche
Zeitungen habet ihr? Welche Aergernisse berichten diese?
Selbst unter den Anzeigen kommt oft manches vor, das
für die Kinder wie tötliches Gift wirkt. Als ich sagte,
man sollte der Schuljugend gar keine Zeitung in der
Hand dulden, machten manche große Augen, aber ich
wiederhole das heute wieder, wenn auch aus einem ganz
andern Grunde. Ferner, welche Bücher kommen denn
in die Hände der Jugend? Oder ist diese Gefahr bei
uns nicht vorhanden? Sind wir zu weit von der großen
Welt weg? Oder ist die Sinnenlust mit der Neugierde
nicht auch in unserer Jugend?

Wer da wissen will, welch' verhängnisvollen Einfluß
das moderne Schulsystem auf die geschlechtliche Frühreife
ausübe, der lese die historisch-politischen Blätter von 1876
– und traurige Erscheinungen werden ihm leicht zu er-
klären sein. Schon vor Jahren wurden bei Buchhändlern
der Stadt New-York über 15,000 Briefe aufgefunden,
worin unzüchtige Schriften bestellt waren. Von wem
waren diese Briefe? – Von wem? Von Schülern und
Schülerinnen auf dem ganzen Lande, von Schülern und
Schülerinnen der konfessionslosen Schule. Und in Deutsch-
land? Da rühmt man sich ja auch, von schändlichen

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[248/0260] Vater und Mutter, größere Geschwister sind vielleicht in Vereinen, in Abendunterhaltungen abwesend oder im Hause mit allem Möglichen beschäftigt, nur nicht mit den Kindern: So könnet ihr die Kinder nicht überwachen und mit der Nacht entwickelt sich auch deren Nachtseite. Aber noch mehr. Die Kinder gehen ins Bett; herrscht da Zucht und Ehrbarkeit? Welche schlafen in derselben Kammer? – Wie gekleidet oder auch nicht gekleidet erscheinen sie am Morgen? – Mit der natürlichen Scham geht da oft Zucht und Ehrbarkeit verloren. Aber noch nicht genug. Welche Kalender habet ihr? Welche Geschichten, welche Witze sind darin? Welche Zeitungen habet ihr? Welche Aergernisse berichten diese? Selbst unter den Anzeigen kommt oft manches vor, das für die Kinder wie tötliches Gift wirkt. Als ich sagte, man sollte der Schuljugend gar keine Zeitung in der Hand dulden, machten manche große Augen, aber ich wiederhole das heute wieder, wenn auch aus einem ganz andern Grunde. Ferner, welche Bücher kommen denn in die Hände der Jugend? Oder ist diese Gefahr bei uns nicht vorhanden? Sind wir zu weit von der großen Welt weg? Oder ist die Sinnenlust mit der Neugierde nicht auch in unserer Jugend? Wer da wissen will, welch' verhängnisvollen Einfluß das moderne Schulsystem auf die geschlechtliche Frühreife ausübe, der lese die historisch-politischen Blätter von 1876 – und traurige Erscheinungen werden ihm leicht zu er- klären sein. Schon vor Jahren wurden bei Buchhändlern der Stadt New-York über 15,000 Briefe aufgefunden, worin unzüchtige Schriften bestellt waren. Von wem waren diese Briefe? – Von wem? Von Schülern und Schülerinnen auf dem ganzen Lande, von Schülern und Schülerinnen der konfessionslosen Schule. Und in Deutsch- land? Da rühmt man sich ja auch, von schändlichen

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Zitationshilfe: Hug, Gallus Joseph: Die christliche Familie im Kampfe gegen feindliche Mächte. Vorträge über christliche Ehe und Erziehung. Freiburg (Schweiz), 1896, S. 248. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hug_familie_1896/260>, abgerufen am 22.11.2024.