Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hufeland, Christoph Wilhelm: Die Kunst das menschliche Leben zu verlängern. Jena, 1797.

Bild:
<< vorherige Seite

kann hierinn durch Gewohnheit er-
staunlich viel über sich erhalten.
Ich kenne keine üblere Gewohnheit
als die, im Bett zu studiren und
mit dem Buche einzuschlafen. Man
sezt dadurch die Seele in Thätigkeit, ge-
rade in dem Zeitpunct, wo alles darauf
ankommt, sie völlig ruhen zu lassen, und
es ist natürlich, dass nun diese aufge-
weckten Ideen die ganze Nacht hindurch
im Kopfe herumspuken, und immer
fortbearbeitet werden. Es ist nicht ge-
nug, physisch zu schlafen, auch der gei-
stige Mensch muss schlafen. Ein solcher
Schlaf ist eben so unzureichend, als der
entgegengesezte Fall, wenn blos unser
Geistiges aber nicht unser Körperliches
schläft; z. E. das Schlafen in einem er-
schütternden Wagen, auf Reisen.

6. Hierbey muss ich noch eines be-
sondern Umstandes erwähnen. Es glaubt
nehmlich mancher, es sey völlig einer-
ley, wenn man diese 7 Stunden schliefe,
ob des Tags oder des Nachts. Man über-
lässt sich also Abends so lange wie mög-

kann hierinn durch Gewohnheit er-
ſtaunlich viel über ſich erhalten.
Ich kenne keine üblere Gewohnheit
als die, im Bett zu ſtudiren und
mit dem Buche einzuſchlafen. Man
ſezt dadurch die Seele in Thätigkeit, ge-
rade in dem Zeitpunct, wo alles darauf
ankommt, ſie völlig ruhen zu laſſen, und
es iſt natürlich, daſs nun dieſe aufge-
weckten Ideen die ganze Nacht hindurch
im Kopfe herumſpuken, und immer
fortbearbeitet werden. Es iſt nicht ge-
nug, phyſiſch zu ſchlafen, auch der gei-
ſtige Menſch muſs ſchlafen. Ein ſolcher
Schlaf iſt eben ſo unzureichend, als der
entgegengeſezte Fall, wenn blos unſer
Geiſtiges aber nicht unſer Körperliches
ſchläft; z. E. das Schlafen in einem er-
ſchütternden Wagen, auf Reiſen.

6. Hierbey muſs ich noch eines be-
ſondern Umſtandes erwähnen. Es glaubt
nehmlich mancher, es ſey völlig einer-
ley, wenn man dieſe 7 Stunden ſchliefe,
ob des Tags oder des Nachts. Man über-
läſst ſich alſo Abends ſo lange wie mög-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0578" n="550"/>
kann hierinn durch Gewohnheit er-<lb/>
&#x017F;taunlich viel über &#x017F;ich erhalten.<lb/>
Ich kenne keine üblere Gewohnheit<lb/>
als die, im Bett zu &#x017F;tudiren und<lb/>
mit dem Buche einzu&#x017F;chlafen. Man<lb/>
&#x017F;ezt dadurch die Seele in Thätigkeit, ge-<lb/>
rade in dem Zeitpunct, wo alles darauf<lb/>
ankommt, &#x017F;ie völlig ruhen zu la&#x017F;&#x017F;en, und<lb/>
es i&#x017F;t natürlich, da&#x017F;s nun die&#x017F;e aufge-<lb/>
weckten Ideen die ganze Nacht hindurch<lb/>
im Kopfe herum&#x017F;puken, und immer<lb/>
fortbearbeitet werden. Es i&#x017F;t nicht ge-<lb/>
nug, phy&#x017F;i&#x017F;ch zu &#x017F;chlafen, auch der gei-<lb/>
&#x017F;tige Men&#x017F;ch mu&#x017F;s &#x017F;chlafen. Ein &#x017F;olcher<lb/>
Schlaf i&#x017F;t eben &#x017F;o unzureichend, als der<lb/>
entgegenge&#x017F;ezte Fall, wenn blos un&#x017F;er<lb/>
Gei&#x017F;tiges aber nicht un&#x017F;er Körperliches<lb/>
&#x017F;chläft; z. E. das Schlafen in einem er-<lb/>
&#x017F;chütternden Wagen, auf Rei&#x017F;en.</p><lb/>
            <p>6. Hierbey mu&#x017F;s ich noch eines be-<lb/>
&#x017F;ondern Um&#x017F;tandes erwähnen. Es glaubt<lb/>
nehmlich mancher, es &#x017F;ey völlig einer-<lb/>
ley, <hi rendition="#i">wenn</hi> man die&#x017F;e 7 Stunden &#x017F;chliefe,<lb/>
ob des Tags oder des Nachts. Man über-<lb/>&#x017F;st &#x017F;ich al&#x017F;o Abends &#x017F;o lange wie mög-<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[550/0578] kann hierinn durch Gewohnheit er- ſtaunlich viel über ſich erhalten. Ich kenne keine üblere Gewohnheit als die, im Bett zu ſtudiren und mit dem Buche einzuſchlafen. Man ſezt dadurch die Seele in Thätigkeit, ge- rade in dem Zeitpunct, wo alles darauf ankommt, ſie völlig ruhen zu laſſen, und es iſt natürlich, daſs nun dieſe aufge- weckten Ideen die ganze Nacht hindurch im Kopfe herumſpuken, und immer fortbearbeitet werden. Es iſt nicht ge- nug, phyſiſch zu ſchlafen, auch der gei- ſtige Menſch muſs ſchlafen. Ein ſolcher Schlaf iſt eben ſo unzureichend, als der entgegengeſezte Fall, wenn blos unſer Geiſtiges aber nicht unſer Körperliches ſchläft; z. E. das Schlafen in einem er- ſchütternden Wagen, auf Reiſen. 6. Hierbey muſs ich noch eines be- ſondern Umſtandes erwähnen. Es glaubt nehmlich mancher, es ſey völlig einer- ley, wenn man dieſe 7 Stunden ſchliefe, ob des Tags oder des Nachts. Man über- läſst ſich alſo Abends ſo lange wie mög-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hufeland_leben_1797
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hufeland_leben_1797/578
Zitationshilfe: Hufeland, Christoph Wilhelm: Die Kunst das menschliche Leben zu verlängern. Jena, 1797, S. 550. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hufeland_leben_1797/578>, abgerufen am 22.11.2024.