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Hufeland, Christoph Wilhelm: Die Kunst das menschliche Leben zu verlängern. Jena, 1797.

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aus mitzutheilen. Und bewundern muss
man, was die Kunst der unbestimmten
prophetischen Diction und die Gefällig-
keit des Zufalls thun können; der Calen-
der erhielt sich über 20 Jahre, hatte
reissenden Abgang, und verschafte nebst
andern Charlatanerien dem Verfasser
ein Vermögen von einigen 100000 Gul-
den.

Aber wie konnte man in einer
Kunst, die dem Leben der Menschen so
bestimmte und unvermeidliche Grenzen
sezte, Mittel zur Verlängerung desselben
finden? Diess geschah auf folgende
sinnreiche Art: Man nahm an, dass
eben so wie jeder Mensch unter dem
Einfluss eines gewissen Gestirns stünde,
eben so habe auch jeder andere Körper,
Pflanzen, Thiere, sogar ganze Länder
und einzelne Häuser, ein jegliches sein
eignes Gestirn, von dem es regiert wür-
de, und besonders war zwischen den
Planeten und Metallen ein genauer Zu-
sammenhang und Sympathie. Sobald

aus mitzutheilen. Und bewundern muſs
man, was die Kunſt der unbeſtimmten
prophetiſchen Diction und die Gefällig-
keit des Zufalls thun können; der Calen-
der erhielt ſich über 20 Jahre, hatte
reiſsenden Abgang, und verſchafte nebſt
andern Charlatanerien dem Verfaſſer
ein Vermögen von einigen 100000 Gul-
den.

Aber wie konnte man in einer
Kunſt, die dem Leben der Menſchen ſo
beſtimmte und unvermeidliche Grenzen
ſezte, Mittel zur Verlängerung deſſelben
finden? Dieſs geſchah auf folgende
ſinnreiche Art: Man nahm an, daſs
eben ſo wie jeder Menſch unter dem
Einfluſs eines gewiſſen Geſtirns ſtünde,
eben ſo habe auch jeder andere Körper,
Pflanzen, Thiere, ſogar ganze Länder
und einzelne Häuſer, ein jegliches ſein
eignes Geſtirn, von dem es regiert wür-
de, und beſonders war zwiſchen den
Planeten und Metallen ein genauer Zu-
ſammenhang und Sympathie. Sobald

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[20/0048] aus mitzutheilen. Und bewundern muſs man, was die Kunſt der unbeſtimmten prophetiſchen Diction und die Gefällig- keit des Zufalls thun können; der Calen- der erhielt ſich über 20 Jahre, hatte reiſsenden Abgang, und verſchafte nebſt andern Charlatanerien dem Verfaſſer ein Vermögen von einigen 100000 Gul- den. Aber wie konnte man in einer Kunſt, die dem Leben der Menſchen ſo beſtimmte und unvermeidliche Grenzen ſezte, Mittel zur Verlängerung deſſelben finden? Dieſs geſchah auf folgende ſinnreiche Art: Man nahm an, daſs eben ſo wie jeder Menſch unter dem Einfluſs eines gewiſſen Geſtirns ſtünde, eben ſo habe auch jeder andere Körper, Pflanzen, Thiere, ſogar ganze Länder und einzelne Häuſer, ein jegliches ſein eignes Geſtirn, von dem es regiert wür- de, und beſonders war zwiſchen den Planeten und Metallen ein genauer Zu- ſammenhang und Sympathie. Sobald

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Zitationshilfe: Hufeland, Christoph Wilhelm: Die Kunst das menschliche Leben zu verlängern. Jena, 1797, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hufeland_leben_1797/48>, abgerufen am 24.11.2024.