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Hufeland, Christoph Wilhelm: Die Kunst das menschliche Leben zu verlängern. Jena, 1797.

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Die Energie des Lebens wird also mit
seiner Dauer im umgekehrten Verhält-
niss stehen, oder je mehr ein Wesen in-
tensiv lebt, desto mehr wird sein Leben
an Extension verlieren. -- Der Aus-
druck, geschwind leben, der jezt so wie
die Sache gewöhnlich worden ist, ist
also vollkommen richtig. Man kann
allerdings den Prozess der Lebenscon-
sumtion, sie mag nun im Handeln oder
Geniessen bestehen, geschwinder oder
langsamer machen, also geschwind und
langsam leben. Ich werde in der Folge
das eine durch das Wort intensives Le-
ben, das andre durch extensives bezeich-
nen. Diese Wahrheit bestätigt sich
nicht blos bey dem Menschen, sondern
durch die ganze Natur. Je weniger in-
tensiv das Leben eines Wesens ist, desto
länger dauert es. Man vermehre durch
Wärme, Düngung, künstliche Mittel,
das intensive Leben einer Pflanze, sie
wird schneller vollkommner sich entwi-
ckeln, aber auch sehr bald vergehen. --
Selbst ein Geschöpf, was von Natur ei-

F

Die Energie des Lebens wird alſo mit
ſeiner Dauer im umgekehrten Verhält-
niſs ſtehen, oder je mehr ein Weſen in-
tenſiv lebt, deſto mehr wird ſein Leben
an Extenſion verlieren. — Der Aus-
druck, geſchwind leben, der jezt ſo wie
die Sache gewöhnlich worden iſt, iſt
alſo vollkommen richtig. Man kann
allerdings den Prozeſs der Lebenscon-
ſumtion, ſie mag nun im Handeln oder
Genieſsen beſtehen, geſchwinder oder
langſamer machen, alſo geſchwind und
langſam leben. Ich werde in der Folge
das eine durch das Wort intenſives Le-
ben, das andre durch extenſives bezeich-
nen. Dieſe Wahrheit beſtätigt ſich
nicht blos bey dem Menſchen, ſondern
durch die ganze Natur. Je weniger in-
tenſiv das Leben eines Weſens iſt, deſto
länger dauert es. Man vermehre durch
Wärme, Düngung, künſtliche Mittel,
das intenſive Leben einer Pflanze, ſie
wird ſchneller vollkommner ſich entwi-
ckeln, aber auch ſehr bald vergehen. —
Selbſt ein Geſchöpf, was von Natur ei-

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[81/0109] Die Energie des Lebens wird alſo mit ſeiner Dauer im umgekehrten Verhält- niſs ſtehen, oder je mehr ein Weſen in- tenſiv lebt, deſto mehr wird ſein Leben an Extenſion verlieren. — Der Aus- druck, geſchwind leben, der jezt ſo wie die Sache gewöhnlich worden iſt, iſt alſo vollkommen richtig. Man kann allerdings den Prozeſs der Lebenscon- ſumtion, ſie mag nun im Handeln oder Genieſsen beſtehen, geſchwinder oder langſamer machen, alſo geſchwind und langſam leben. Ich werde in der Folge das eine durch das Wort intenſives Le- ben, das andre durch extenſives bezeich- nen. Dieſe Wahrheit beſtätigt ſich nicht blos bey dem Menſchen, ſondern durch die ganze Natur. Je weniger in- tenſiv das Leben eines Weſens iſt, deſto länger dauert es. Man vermehre durch Wärme, Düngung, künſtliche Mittel, das intenſive Leben einer Pflanze, ſie wird ſchneller vollkommner ſich entwi- ckeln, aber auch ſehr bald vergehen. — Selbſt ein Geſchöpf, was von Natur ei- F

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Zitationshilfe: Hufeland, Christoph Wilhelm: Die Kunst das menschliche Leben zu verlängern. Jena, 1797, S. 81. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hufeland_leben_1797/109>, abgerufen am 25.11.2024.