Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Huber, Franz C.: Die Geschichtliche Entwickelung des modernen Verkehrs. Tübingen, 1893.

Bild:
<< vorherige Seite

"kursierten". Diese Kaufmannszüge unterhielten einen --
schon durch die Messzeiten regelmässig be-
stimmten
-- Verkehr zwischen den Stapelplätzen und
ihren Filialen, zwischen den Endpunkten der Weltrouten
und den Angrenzern an die romanischen und slavischen
Völker, nämlich Venedig, Bozen, Augsburg, St. Gallen,
Zürich, Wien, Prag, Hamburg, Breslau, Magdeburg, Kölln
an der Spree, Danzig, ferner den vier Hauptorten der
Hansa, Lübeck, Danzig, Braunschweig und Köln und deren
vier grosse Stapelhäfen: London, Brügge, Bergen und
Nowgorod. Diese Besucher von Märkten und Messen
waren die naturgemäss gegebenen Ueberbringer von Briefen
und Neuigkeiten, die Postboten im Gewande jener Zeit.
Damit war einerseits das Botenhandwerk und eine or-
ganisierte
Anstalt, andererseits der erste Anfang des
Postroutensystems von selbst gegeben. Allmählich
nämlich im 14. Jahrhundert zog nicht mehr jeder Kaufmann
selbst zur Messe; es bildeten sich Vereinigungen mehrerer
Kaufleute, welche sich auf die Benützung des gleichen Fuhr-
werks und Fuhrmanns oder Korporations-Spediteurs ange-
wiesen sahen, und für die Uebermittlung der Handels-
Nachrichten, nach dem Vorbilde der sonstigen Korpora-
tionsboten gemeinsame Boten aufstellten. Wie und wann
dies geschah, liesse sich genau danach feststellen, in wel-
chem Schritte in dem Messbesuch eine Arbeitsteilung in
der Art eintrat, dass der einzelne Kaufmann nicht mehr
selbst zur Messe zog, sondern genossenschaftliche Ver-
treter abgesandt wurden. Es war dies ein Fortschritt,
der sich schon für das 13. Jahrhundert in dem Verkehr
zwischen den lombardischen und süddeutschen Städte-
republiken nachweisen lässt. --

Neben diesen Fussbriefboten bildete sich ein wei-
teres Institut aus, nämlich das der berittenen Geleit-
boten
für Passagiere, zunächst zur persönlichen Sicher-

»kursierten«. Diese Kaufmannszüge unterhielten einen —
schon durch die Messzeiten regelmässig be-
stimmten
— Verkehr zwischen den Stapelplätzen und
ihren Filialen, zwischen den Endpunkten der Weltrouten
und den Angrenzern an die romanischen und slavischen
Völker, nämlich Venedig, Bozen, Augsburg, St. Gallen,
Zürich, Wien, Prag, Hamburg, Breslau, Magdeburg, Kölln
an der Spree, Danzig, ferner den vier Hauptorten der
Hansa, Lübeck, Danzig, Braunschweig und Köln und deren
vier grosse Stapelhäfen: London, Brügge, Bergen und
Nowgorod. Diese Besucher von Märkten und Messen
waren die naturgemäss gegebenen Ueberbringer von Briefen
und Neuigkeiten, die Postboten im Gewande jener Zeit.
Damit war einerseits das Botenhandwerk und eine or-
ganisierte
Anstalt, andererseits der erste Anfang des
Postroutensystems von selbst gegeben. Allmählich
nämlich im 14. Jahrhundert zog nicht mehr jeder Kaufmann
selbst zur Messe; es bildeten sich Vereinigungen mehrerer
Kaufleute, welche sich auf die Benützung des gleichen Fuhr-
werks und Fuhrmanns oder Korporations-Spediteurs ange-
wiesen sahen, und für die Uebermittlung der Handels-
Nachrichten, nach dem Vorbilde der sonstigen Korpora-
tionsboten gemeinsame Boten aufstellten. Wie und wann
dies geschah, liesse sich genau danach feststellen, in wel-
chem Schritte in dem Messbesuch eine Arbeitsteilung in
der Art eintrat, dass der einzelne Kaufmann nicht mehr
selbst zur Messe zog, sondern genossenschaftliche Ver-
treter abgesandt wurden. Es war dies ein Fortschritt,
der sich schon für das 13. Jahrhundert in dem Verkehr
zwischen den lombardischen und süddeutschen Städte-
republiken nachweisen lässt. —

Neben diesen Fussbriefboten bildete sich ein wei-
teres Institut aus, nämlich das der berittenen Geleit-
boten
für Passagiere, zunächst zur persönlichen Sicher-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0071" n="55"/>
»kursierten«. Diese Kaufmannszüge unterhielten einen &#x2014;<lb/><hi rendition="#g">schon durch die Messzeiten regelmässig be-<lb/>
stimmten</hi> &#x2014; Verkehr zwischen den Stapelplätzen und<lb/>
ihren Filialen, zwischen den Endpunkten der Weltrouten<lb/>
und den Angrenzern an die romanischen und slavischen<lb/>
Völker, nämlich Venedig, Bozen, Augsburg, St. Gallen,<lb/>
Zürich, Wien, Prag, Hamburg, Breslau, Magdeburg, Kölln<lb/>
an der Spree, Danzig, ferner den vier Hauptorten der<lb/>
Hansa, Lübeck, Danzig, Braunschweig und Köln und deren<lb/>
vier grosse Stapelhäfen: London, Brügge, Bergen und<lb/>
Nowgorod. Diese Besucher von Märkten und Messen<lb/>
waren die naturgemäss gegebenen Ueberbringer von Briefen<lb/>
und Neuigkeiten, die Postboten im Gewande jener Zeit.<lb/>
Damit war einerseits das <hi rendition="#g">Botenhandwerk</hi> und eine <hi rendition="#g">or-<lb/>
ganisierte</hi> Anstalt, andererseits der erste Anfang des<lb/><hi rendition="#g">Postroutensystems</hi> von selbst gegeben. Allmählich<lb/>
nämlich im 14. Jahrhundert zog nicht mehr jeder Kaufmann<lb/>
selbst zur Messe; es bildeten sich Vereinigungen mehrerer<lb/>
Kaufleute, welche sich auf die Benützung des gleichen Fuhr-<lb/>
werks und Fuhrmanns oder Korporations-Spediteurs ange-<lb/>
wiesen sahen, und für die Uebermittlung der Handels-<lb/>
Nachrichten, nach dem Vorbilde der sonstigen Korpora-<lb/>
tionsboten gemeinsame Boten aufstellten. Wie und wann<lb/>
dies geschah, liesse sich genau danach feststellen, in wel-<lb/>
chem Schritte in dem Messbesuch eine Arbeitsteilung in<lb/>
der Art eintrat, dass der einzelne Kaufmann nicht mehr<lb/>
selbst zur Messe zog, sondern genossenschaftliche Ver-<lb/>
treter abgesandt wurden. Es war dies ein Fortschritt,<lb/>
der sich schon für das 13. Jahrhundert in dem Verkehr<lb/>
zwischen den lombardischen und süddeutschen Städte-<lb/>
republiken nachweisen lässt. &#x2014;</p><lb/>
          <p>Neben diesen Fussbriefboten bildete sich ein wei-<lb/>
teres Institut aus, nämlich das der <hi rendition="#g">berittenen Geleit-<lb/>
boten</hi> für Passagiere, zunächst zur persönlichen Sicher-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[55/0071] »kursierten«. Diese Kaufmannszüge unterhielten einen — schon durch die Messzeiten regelmässig be- stimmten — Verkehr zwischen den Stapelplätzen und ihren Filialen, zwischen den Endpunkten der Weltrouten und den Angrenzern an die romanischen und slavischen Völker, nämlich Venedig, Bozen, Augsburg, St. Gallen, Zürich, Wien, Prag, Hamburg, Breslau, Magdeburg, Kölln an der Spree, Danzig, ferner den vier Hauptorten der Hansa, Lübeck, Danzig, Braunschweig und Köln und deren vier grosse Stapelhäfen: London, Brügge, Bergen und Nowgorod. Diese Besucher von Märkten und Messen waren die naturgemäss gegebenen Ueberbringer von Briefen und Neuigkeiten, die Postboten im Gewande jener Zeit. Damit war einerseits das Botenhandwerk und eine or- ganisierte Anstalt, andererseits der erste Anfang des Postroutensystems von selbst gegeben. Allmählich nämlich im 14. Jahrhundert zog nicht mehr jeder Kaufmann selbst zur Messe; es bildeten sich Vereinigungen mehrerer Kaufleute, welche sich auf die Benützung des gleichen Fuhr- werks und Fuhrmanns oder Korporations-Spediteurs ange- wiesen sahen, und für die Uebermittlung der Handels- Nachrichten, nach dem Vorbilde der sonstigen Korpora- tionsboten gemeinsame Boten aufstellten. Wie und wann dies geschah, liesse sich genau danach feststellen, in wel- chem Schritte in dem Messbesuch eine Arbeitsteilung in der Art eintrat, dass der einzelne Kaufmann nicht mehr selbst zur Messe zog, sondern genossenschaftliche Ver- treter abgesandt wurden. Es war dies ein Fortschritt, der sich schon für das 13. Jahrhundert in dem Verkehr zwischen den lombardischen und süddeutschen Städte- republiken nachweisen lässt. — Neben diesen Fussbriefboten bildete sich ein wei- teres Institut aus, nämlich das der berittenen Geleit- boten für Passagiere, zunächst zur persönlichen Sicher-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/huber_verkehr_1893
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/huber_verkehr_1893/71
Zitationshilfe: Huber, Franz C.: Die Geschichtliche Entwickelung des modernen Verkehrs. Tübingen, 1893, S. 55. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_verkehr_1893/71>, abgerufen am 06.05.2024.