tiefer betrachten, und je mehr wir fade Bücher und Schriften und Blätterchen durchlesen, desto gedankenloser werden wir Tag für Tag. Aber ob wir daran denken oder nicht, das ändert die Sache nicht, setzt uns aber der Gefahr ewiger Verdammniß aus. Gott tritt also Rechte ab, - das ist die eine Seite des Ver- trages. Wo ist die andere? Der allmächtige Gott fragt euch durch den Priester: "Wollet ihr nach meiner Anord- nung die Ehe eingehen? Wollet ihr vom Rechte, das ich euch abtrete, nur nach meinen Geboten Gebrauch machen?" Und ihr antwortet? "Ja!" Was heißt das? Wir wollen einander die eheliche Treue halten in allen Versuchungen, wir wollen in aller Liebe bis zum Tode vereinigt bleiben wie Christus mit seiner Kirche verbunden ist; wir wollen in ehelicher Keuschheit miteinander leben, wie es Kindern der Heiligen geziemt; wir wollen unsere Kinder als Glieder der einen hl. katholischen Kirche für den Himmel erziehen.
Das ist die andere Seite des Vertrages, den euere Schutzengel für euch unterschreiben; er bleibt aufbewahrt für den Gerichtstag, um einst im Himmel euere Freude zu sein oder - was Gott verhüten möge - in der Hölle das ewige Feuer zu nähren.
Saget nun selbst, ist es noch auffallend, daß manche Braut am Altare weint, oder ist es nicht vielmehr unbegreiflich, daß nicht alle weinen? Doch was sag' ich weinen? Warum nicht beben im Angesichte Gottes, der dem Menschen feierlich Hoheitsrechte abtritt, um ihn über deren Gebrauch bald zur Rechenschaft zu ziehen nach dem Wortlaute des Vertrages? Welches Brautpaar sollte nicht wie jener Zöllner weit hinten im Tempel stehen bleiben, ausrufen: "Herr, Gott, sei mir armer Sünder gnädig!" Wer sollte nicht zittern? Der Gedankenlose, der Leichtfertige, der Sinnenmensch, der Ungläubige - aber ist das nicht wie ein Vorzeichen ewiger Verdammniß?
tiefer betrachten, und je mehr wir fade Bücher und Schriften und Blätterchen durchlesen, desto gedankenloser werden wir Tag für Tag. Aber ob wir daran denken oder nicht, das ändert die Sache nicht, setzt uns aber der Gefahr ewiger Verdammniß aus. Gott tritt also Rechte ab, – das ist die eine Seite des Ver- trages. Wo ist die andere? Der allmächtige Gott fragt euch durch den Priester: „Wollet ihr nach meiner Anord- nung die Ehe eingehen? Wollet ihr vom Rechte, das ich euch abtrete, nur nach meinen Geboten Gebrauch machen?“ Und ihr antwortet? „Ja!“ Was heißt das? Wir wollen einander die eheliche Treue halten in allen Versuchungen, wir wollen in aller Liebe bis zum Tode vereinigt bleiben wie Christus mit seiner Kirche verbunden ist; wir wollen in ehelicher Keuschheit miteinander leben, wie es Kindern der Heiligen geziemt; wir wollen unsere Kinder als Glieder der einen hl. katholischen Kirche für den Himmel erziehen.
Das ist die andere Seite des Vertrages, den euere Schutzengel für euch unterschreiben; er bleibt aufbewahrt für den Gerichtstag, um einst im Himmel euere Freude zu sein oder – was Gott verhüten möge – in der Hölle das ewige Feuer zu nähren.
Saget nun selbst, ist es noch auffallend, daß manche Braut am Altare weint, oder ist es nicht vielmehr unbegreiflich, daß nicht alle weinen? Doch was sag' ich weinen? Warum nicht beben im Angesichte Gottes, der dem Menschen feierlich Hoheitsrechte abtritt, um ihn über deren Gebrauch bald zur Rechenschaft zu ziehen nach dem Wortlaute des Vertrages? Welches Brautpaar sollte nicht wie jener Zöllner weit hinten im Tempel stehen bleiben, ausrufen: „Herr, Gott, sei mir armer Sünder gnädig!“ Wer sollte nicht zittern? Der Gedankenlose, der Leichtfertige, der Sinnenmensch, der Ungläubige – aber ist das nicht wie ein Vorzeichen ewiger Verdammniß?
<TEI><text><body><divn="12"><p><pbfacs="#f0120"xml:id="H891_001_1896_pb0108_0001"n="108"/>
tiefer betrachten, und je mehr wir fade Bücher und<lb/>
Schriften und Blätterchen durchlesen, desto gedankenloser<lb/>
werden wir Tag für Tag. Aber ob wir daran denken<lb/>
oder nicht, das ändert die Sache nicht, setzt uns<lb/>
aber der Gefahr ewiger Verdammniß aus. Gott tritt<lb/>
also Rechte ab, – das ist die eine Seite des Ver-<lb/>
trages. Wo ist die andere? Der allmächtige Gott fragt<lb/>
euch durch den Priester: <q>„Wollet ihr nach meiner Anord-<lb/>
nung die Ehe eingehen? Wollet ihr vom Rechte, das ich<lb/>
euch abtrete, nur nach meinen Geboten Gebrauch machen?“</q><lb/>
Und ihr antwortet? <q>„Ja!“</q> Was heißt das? Wir wollen<lb/>
einander die eheliche Treue halten in allen Versuchungen,<lb/>
wir wollen in aller Liebe bis zum Tode vereinigt bleiben<lb/>
wie Christus mit seiner Kirche verbunden ist; wir wollen<lb/>
in ehelicher Keuschheit miteinander leben, wie es Kindern<lb/>
der Heiligen geziemt; wir wollen unsere Kinder als Glieder<lb/>
der einen hl. katholischen Kirche für den Himmel erziehen.</p><p>Das ist die andere Seite des Vertrages, den euere<lb/>
Schutzengel für euch unterschreiben; er bleibt aufbewahrt<lb/>
für den Gerichtstag, um einst im Himmel euere Freude<lb/>
zu sein oder – was Gott verhüten möge – in der Hölle<lb/>
das ewige Feuer zu nähren.</p><p>Saget nun selbst, ist es noch auffallend, daß manche<lb/>
Braut am Altare weint, oder ist es nicht vielmehr<lb/>
unbegreiflich, daß nicht alle weinen? Doch was sag'<lb/>
ich weinen? Warum nicht beben im Angesichte Gottes,<lb/>
der dem Menschen feierlich Hoheitsrechte abtritt, um ihn<lb/>
über deren Gebrauch bald zur Rechenschaft zu ziehen nach<lb/>
dem Wortlaute des Vertrages? Welches Brautpaar sollte<lb/>
nicht wie jener Zöllner weit hinten im Tempel stehen<lb/>
bleiben, ausrufen: <q>„Herr, Gott, sei mir armer Sünder<lb/>
gnädig!“</q> Wer sollte nicht zittern? Der Gedankenlose,<lb/>
der Leichtfertige, der Sinnenmensch, der Ungläubige –<lb/>
aber ist das nicht wie ein Vorzeichen ewiger Verdammniß?<lb/></p></div></body></text></TEI>
[108/0120]
tiefer betrachten, und je mehr wir fade Bücher und
Schriften und Blätterchen durchlesen, desto gedankenloser
werden wir Tag für Tag. Aber ob wir daran denken
oder nicht, das ändert die Sache nicht, setzt uns
aber der Gefahr ewiger Verdammniß aus. Gott tritt
also Rechte ab, – das ist die eine Seite des Ver-
trages. Wo ist die andere? Der allmächtige Gott fragt
euch durch den Priester: „Wollet ihr nach meiner Anord-
nung die Ehe eingehen? Wollet ihr vom Rechte, das ich
euch abtrete, nur nach meinen Geboten Gebrauch machen?“
Und ihr antwortet? „Ja!“ Was heißt das? Wir wollen
einander die eheliche Treue halten in allen Versuchungen,
wir wollen in aller Liebe bis zum Tode vereinigt bleiben
wie Christus mit seiner Kirche verbunden ist; wir wollen
in ehelicher Keuschheit miteinander leben, wie es Kindern
der Heiligen geziemt; wir wollen unsere Kinder als Glieder
der einen hl. katholischen Kirche für den Himmel erziehen.
Das ist die andere Seite des Vertrages, den euere
Schutzengel für euch unterschreiben; er bleibt aufbewahrt
für den Gerichtstag, um einst im Himmel euere Freude
zu sein oder – was Gott verhüten möge – in der Hölle
das ewige Feuer zu nähren.
Saget nun selbst, ist es noch auffallend, daß manche
Braut am Altare weint, oder ist es nicht vielmehr
unbegreiflich, daß nicht alle weinen? Doch was sag'
ich weinen? Warum nicht beben im Angesichte Gottes,
der dem Menschen feierlich Hoheitsrechte abtritt, um ihn
über deren Gebrauch bald zur Rechenschaft zu ziehen nach
dem Wortlaute des Vertrages? Welches Brautpaar sollte
nicht wie jener Zöllner weit hinten im Tempel stehen
bleiben, ausrufen: „Herr, Gott, sei mir armer Sünder
gnädig!“ Wer sollte nicht zittern? Der Gedankenlose,
der Leichtfertige, der Sinnenmensch, der Ungläubige –
aber ist das nicht wie ein Vorzeichen ewiger Verdammniß?
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hug, Gallus Joseph: Die christliche Familie im Kampfe gegen feindliche Mächte. Vorträge über christliche Ehe und Erziehung. Freiburg (Schweiz), 1896, S. 108. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hug_familie_1896/120>, abgerufen am 27.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.