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Hug, Gallus Joseph: Die christliche Familie im Kampfe gegen feindliche Mächte. Vorträge über christliche Ehe und Erziehung. Freiburg (Schweiz), 1896.

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"Siehe, jenes Kind ist ein böses; es thut diese Sünde:
du darfst nicht mit ihm gehen, sonst wirst auch du böse;
aber bete für dasselbe täglich ein Vater-unser zum Christ-
kindlein, damit es wieder brav werde."
So nährt ihr
im Kinde den Haß gegen die Sünde und zugleich die
wahre Liebe gegen die Sünder.

Wollet ihr, daß die Kinder in der reinen Atmosphäre
der Liebe für das öffentliche Leben heranreifen, so haltet
doch diese unreinen Ausdünstungen der Politik von euerer
Wohnung ferne. Ich gehöre keiner politischen Partei
an, sondern nur Gott und der Kirche und dem Vater-
lande, aber allen Parteien habe ich bis heute das Evan-
gelium Jesu Christi verkündet und gezeigt die Herrlich-
keit der Braut Christi frei von Ketten im Strahlenglanze
himmlischer Freiheit. So hab ich mir die für einen
Priester unschätzbare volle und ganze Freiheit des Wortes
bewahrt bis auf den heutigen Tag. Politische Parteien
gab es immer, und wird auch immer solche geben; das
ist an und für sich kein Unglück; aber ein großes Unglück,
daß die christliche Liebe und Achtung gegen den Gegner
vielfach vergessen ist, daß der politische Haß den Gegner
nur zu oft bekleckst bis zur Verletzung und Vernichtung
des natürlichen Anstandes.

Das nun ist überaus traurig und für das öffentliche
Wohl verderblich; - wenn aber erst solche Dinge vor
den Kindern verhandelt werden, wie unheilvoll wirkt
das für die Entwicklung derselben? Hasdrubal nahm
seinen neunjährigen Sohn Hannibal an den Altar der
Götter und ließ ihn dort tötlichen und ewigen Haß gegen
die Römer schwören. Wenn auch das jetzt in den Familien
nicht gerade vorkommt, so werden doch, um wenig zu
sagen, durch unvorsichtiges Reden, die Keime des poli-
tischen Hasses in gar viele Kinderherzen hineingelegt.

Ja, wenn ich noch weiter gehen muß, soll ein jeder

„Siehe, jenes Kind ist ein böses; es thut diese Sünde:
du darfst nicht mit ihm gehen, sonst wirst auch du böse;
aber bete für dasselbe täglich ein Vater-unser zum Christ-
kindlein, damit es wieder brav werde.“
So nährt ihr
im Kinde den Haß gegen die Sünde und zugleich die
wahre Liebe gegen die Sünder.

Wollet ihr, daß die Kinder in der reinen Atmosphäre
der Liebe für das öffentliche Leben heranreifen, so haltet
doch diese unreinen Ausdünstungen der Politik von euerer
Wohnung ferne. Ich gehöre keiner politischen Partei
an, sondern nur Gott und der Kirche und dem Vater-
lande, aber allen Parteien habe ich bis heute das Evan-
gelium Jesu Christi verkündet und gezeigt die Herrlich-
keit der Braut Christi frei von Ketten im Strahlenglanze
himmlischer Freiheit. So hab ich mir die für einen
Priester unschätzbare volle und ganze Freiheit des Wortes
bewahrt bis auf den heutigen Tag. Politische Parteien
gab es immer, und wird auch immer solche geben; das
ist an und für sich kein Unglück; aber ein großes Unglück,
daß die christliche Liebe und Achtung gegen den Gegner
vielfach vergessen ist, daß der politische Haß den Gegner
nur zu oft bekleckst bis zur Verletzung und Vernichtung
des natürlichen Anstandes.

Das nun ist überaus traurig und für das öffentliche
Wohl verderblich; – wenn aber erst solche Dinge vor
den Kindern verhandelt werden, wie unheilvoll wirkt
das für die Entwicklung derselben? Hasdrubal nahm
seinen neunjährigen Sohn Hannibal an den Altar der
Götter und ließ ihn dort tötlichen und ewigen Haß gegen
die Römer schwören. Wenn auch das jetzt in den Familien
nicht gerade vorkommt, so werden doch, um wenig zu
sagen, durch unvorsichtiges Reden, die Keime des poli-
tischen Hasses in gar viele Kinderherzen hineingelegt.

Ja, wenn ich noch weiter gehen muß, soll ein jeder

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[192/0204] „Siehe, jenes Kind ist ein böses; es thut diese Sünde: du darfst nicht mit ihm gehen, sonst wirst auch du böse; aber bete für dasselbe täglich ein Vater-unser zum Christ- kindlein, damit es wieder brav werde.“ So nährt ihr im Kinde den Haß gegen die Sünde und zugleich die wahre Liebe gegen die Sünder. Wollet ihr, daß die Kinder in der reinen Atmosphäre der Liebe für das öffentliche Leben heranreifen, so haltet doch diese unreinen Ausdünstungen der Politik von euerer Wohnung ferne. Ich gehöre keiner politischen Partei an, sondern nur Gott und der Kirche und dem Vater- lande, aber allen Parteien habe ich bis heute das Evan- gelium Jesu Christi verkündet und gezeigt die Herrlich- keit der Braut Christi frei von Ketten im Strahlenglanze himmlischer Freiheit. So hab ich mir die für einen Priester unschätzbare volle und ganze Freiheit des Wortes bewahrt bis auf den heutigen Tag. Politische Parteien gab es immer, und wird auch immer solche geben; das ist an und für sich kein Unglück; aber ein großes Unglück, daß die christliche Liebe und Achtung gegen den Gegner vielfach vergessen ist, daß der politische Haß den Gegner nur zu oft bekleckst bis zur Verletzung und Vernichtung des natürlichen Anstandes. Das nun ist überaus traurig und für das öffentliche Wohl verderblich; – wenn aber erst solche Dinge vor den Kindern verhandelt werden, wie unheilvoll wirkt das für die Entwicklung derselben? Hasdrubal nahm seinen neunjährigen Sohn Hannibal an den Altar der Götter und ließ ihn dort tötlichen und ewigen Haß gegen die Römer schwören. Wenn auch das jetzt in den Familien nicht gerade vorkommt, so werden doch, um wenig zu sagen, durch unvorsichtiges Reden, die Keime des poli- tischen Hasses in gar viele Kinderherzen hineingelegt. Ja, wenn ich noch weiter gehen muß, soll ein jeder

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Zitationshilfe: Hug, Gallus Joseph: Die christliche Familie im Kampfe gegen feindliche Mächte. Vorträge über christliche Ehe und Erziehung. Freiburg (Schweiz), 1896, S. 192. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hug_familie_1896/204>, abgerufen am 21.11.2024.