Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Huber, Franz C.: Die Geschichtliche Entwickelung des modernen Verkehrs. Tübingen, 1893.

Bild:
<< vorherige Seite

Burg- und Brückenbau) -- wahrscheinlich einen Teil der
oft genannten "trinoda necessitas" und zugleich der Wehr-
pflicht bildeten für diejenigen "qui in hostem pergere non
potuerint
". Der kenntnisreiche Hartmann meint (S. 152):
"Wenn wir diese Bruchstücke (über die Vorspann- und
Herbergsfrohn) mit der Erinnerung an den römischen cursus
publicus zu einem vollkommenen Ganzen (!), zu
einem lebensvollen (!) Zusammenhang herauszubilden ver-
suchen, werden wir dann noch an dem Plane (!) Kaiser
Karls zweifeln können?" Korrekter hätte er schliessen
sollen: Etwas wesentlich anderes als diese primitive Frohn
war, trotz der Gleichheit des Namens, der spätrömische
Cursus publicus. Alle die Anordnungen der Frankenkönige
von Childerich und Dagobert bis herab zu der Ludwigs
des Frommen von 815, besagen nichts weiter, als dass die
Verpflichtung zu der -- bei dem unentwickelten Gasthaus-
wesen -- selbstverständlichen Herbergspflicht der Städte
gegen den regierenden Fürsten und dessen "missi", wie
sie namentlich unter Karl dem Grossen erwähnt wird, sowie
die Leistung des notwendigen Vorspanns eine allgemeine
Unterthanenpflicht sei. All die Schilderungen der Post-
züge Karls des Grossen sind haltlose Phantasien. Es ist
dies ähnlich, wie dem Deutschorden eine fertige Postorga-
nisation (sogar mit blauuniformierten (!) Postillionen, s. Hart-
mann S. 194) angedichtet wird: der Deutschorden hatte,
wie alle ausgebreiteten Orden, wie z. B. von den Bene-
diktinern von Cluny schon im Jahr 910 bezeugt wird, be-
rittene Boten; ebenso hat wohl Karl der Grosse solche
Leute angestellt. Aber das ist noch keine Post-Organi-
sation, kein ineinandergreifendes Postwerk; insbesondere
ermangelten für eine so kostspielige Organisation, wie der
spätrömische Cursus publicus mit seinen Mansionen, Be-
amten und Postpferden darstellte, in dem Frankenreiche
die finanziellen Mittel. Ueberdies war auch ein Bedürf-

Burg- und Brückenbau) — wahrscheinlich einen Teil der
oft genannten »trinoda necessitas« und zugleich der Wehr-
pflicht bildeten für diejenigen »qui in hostem pergere non
potuerint
«. Der kenntnisreiche Hartmann meint (S. 152):
»Wenn wir diese Bruchstücke (über die Vorspann- und
Herbergsfrohn) mit der Erinnerung an den römischen cursus
publicus zu einem vollkommenen Ganzen (!), zu
einem lebensvollen (!) Zusammenhang herauszubilden ver-
suchen, werden wir dann noch an dem Plane (!) Kaiser
Karls zweifeln können?« Korrekter hätte er schliessen
sollen: Etwas wesentlich anderes als diese primitive Frohn
war, trotz der Gleichheit des Namens, der spätrömische
Cursus publicus. Alle die Anordnungen der Frankenkönige
von Childerich und Dagobert bis herab zu der Ludwigs
des Frommen von 815, besagen nichts weiter, als dass die
Verpflichtung zu der — bei dem unentwickelten Gasthaus-
wesen — selbstverständlichen Herbergspflicht der Städte
gegen den regierenden Fürsten und dessen »missi«, wie
sie namentlich unter Karl dem Grossen erwähnt wird, sowie
die Leistung des notwendigen Vorspanns eine allgemeine
Unterthanenpflicht sei. All die Schilderungen der Post-
züge Karls des Grossen sind haltlose Phantasien. Es ist
dies ähnlich, wie dem Deutschorden eine fertige Postorga-
nisation (sogar mit blauuniformierten (!) Postillionen, s. Hart-
mann S. 194) angedichtet wird: der Deutschorden hatte,
wie alle ausgebreiteten Orden, wie z. B. von den Bene-
diktinern von Cluny schon im Jahr 910 bezeugt wird, be-
rittene Boten; ebenso hat wohl Karl der Grosse solche
Leute angestellt. Aber das ist noch keine Post-Organi-
sation, kein ineinandergreifendes Postwerk; insbesondere
ermangelten für eine so kostspielige Organisation, wie der
spätrömische Cursus publicus mit seinen Mansionen, Be-
amten und Postpferden darstellte, in dem Frankenreiche
die finanziellen Mittel. Ueberdies war auch ein Bedürf-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0064" n="48"/>
Burg- und Brückenbau) &#x2014; wahrscheinlich einen Teil der<lb/>
oft genannten »trinoda necessitas« und zugleich der Wehr-<lb/>
pflicht bildeten für diejenigen »<hi rendition="#i">qui in hostem pergere non<lb/>
potuerint</hi>«. Der kenntnisreiche Hartmann meint (S. 152):<lb/>
»Wenn wir diese Bruchstücke (über die Vorspann- und<lb/>
Herbergsfrohn) mit der Erinnerung an den römischen cursus<lb/>
publicus zu einem <hi rendition="#g">vollkommenen Ganzen</hi> (!), zu<lb/>
einem lebensvollen (!) Zusammenhang herauszubilden ver-<lb/>
suchen, werden wir dann noch an dem <hi rendition="#g">Plane</hi> (!) Kaiser<lb/>
Karls zweifeln können?« Korrekter hätte er schliessen<lb/>
sollen: Etwas wesentlich anderes als diese primitive Frohn<lb/>
war, trotz der Gleichheit des Namens, der spätrömische<lb/>
Cursus publicus. Alle die Anordnungen der Frankenkönige<lb/>
von Childerich und Dagobert bis herab zu der Ludwigs<lb/>
des Frommen von 815, besagen nichts weiter, als dass die<lb/>
Verpflichtung zu der &#x2014; bei dem unentwickelten Gasthaus-<lb/>
wesen &#x2014; selbstverständlichen Herbergspflicht der Städte<lb/>
gegen den regierenden Fürsten und dessen »missi«, wie<lb/>
sie namentlich unter Karl dem Grossen erwähnt wird, sowie<lb/>
die Leistung des notwendigen Vorspanns eine allgemeine<lb/>
Unterthanenpflicht sei. All die Schilderungen der Post-<lb/>
züge Karls des Grossen sind haltlose Phantasien. Es ist<lb/>
dies ähnlich, wie dem Deutschorden eine fertige Postorga-<lb/>
nisation (sogar mit blauuniformierten (!) Postillionen, s. Hart-<lb/>
mann S. 194) angedichtet wird: der Deutschorden hatte,<lb/>
wie alle ausgebreiteten Orden, wie z. B. von den Bene-<lb/>
diktinern von Cluny schon im Jahr 910 bezeugt wird, be-<lb/>
rittene Boten; ebenso hat wohl Karl der Grosse solche<lb/>
Leute angestellt. Aber das ist noch keine Post-Organi-<lb/>
sation, kein ineinandergreifendes Postwerk; insbesondere<lb/>
ermangelten für eine so kostspielige Organisation, wie der<lb/>
spätrömische Cursus publicus mit seinen Mansionen, Be-<lb/>
amten und Postpferden darstellte, in dem Frankenreiche<lb/>
die finanziellen Mittel. Ueberdies war auch ein <hi rendition="#g">Bedürf-<lb/></hi></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[48/0064] Burg- und Brückenbau) — wahrscheinlich einen Teil der oft genannten »trinoda necessitas« und zugleich der Wehr- pflicht bildeten für diejenigen »qui in hostem pergere non potuerint«. Der kenntnisreiche Hartmann meint (S. 152): »Wenn wir diese Bruchstücke (über die Vorspann- und Herbergsfrohn) mit der Erinnerung an den römischen cursus publicus zu einem vollkommenen Ganzen (!), zu einem lebensvollen (!) Zusammenhang herauszubilden ver- suchen, werden wir dann noch an dem Plane (!) Kaiser Karls zweifeln können?« Korrekter hätte er schliessen sollen: Etwas wesentlich anderes als diese primitive Frohn war, trotz der Gleichheit des Namens, der spätrömische Cursus publicus. Alle die Anordnungen der Frankenkönige von Childerich und Dagobert bis herab zu der Ludwigs des Frommen von 815, besagen nichts weiter, als dass die Verpflichtung zu der — bei dem unentwickelten Gasthaus- wesen — selbstverständlichen Herbergspflicht der Städte gegen den regierenden Fürsten und dessen »missi«, wie sie namentlich unter Karl dem Grossen erwähnt wird, sowie die Leistung des notwendigen Vorspanns eine allgemeine Unterthanenpflicht sei. All die Schilderungen der Post- züge Karls des Grossen sind haltlose Phantasien. Es ist dies ähnlich, wie dem Deutschorden eine fertige Postorga- nisation (sogar mit blauuniformierten (!) Postillionen, s. Hart- mann S. 194) angedichtet wird: der Deutschorden hatte, wie alle ausgebreiteten Orden, wie z. B. von den Bene- diktinern von Cluny schon im Jahr 910 bezeugt wird, be- rittene Boten; ebenso hat wohl Karl der Grosse solche Leute angestellt. Aber das ist noch keine Post-Organi- sation, kein ineinandergreifendes Postwerk; insbesondere ermangelten für eine so kostspielige Organisation, wie der spätrömische Cursus publicus mit seinen Mansionen, Be- amten und Postpferden darstellte, in dem Frankenreiche die finanziellen Mittel. Ueberdies war auch ein Bedürf-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/huber_verkehr_1893
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/huber_verkehr_1893/64
Zitationshilfe: Huber, Franz C.: Die Geschichtliche Entwickelung des modernen Verkehrs. Tübingen, 1893, S. 48. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_verkehr_1893/64>, abgerufen am 22.11.2024.