einander? Verlästert ihr euch gegenseitig vielleicht vor oder gar bei den Kindern? Oder machet ihr euch durch Trunksucht, durch Haß und Feindschaft, durch Streit und Zank, durch Sünde und Laster selbst verächtlich? Auch so traurigen Eltern sollten freilich Kinder gehorsam sein, so lange dies ohne Sünde möglich ist; wenn sie aber ungehorsam, ungebunden werden und in alle Laster hinein- fallen; werden dann solche Kinder oder solche Eltern tiefer in die Hölle stürzen? Urtheilet selbst.
Aber begreifet ihr nun auch Alle, warum ich jene Predigten über Vater- und Mutterwürde, über die Be- kanntschaft als einer hl. Ehrenfache der Familie, über die Heiligkeit und Hoheit der Ehe nothwendig vorausschicken mußte? Denn alle Klagelieder und Jammerpredigten über den Zerfall der Erziehung und Familie helfen rein nichts; alle Moralpredigten über Elternpflichten verschallen wirkungslos, so lange in den Eltern nicht das lebendige Bewußtsein der Vater- und Mutterwürde in den tiefen Geheimnissen der Natur und der Gnade und der Offen- barung geweckt und wach erhalten wird.
Wenn ihr nun, christliche Eltern, im Bewußtsein dieser Würde und Hoheit vor euern Kindern wandelt, ist für den Gehorsam schon vieles, wenn auch nicht alles gethan. Denn ihr sollet nach der Mahnung des heiligen Geistes handeln: "Lasse ihm seinen Willen nicht in der Jugend." Wem? Deinem Sohne, deiner Tochter. Beuge seinen Nacken und schmeidige seine Lenden. Nie und nimmer dürfet ihr gestatten, daß die Kinder ihren Willen durch- setzen, nach ihren Launen handeln. Sobald sie weinen oder gar murren, wenn nicht nach ihrem Willen geschieht, so tröstet sie ja nicht, gebet ihnen ja keinen Zucker - sondern nehmt die feste Ruthe in die Hand. Folgen sie nicht gerne, so versprecht ihnen im Falle des Gehorsams ja nicht eine Freude, oder einen Genuß - sonst wird
einander? Verlästert ihr euch gegenseitig vielleicht vor oder gar bei den Kindern? Oder machet ihr euch durch Trunksucht, durch Haß und Feindschaft, durch Streit und Zank, durch Sünde und Laster selbst verächtlich? Auch so traurigen Eltern sollten freilich Kinder gehorsam sein, so lange dies ohne Sünde möglich ist; wenn sie aber ungehorsam, ungebunden werden und in alle Laster hinein- fallen; werden dann solche Kinder oder solche Eltern tiefer in die Hölle stürzen? Urtheilet selbst.
Aber begreifet ihr nun auch Alle, warum ich jene Predigten über Vater- und Mutterwürde, über die Be- kanntschaft als einer hl. Ehrenfache der Familie, über die Heiligkeit und Hoheit der Ehe nothwendig vorausschicken mußte? Denn alle Klagelieder und Jammerpredigten über den Zerfall der Erziehung und Familie helfen rein nichts; alle Moralpredigten über Elternpflichten verschallen wirkungslos, so lange in den Eltern nicht das lebendige Bewußtsein der Vater- und Mutterwürde in den tiefen Geheimnissen der Natur und der Gnade und der Offen- barung geweckt und wach erhalten wird.
Wenn ihr nun, christliche Eltern, im Bewußtsein dieser Würde und Hoheit vor euern Kindern wandelt, ist für den Gehorsam schon vieles, wenn auch nicht alles gethan. Denn ihr sollet nach der Mahnung des heiligen Geistes handeln: „Lasse ihm seinen Willen nicht in der Jugend.“ Wem? Deinem Sohne, deiner Tochter. Beuge seinen Nacken und schmeidige seine Lenden. Nie und nimmer dürfet ihr gestatten, daß die Kinder ihren Willen durch- setzen, nach ihren Launen handeln. Sobald sie weinen oder gar murren, wenn nicht nach ihrem Willen geschieht, so tröstet sie ja nicht, gebet ihnen ja keinen Zucker – sondern nehmt die feste Ruthe in die Hand. Folgen sie nicht gerne, so versprecht ihnen im Falle des Gehorsams ja nicht eine Freude, oder einen Genuß – sonst wird
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einander? Verlästert ihr euch gegenseitig vielleicht vor
oder gar bei den Kindern? Oder machet ihr euch durch
Trunksucht, durch Haß und Feindschaft, durch Streit und
Zank, durch Sünde und Laster selbst verächtlich? Auch
so traurigen Eltern sollten freilich Kinder gehorsam sein,
so lange dies ohne Sünde möglich ist; wenn sie aber
ungehorsam, ungebunden werden und in alle Laster hinein-
fallen; werden dann solche Kinder oder solche Eltern
tiefer in die Hölle stürzen? Urtheilet selbst.
Aber begreifet ihr nun auch Alle, warum ich jene
Predigten über Vater- und Mutterwürde, über die Be-
kanntschaft als einer hl. Ehrenfache der Familie, über die
Heiligkeit und Hoheit der Ehe nothwendig vorausschicken
mußte? Denn alle Klagelieder und Jammerpredigten
über den Zerfall der Erziehung und Familie helfen rein
nichts; alle Moralpredigten über Elternpflichten verschallen
wirkungslos, so lange in den Eltern nicht das lebendige
Bewußtsein der Vater- und Mutterwürde in den tiefen
Geheimnissen der Natur und der Gnade und der Offen-
barung geweckt und wach erhalten wird.
Wenn ihr nun, christliche Eltern, im Bewußtsein
dieser Würde und Hoheit vor euern Kindern wandelt, ist
für den Gehorsam schon vieles, wenn auch nicht alles
gethan. Denn ihr sollet nach der Mahnung des heiligen
Geistes handeln: „Lasse ihm seinen Willen nicht in der
Jugend.“ Wem? Deinem Sohne, deiner Tochter. Beuge seinen
Nacken und schmeidige seine Lenden. Nie und nimmer
dürfet ihr gestatten, daß die Kinder ihren Willen durch-
setzen, nach ihren Launen handeln. Sobald sie weinen
oder gar murren, wenn nicht nach ihrem Willen geschieht,
so tröstet sie ja nicht, gebet ihnen ja keinen Zucker –
sondern nehmt die feste Ruthe in die Hand. Folgen sie
nicht gerne, so versprecht ihnen im Falle des Gehorsams
ja nicht eine Freude, oder einen Genuß – sonst wird
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Hug, Gallus Joseph: Die christliche Familie im Kampfe gegen feindliche Mächte. Vorträge über christliche Ehe und Erziehung. Freiburg (Schweiz), 1896, S. 205. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hug_familie_1896/217>, abgerufen am 21.11.2024.
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