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Hufeland, Christoph Wilhelm: Die Kunst das menschliche Leben zu verlängern. Jena, 1797.

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sondern selbst unter das Thier herab;
weil diess von Natur schon für die Ver-
nunft in Betreff seiner Lebenserhaltung
entschädigt ist. -- Der Mensch hingegen
ohne Vernunft ist allen schädlichen Ein-
flüssen Preis gegeben, und das aller ver-
gänglichste und korruptibelste Geschöpf
unter der Sonne. Der natürliche Man-
gel der Vernunft ist für die Dauer und
Erhaltung des Lebens weit weniger
nachtheilig, als der unterlassne Gebrauch
derselben da, wo sie von Natur ist.

Aber wie Haller so wahr sagt:

Unselig Mittelding von Engeln und vom Vieh,
Gott gab dir die Vernunft, und du gebrauchst
sie nie.

Hierin liegt der Hauptgrund, warum
der Mensch bey aller Anlage zur höch-
sten Dauer des Lebens dennoch die
grösste Mortalität hat.


ſondern ſelbſt unter das Thier herab;
weil dieſs von Natur ſchon für die Ver-
nunft in Betreff ſeiner Lebenserhaltung
entſchädigt iſt. — Der Menſch hingegen
ohne Vernunft iſt allen ſchädlichen Ein-
flüſſen Preis gegeben, und das aller ver-
gänglichſte und korruptibelſte Geſchöpf
unter der Sonne. Der natürliche Man-
gel der Vernunft iſt für die Dauer und
Erhaltung des Lebens weit weniger
nachtheilig, als der unterlaſsne Gebrauch
derſelben da, wo ſie von Natur iſt.

Aber wie Haller ſo wahr ſagt:

Unſelig Mittelding von Engeln und vom Vieh,
Gott gab dir die Vernunft, und du gebrauchſt
ſie nie.

Hierin liegt der Hauptgrund, warum
der Menſch bey aller Anlage zur höch-
ſten Dauer des Lebens dennoch die
gröſste Mortalität hat.


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[254/0282] ſondern ſelbſt unter das Thier herab; weil dieſs von Natur ſchon für die Ver- nunft in Betreff ſeiner Lebenserhaltung entſchädigt iſt. — Der Menſch hingegen ohne Vernunft iſt allen ſchädlichen Ein- flüſſen Preis gegeben, und das aller ver- gänglichſte und korruptibelſte Geſchöpf unter der Sonne. Der natürliche Man- gel der Vernunft iſt für die Dauer und Erhaltung des Lebens weit weniger nachtheilig, als der unterlaſsne Gebrauch derſelben da, wo ſie von Natur iſt. Aber wie Haller ſo wahr ſagt: Unſelig Mittelding von Engeln und vom Vieh, Gott gab dir die Vernunft, und du gebrauchſt ſie nie. Hierin liegt der Hauptgrund, warum der Menſch bey aller Anlage zur höch- ſten Dauer des Lebens dennoch die gröſste Mortalität hat.

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Zitationshilfe: Hufeland, Christoph Wilhelm: Die Kunst das menschliche Leben zu verlängern. Jena, 1797, S. 254. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hufeland_leben_1797/282>, abgerufen am 25.11.2024.