Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hübner, Johann: Poetisches Handbuch. Leipzig, 1696.

Bild:
<< vorherige Seite

selbst allemahl im Schreiben und Reden
practiciren könte? so gab er zur Antwort/
man müste einen Unterscheid unter seinem
Sonntags-Latein/ und unter seinem Wo-
chen-Lateine machen.

CIX. Ebner massen wird mir vergönnet
seyn/ meine und andrer Verse in Sonn-
tägliche und alltägliche einzutheilen: mit
der beygefügten Erklärung/ daß man in ei-
nem alltäglichen oder gemeinen Carmine
wieder die angeführten Regeln gar leicht-
lich Dispensation erhalten kan: welches hin-
gegen in einem Sonntäglichen/ das ist in
einem mit Fleiß gemachten Verse schwer-
lich zu hoffen ist. Ob ein alltägliches Kleid
etliche Flecken hat/ deßwegen wird niemand
zu hause bleiben: aber an einem Sonn-
tags-Kleide muß auch nicht ein Knopff de-
siderir
et werden.

CX. Und damit ich auch diese Regel nicht
ohne Exempel lasse/ so will ich einen in mei-
ner Jugend elaborirten Helden-Brief her-
setzen/ den ich/ sonderlich in regard der Rei-
me/ vor nichts als vor etwas alltägliches
ausgebe.

VALIERE schreibt an LUDOVICUM XIV.
VErdammter Ludewich/ so schreibet Valiere,
Tyranne nim den Brief mit Furcht und Zit-
tern hin.

Wol

ſelbſt allemahl im Schreiben und Reden
practiciren koͤnte? ſo gab er zur Antwort/
man muͤſte einen Unterſcheid unter ſeinem
Sonntags-Latein/ und unter ſeinem Wo-
chen-Lateine machen.

CIX. Ebner maſſen wird mir vergoͤnnet
ſeyn/ meine und andrer Verſe in Sonn-
taͤgliche und alltaͤgliche einzutheilen: mit
der beygefuͤgten Erklaͤrung/ daß man in ei-
nem alltaͤglichen oder gemeinen Carmine
wieder die angefuͤhrten Regeln gar leicht-
lich Diſpenſation erhalten kan: welches hin-
gegen in einem Sonntaͤglichen/ das iſt in
einem mit Fleiß gemachten Verſe ſchwer-
lich zu hoffen iſt. Ob ein alltaͤgliches Kleid
etliche Flecken hat/ deßwegen wird niemand
zu hauſe bleiben: aber an einem Sonn-
tags-Kleide muß auch nicht ein Knopff de-
ſiderir
et werden.

CX. Und damit ich auch dieſe Regel nicht
ohne Exempel laſſe/ ſo will ich einen in mei-
ner Jugend elaborirten Helden-Brief her-
ſetzen/ den ich/ ſonderlich in regard der Rei-
me/ vor nichts als vor etwas alltaͤgliches
ausgebe.

VALIERE ſchreibt an LUDOVICUM XIV.
VErdam̃ter Ludewich/ ſo ſchreibet Valiere,
Tyranne nim den Brief mit Furcht und Zit-
tern hin.

Wol
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0046" n="42"/>
&#x017F;elb&#x017F;t allemahl im Schreiben und Reden<lb/><hi rendition="#aq">practicir</hi>en ko&#x0364;nte? &#x017F;o gab er zur Antwort/<lb/>
man mu&#x0364;&#x017F;te einen Unter&#x017F;cheid unter &#x017F;einem<lb/>
Sonntags-Latein/ und unter &#x017F;einem Wo-<lb/>
chen-Lateine machen.</p><lb/>
        <p><hi rendition="#aq">CIX.</hi> Ebner ma&#x017F;&#x017F;en wird mir vergo&#x0364;nnet<lb/>
&#x017F;eyn/ meine und andrer Ver&#x017F;e in Sonn-<lb/>
ta&#x0364;gliche und allta&#x0364;gliche einzutheilen: mit<lb/>
der beygefu&#x0364;gten Erkla&#x0364;rung/ daß man in ei-<lb/>
nem allta&#x0364;glichen oder gemeinen <hi rendition="#aq">Carmine</hi><lb/>
wieder die angefu&#x0364;hrten Regeln gar leicht-<lb/>
lich <hi rendition="#aq">Di&#x017F;pen&#x017F;ation</hi> erhalten kan: welches hin-<lb/>
gegen in einem Sonnta&#x0364;glichen/ das i&#x017F;t in<lb/>
einem mit Fleiß gemachten Ver&#x017F;e &#x017F;chwer-<lb/>
lich zu hoffen i&#x017F;t. Ob ein allta&#x0364;gliches Kleid<lb/>
etliche Flecken hat/ deßwegen wird niemand<lb/>
zu hau&#x017F;e bleiben: aber an einem Sonn-<lb/>
tags-Kleide muß auch nicht ein Knopff <hi rendition="#aq">de-<lb/>
&#x017F;iderir</hi>et werden.</p><lb/>
        <p><hi rendition="#aq">CX.</hi> Und damit ich auch die&#x017F;e Regel nicht<lb/>
ohne Exempel la&#x017F;&#x017F;e/ &#x017F;o will ich einen in mei-<lb/>
ner Jugend <hi rendition="#aq">elaborir</hi>ten Helden-Brief her-<lb/>
&#x017F;etzen/ den ich/ &#x017F;onderlich in <hi rendition="#aq">regard</hi> der Rei-<lb/>
me/ vor nichts als vor etwas allta&#x0364;gliches<lb/>
ausgebe.</p><lb/>
        <lg type="poem">
          <head><hi rendition="#aq">VALIERE</hi> &#x017F;chreibt an <hi rendition="#aq">LUDOVICUM XIV.</hi></head><lb/>
          <l><hi rendition="#in">V</hi>Erdam&#x0303;ter Ludewich/ &#x017F;o &#x017F;chreibet <hi rendition="#aq">Valiere,</hi></l><lb/>
          <l>Tyranne nim den Brief mit Furcht und Zit-<lb/><hi rendition="#et">tern hin.</hi></l>
          <fw place="bottom" type="catch">Wol</fw><lb/>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[42/0046] ſelbſt allemahl im Schreiben und Reden practiciren koͤnte? ſo gab er zur Antwort/ man muͤſte einen Unterſcheid unter ſeinem Sonntags-Latein/ und unter ſeinem Wo- chen-Lateine machen. CIX. Ebner maſſen wird mir vergoͤnnet ſeyn/ meine und andrer Verſe in Sonn- taͤgliche und alltaͤgliche einzutheilen: mit der beygefuͤgten Erklaͤrung/ daß man in ei- nem alltaͤglichen oder gemeinen Carmine wieder die angefuͤhrten Regeln gar leicht- lich Diſpenſation erhalten kan: welches hin- gegen in einem Sonntaͤglichen/ das iſt in einem mit Fleiß gemachten Verſe ſchwer- lich zu hoffen iſt. Ob ein alltaͤgliches Kleid etliche Flecken hat/ deßwegen wird niemand zu hauſe bleiben: aber an einem Sonn- tags-Kleide muß auch nicht ein Knopff de- ſideriret werden. CX. Und damit ich auch dieſe Regel nicht ohne Exempel laſſe/ ſo will ich einen in mei- ner Jugend elaborirten Helden-Brief her- ſetzen/ den ich/ ſonderlich in regard der Rei- me/ vor nichts als vor etwas alltaͤgliches ausgebe. VALIERE ſchreibt an LUDOVICUM XIV. VErdam̃ter Ludewich/ ſo ſchreibet Valiere, Tyranne nim den Brief mit Furcht und Zit- tern hin. Wol

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/huebner_handbuch_1696
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/huebner_handbuch_1696/46
Zitationshilfe: Hübner, Johann: Poetisches Handbuch. Leipzig, 1696, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huebner_handbuch_1696/46>, abgerufen am 23.11.2024.