jahrswünsche; aber im öffentlichen Leben kommt der täg- liche Verkehr in Handel und Wandel, die Berührung mit den manigfaltigsten Charaktern; da kommt oft ein Kampf zwischen deinem Vortheil und dem des Nächsten; da kommt das ganze öffentliche Leben mit all seinen Dornen und Hacken ohne Zahl. Wer nun besähiget euch, in dieser Gesellschaft zu leben zu eurem Heil und zum Wohle des Nächsten? Jene Liebe allein, welche den Eigennutz, den Krämergeist, diesen Todfeind jeder geord- neten Gesellschaft tödtet; jene Liebe allein, welche Un- recht und Sünde muthig bekämpft, aber die Ungerechten und die Sünder zu retten sucht; jene Liebe allein, welche wenn sie auch Unrecht leidet, geduldig bleibt, Zorn und Haß ferne hält, oder in den ersten Keimen erstickt.
Damit nun das Kind für diese Liebe heranwachse, will ich auf einige Uebelstände und Verpflichtungen auf- merksam machen.
Nicht wahr, zwischen einzelnen Familien waltet oft Spannung, Feindschaft; es entstehen Zwistigkeiten, Prozesse. Was geschieht nun oft? Vor den Kleinen bespricht man den Haß und die Feindschaft, läßt seinen Zorn aus über wirkliches oder vermeintliches Unrecht. Das ist vom Bösen für die Erziehung. Denn die reine Luft der Liebe wird verpestet und die Kinder solcher Familien wachsen in gegenseitiger Abneigung auf.
Gibt es ferner nicht auch Mütter, welche ihren Kinden den Umgang mit andern Kindern nur deßwegen ver- bieten, weil deren Mutter ihnen verhaßt ist? So ver- kümmert bei diesen Weiberlaunen manches Kind in der Blüthe seines Lebens und tritt mit dem Eigennutz, mit der Unverträglichkeit aber nicht mit der Liebe, nicht mit der Geduld in die Gesellschaft. Ja wenn ihr euerem Kinde den Umgang mit einem schlechten Kinde zu ver- bieten habet, seid dann noch vorsichtig und saget etwa:
jahrswünsche; aber im öffentlichen Leben kommt der täg- liche Verkehr in Handel und Wandel, die Berührung mit den manigfaltigsten Charaktern; da kommt oft ein Kampf zwischen deinem Vortheil und dem des Nächsten; da kommt das ganze öffentliche Leben mit all seinen Dornen und Hacken ohne Zahl. Wer nun besähiget euch, in dieser Gesellschaft zu leben zu eurem Heil und zum Wohle des Nächsten? Jene Liebe allein, welche den Eigennutz, den Krämergeist, diesen Todfeind jeder geord- neten Gesellschaft tödtet; jene Liebe allein, welche Un- recht und Sünde muthig bekämpft, aber die Ungerechten und die Sünder zu retten sucht; jene Liebe allein, welche wenn sie auch Unrecht leidet, geduldig bleibt, Zorn und Haß ferne hält, oder in den ersten Keimen erstickt.
Damit nun das Kind für diese Liebe heranwachse, will ich auf einige Uebelstände und Verpflichtungen auf- merksam machen.
Nicht wahr, zwischen einzelnen Familien waltet oft Spannung, Feindschaft; es entstehen Zwistigkeiten, Prozesse. Was geschieht nun oft? Vor den Kleinen bespricht man den Haß und die Feindschaft, läßt seinen Zorn aus über wirkliches oder vermeintliches Unrecht. Das ist vom Bösen für die Erziehung. Denn die reine Luft der Liebe wird verpestet und die Kinder solcher Familien wachsen in gegenseitiger Abneigung auf.
Gibt es ferner nicht auch Mütter, welche ihren Kinden den Umgang mit andern Kindern nur deßwegen ver- bieten, weil deren Mutter ihnen verhaßt ist? So ver- kümmert bei diesen Weiberlaunen manches Kind in der Blüthe seines Lebens und tritt mit dem Eigennutz, mit der Unverträglichkeit aber nicht mit der Liebe, nicht mit der Geduld in die Gesellschaft. Ja wenn ihr euerem Kinde den Umgang mit einem schlechten Kinde zu ver- bieten habet, seid dann noch vorsichtig und saget etwa:
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jahrswünsche; aber im öffentlichen Leben kommt der täg-
liche Verkehr in Handel und Wandel, die Berührung
mit den manigfaltigsten Charaktern; da kommt oft ein
Kampf zwischen deinem Vortheil und dem des Nächsten;
da kommt das ganze öffentliche Leben mit all seinen
Dornen und Hacken ohne Zahl. Wer nun besähiget
euch, in dieser Gesellschaft zu leben zu eurem Heil und
zum Wohle des Nächsten? Jene Liebe allein, welche den
Eigennutz, den Krämergeist, diesen Todfeind jeder geord-
neten Gesellschaft tödtet; jene Liebe allein, welche Un-
recht und Sünde muthig bekämpft, aber die Ungerechten
und die Sünder zu retten sucht; jene Liebe allein, welche
wenn sie auch Unrecht leidet, geduldig bleibt, Zorn und
Haß ferne hält, oder in den ersten Keimen erstickt.
Damit nun das Kind für diese Liebe heranwachse,
will ich auf einige Uebelstände und Verpflichtungen auf-
merksam machen.
Nicht wahr, zwischen einzelnen Familien waltet
oft Spannung, Feindschaft; es entstehen Zwistigkeiten,
Prozesse. Was geschieht nun oft? Vor den Kleinen
bespricht man den Haß und die Feindschaft, läßt seinen
Zorn aus über wirkliches oder vermeintliches Unrecht.
Das ist vom Bösen für die Erziehung. Denn die reine
Luft der Liebe wird verpestet und die Kinder solcher
Familien wachsen in gegenseitiger Abneigung auf.
Gibt es ferner nicht auch Mütter, welche ihren Kinden
den Umgang mit andern Kindern nur deßwegen ver-
bieten, weil deren Mutter ihnen verhaßt ist? So ver-
kümmert bei diesen Weiberlaunen manches Kind in der
Blüthe seines Lebens und tritt mit dem Eigennutz, mit
der Unverträglichkeit aber nicht mit der Liebe, nicht mit
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Kinde den Umgang mit einem schlechten Kinde zu ver-
bieten habet, seid dann noch vorsichtig und saget etwa:
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Hug, Gallus Joseph: Die christliche Familie im Kampfe gegen feindliche Mächte. Vorträge über christliche Ehe und Erziehung. Freiburg (Schweiz), 1896, S. 191. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hug_familie_1896/203>, abgerufen am 24.11.2024.
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