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Hufeland, Christoph Wilhelm: Die Kunst das menschliche Leben zu verlängern. Jena, 1797.

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thigt man da schon Kinder zum Stuben-
sitzen und Lernen, so entzieht man ih-
rem Körper den edelsten Theil der Kräf-
te, der nun zum Denkgeschäft consu-
mirt wird, und es entsteht unausbleib-
lich Zurückbleiben im Wachsthum, un-
vollkommne Ausbildung der Glieder,
Schwäche der Muskulartheile, schlechte
Verdauung, schlechte Säfte, Skrofeln,
ein Uebergewicht des Nervensystems in
der ganzen Maschine, welches Zeitle-
bens durch Nervenübel, Hypochondrie
u. dgl. lästig wird. Doch kommt hier-
bey auch viel auf die Verschiedenheit
des Subjects und seine grössere oder ge-
ringere Geisteslebhaftigkeit an, aber ich
bitte sehr, gerade das Gegentheil von
dem zu thun, was man gewöhnlich thut.
Ist das Kind sehr frühzeitig zum Denken
und Lernen aufgelegt, so sollte man, an-
statt ein solches, wie gewöhnlich, desto
mehr anzustrengen, es vielmehr später
zum Lernen anhalten, denn jene früh-
zeitige Reife ist mehrentheils schon
Krankheit, wenigstens ein unnatürlicher

thigt man da ſchon Kinder zum Stuben-
ſitzen und Lernen, ſo entzieht man ih-
rem Körper den edelſten Theil der Kräf-
te, der nun zum Denkgeſchäft conſu-
mirt wird, und es entſteht unausbleib-
lich Zurückbleiben im Wachsthum, un-
vollkommne Ausbildung der Glieder,
Schwäche der Muskulartheile, ſchlechte
Verdauung, ſchlechte Säfte, Skrofeln,
ein Uebergewicht des Nervenſyſtems in
der ganzen Maſchine, welches Zeitle-
bens durch Nervenübel, Hypochondrie
u. dgl. läſtig wird. Doch kommt hier-
bey auch viel auf die Verſchiedenheit
des Subjects und ſeine gröſsere oder ge-
ringere Geiſteslebhaftigkeit an, aber ich
bitte ſehr, gerade das Gegentheil von
dem zu thun, was man gewöhnlich thut.
Iſt das Kind ſehr frühzeitig zum Denken
und Lernen aufgelegt, ſo ſollte man, an-
ſtatt ein ſolches, wie gewöhnlich, deſto
mehr anzuſtrengen, es vielmehr ſpäter
zum Lernen anhalten, denn jene früh-
zeitige Reife iſt mehrentheils ſchon
Krankheit, wenigſtens ein unnatürlicher

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[500/0528] thigt man da ſchon Kinder zum Stuben- ſitzen und Lernen, ſo entzieht man ih- rem Körper den edelſten Theil der Kräf- te, der nun zum Denkgeſchäft conſu- mirt wird, und es entſteht unausbleib- lich Zurückbleiben im Wachsthum, un- vollkommne Ausbildung der Glieder, Schwäche der Muskulartheile, ſchlechte Verdauung, ſchlechte Säfte, Skrofeln, ein Uebergewicht des Nervenſyſtems in der ganzen Maſchine, welches Zeitle- bens durch Nervenübel, Hypochondrie u. dgl. läſtig wird. Doch kommt hier- bey auch viel auf die Verſchiedenheit des Subjects und ſeine gröſsere oder ge- ringere Geiſteslebhaftigkeit an, aber ich bitte ſehr, gerade das Gegentheil von dem zu thun, was man gewöhnlich thut. Iſt das Kind ſehr frühzeitig zum Denken und Lernen aufgelegt, ſo ſollte man, an- ſtatt ein ſolches, wie gewöhnlich, deſto mehr anzuſtrengen, es vielmehr ſpäter zum Lernen anhalten, denn jene früh- zeitige Reife iſt mehrentheils ſchon Krankheit, wenigſtens ein unnatürlicher

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Zitationshilfe: Hufeland, Christoph Wilhelm: Die Kunst das menschliche Leben zu verlängern. Jena, 1797, S. 500. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hufeland_leben_1797/528>, abgerufen am 22.11.2024.