Wesen ists zwar richtig, dass, je fester ein Körper, desto mehr Dauer hat er; aber bey organischen Wesen, wo die Dauer der Existenz in reger Wirksamkeit der Organe und Circulation der Säfte besteht, hat diess seine Grenzen, und ein zu hoher Grad von Festigkeit der Or- gane und Zähigkeit der Säfte, macht sie früher unbeweglich, ungangbar, er- zeugt Stockungen, und führt das Alter und also auch den Tod schneller herbey.
Aber nicht blos die Summe der Kraft und die Organe sind es, wovon Lebenskraft abhängt. Wir haben gese- hen, dass vorzüglich viel auf die schnel- lere oder langsamere Consumtion, und auf die vollkommnere oder unvoll- kommnere Restauration ankommt. Be- stätigt sich diess nun auch in der Pflan- zenwelt?
Vollkommen! Auch hier finden wir diess allgemeine Gesetz. Je mehr ein Gewächs intensives Leben hat, je
G
Weſen iſts zwar richtig, daſs, je feſter ein Körper, deſto mehr Dauer hat er; aber bey organiſchen Weſen, wo die Dauer der Exiſtenz in reger Wirkſamkeit der Organe und Circulation der Säfte beſteht, hat dieſs ſeine Grenzen, und ein zu hoher Grad von Feſtigkeit der Or- gane und Zähigkeit der Säfte, macht ſie früher unbeweglich, ungangbar, er- zeugt Stockungen, und führt das Alter und alſo auch den Tod ſchneller herbey.
Aber nicht blos die Summe der Kraft und die Organe ſind es, wovon Lebenskraft abhängt. Wir haben geſe- hen, daſs vorzüglich viel auf die ſchnel- lere oder langſamere Conſumtion, und auf die vollkommnere oder unvoll- kommnere Reſtauration ankommt. Be- ſtätigt ſich dieſs nun auch in der Pflan- zenwelt?
Vollkommen! Auch hier finden wir dieſs allgemeine Geſetz. Je mehr ein Gewächs intenſives Leben hat, je
G
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0125"n="97"/>
Weſen iſts zwar richtig, daſs, je feſter<lb/>
ein Körper, deſto mehr Dauer hat er;<lb/>
aber bey organiſchen Weſen, wo die<lb/>
Dauer der Exiſtenz in reger Wirkſamkeit<lb/>
der Organe und Circulation der Säfte<lb/>
beſteht, hat dieſs ſeine Grenzen, und<lb/>
ein zu hoher Grad von Feſtigkeit der Or-<lb/>
gane und Zähigkeit der Säfte, macht ſie<lb/>
früher unbeweglich, ungangbar, er-<lb/>
zeugt Stockungen, und führt das Alter<lb/>
und alſo auch den Tod ſchneller herbey.</p><lb/><p>Aber nicht blos die Summe der<lb/>
Kraft und die Organe ſind es, wovon<lb/>
Lebenskraft abhängt. Wir haben geſe-<lb/>
hen, daſs vorzüglich viel auf die ſchnel-<lb/>
lere oder langſamere Conſumtion, und<lb/>
auf die vollkommnere oder unvoll-<lb/>
kommnere Reſtauration ankommt. Be-<lb/>ſtätigt ſich dieſs nun auch in der Pflan-<lb/>
zenwelt?</p><lb/><p>Vollkommen! Auch hier finden<lb/>
wir dieſs allgemeine Geſetz. Je mehr<lb/>
ein Gewächs intenſives Leben hat, je<lb/><fwplace="bottom"type="sig">G</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[97/0125]
Weſen iſts zwar richtig, daſs, je feſter
ein Körper, deſto mehr Dauer hat er;
aber bey organiſchen Weſen, wo die
Dauer der Exiſtenz in reger Wirkſamkeit
der Organe und Circulation der Säfte
beſteht, hat dieſs ſeine Grenzen, und
ein zu hoher Grad von Feſtigkeit der Or-
gane und Zähigkeit der Säfte, macht ſie
früher unbeweglich, ungangbar, er-
zeugt Stockungen, und führt das Alter
und alſo auch den Tod ſchneller herbey.
Aber nicht blos die Summe der
Kraft und die Organe ſind es, wovon
Lebenskraft abhängt. Wir haben geſe-
hen, daſs vorzüglich viel auf die ſchnel-
lere oder langſamere Conſumtion, und
auf die vollkommnere oder unvoll-
kommnere Reſtauration ankommt. Be-
ſtätigt ſich dieſs nun auch in der Pflan-
zenwelt?
Vollkommen! Auch hier finden
wir dieſs allgemeine Geſetz. Je mehr
ein Gewächs intenſives Leben hat, je
G
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hufeland, Christoph Wilhelm: Die Kunst das menschliche Leben zu verlängern. Jena, 1797, S. 97. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hufeland_leben_1797/125>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.