Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Huber, Franz C.: Die Geschichtliche Entwickelung des modernen Verkehrs. Tübingen, 1893.

Bild:
<< vorherige Seite

ac sub manu annuntiari cognoscique posset, quid in provincia
quaque gereretur, juvenes (d. h. Schnell- oder Wettläufer)
primo modicis intervallis per militares vias, dehinc vehi-
cula
disposuit, ut qui a loco eidem perferent literas, inter-
rogare quoque si quid res exigerent, possent
."

Diese einfache Notiz, welche doch nichts anderes
meldet, als die Einrichtung eines mit einem Kundschafter-
dienst zusammenhängenden Relaisdienstes, wurde ungeheuer
aufgebauscht.

Der sonst sehr unterrichtete Hartmann z. B. erklärt
(S. 41) auf Grund derselben Augustus zum "Reformator
der römischen Staatsposten"; dass ihm die französischen
und italienischen Schriftsteller darin folgen, versteht sich
von selbst. Und doch hätte schon der obenerwähnte Um-
stand, dass nach Augustus fast zwei Jahrhunderte vergehen,
bis von einer solchen Organisation -- die Frohnpflicht wird
allerdings öfters erwähnt -- wieder die Rede ist, dagegen unter
und nach Konstantin 320--402 es nur mit Erlassen über den Or-
donnanzdienst gleichsam "regnet", vorsichtiger machen sollen.

Noch unter den ersten Kaisern wurde, wie aus einer
Stelle des Redners Aristides ("Romes egkomion") hervorgeht,
der neue Depeschendienst als ein wesentliches Mittel der
zentralisierteren Verwaltung angesehen; der
Kaiser brauche, rühmt Aristides, wenn er etwas in Ord-
nung zu bringen habe, nicht hinzureisen; mittels Briefen
könne er alles höchst bequem leiten und regieren. Unter
Augustus aber war die Regierung bei weitem noch nicht
so zentralisiert, die Selbstständigkeit der Statthalter in
den Provinzen noch nicht so sehr beschnitten, dass ein
Bedürfnis zu einer regelmässigen Verbindung der Verwal-
tungssitze untereinander vorhanden gewesen wäre; "sie er-
hielten zwar ihre Instruktionen, konnten allenfalls nach
Ablauf ihrer Mission zur Rechenschaft gezogen werden;
sie behielten aber trotzdem, so lange als sie das Imperium

ac sub manu annuntiari cognoscique posset, quid in provincia
quaque gereretur, juvenes (d. h. Schnell- oder Wettläufer)
primo modicis intervallis per militares vias, dehinc vehi-
cula
disposuit, ut qui a loco eidem perferent literas, inter-
rogare quoque si quid res exigerent, possent

Diese einfache Notiz, welche doch nichts anderes
meldet, als die Einrichtung eines mit einem Kundschafter-
dienst zusammenhängenden Relaisdienstes, wurde ungeheuer
aufgebauscht.

Der sonst sehr unterrichtete Hartmann z. B. erklärt
(S. 41) auf Grund derselben Augustus zum »Reformator
der römischen Staatsposten«; dass ihm die französischen
und italienischen Schriftsteller darin folgen, versteht sich
von selbst. Und doch hätte schon der obenerwähnte Um-
stand, dass nach Augustus fast zwei Jahrhunderte vergehen,
bis von einer solchen Organisation — die Frohnpflicht wird
allerdings öfters erwähnt — wieder die Rede ist, dagegen unter
und nach Konstantin 320—402 es nur mit Erlassen über den Or-
donnanzdienst gleichsam »regnet«, vorsichtiger machen sollen.

Noch unter den ersten Kaisern wurde, wie aus einer
Stelle des Redners Aristides (»Ρωμης εγκωμιον«) hervorgeht,
der neue Depeschendienst als ein wesentliches Mittel der
zentralisierteren Verwaltung angesehen; der
Kaiser brauche, rühmt Aristides, wenn er etwas in Ord-
nung zu bringen habe, nicht hinzureisen; mittels Briefen
könne er alles höchst bequem leiten und regieren. Unter
Augustus aber war die Regierung bei weitem noch nicht
so zentralisiert, die Selbstständigkeit der Statthalter in
den Provinzen noch nicht so sehr beschnitten, dass ein
Bedürfnis zu einer regelmässigen Verbindung der Verwal-
tungssitze untereinander vorhanden gewesen wäre; »sie er-
hielten zwar ihre Instruktionen, konnten allenfalls nach
Ablauf ihrer Mission zur Rechenschaft gezogen werden;
sie behielten aber trotzdem, so lange als sie das Imperium

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><hi rendition="#i"><pb facs="#f0057" n="41"/>
ac sub manu annuntiari cognoscique posset, quid in provincia<lb/>
quaque gereretur, <hi rendition="#g">juvenes</hi> (d. h. Schnell- oder Wettläufer)<lb/>
primo modicis intervallis per militares vias, dehinc <hi rendition="#g">vehi-<lb/>
cula</hi> disposuit, ut qui a loco eidem perferent literas, inter-<lb/>
rogare quoque si quid res exigerent, possent</hi></p><lb/>
          <p>Diese einfache Notiz, welche doch nichts anderes<lb/>
meldet, als die Einrichtung eines mit einem Kundschafter-<lb/>
dienst zusammenhängenden Relaisdienstes, wurde ungeheuer<lb/>
aufgebauscht.</p><lb/>
          <p>Der sonst sehr unterrichtete <hi rendition="#g">Hartmann</hi> z. B. erklärt<lb/>
(S. 41) auf Grund derselben Augustus zum »<hi rendition="#g">Reformator</hi><lb/>
der römischen Staatsposten«; dass ihm die französischen<lb/>
und italienischen Schriftsteller darin folgen, versteht sich<lb/>
von selbst. Und doch hätte schon der obenerwähnte Um-<lb/>
stand, dass nach Augustus fast zwei Jahrhunderte vergehen,<lb/>
bis von einer solchen Organisation &#x2014; die Frohnpflicht wird<lb/>
allerdings öfters erwähnt &#x2014; wieder die Rede ist, dagegen unter<lb/>
und nach Konstantin 320&#x2014;402 es nur mit Erlassen über den Or-<lb/>
donnanzdienst gleichsam »regnet«, vorsichtiger machen sollen.</p><lb/>
          <p>Noch unter den ersten Kaisern wurde, wie aus einer<lb/>
Stelle des Redners Aristides (»&#x03A1;&#x03C9;&#x03BC;&#x03B7;&#x03C2; &#x03B5;&#x03B3;&#x03BA;&#x03C9;&#x03BC;&#x03B9;&#x03BF;&#x03BD;«) hervorgeht,<lb/>
der neue Depeschendienst als ein wesentliches Mittel der<lb/><hi rendition="#g">zentralisierteren Verwaltung</hi> angesehen; der<lb/>
Kaiser brauche, rühmt Aristides, wenn er etwas in Ord-<lb/>
nung zu bringen habe, nicht hinzureisen; mittels Briefen<lb/>
könne er alles höchst bequem leiten und regieren. Unter<lb/>
Augustus aber war die Regierung bei weitem noch nicht<lb/>
so zentralisiert, die Selbstständigkeit der Statthalter in<lb/>
den Provinzen noch nicht so sehr beschnitten, dass ein<lb/>
Bedürfnis zu einer regelmässigen Verbindung der Verwal-<lb/>
tungssitze untereinander vorhanden gewesen wäre; »sie er-<lb/>
hielten zwar ihre Instruktionen, konnten allenfalls nach<lb/>
Ablauf ihrer Mission zur Rechenschaft gezogen werden;<lb/>
sie behielten aber trotzdem, so lange als sie das Imperium<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[41/0057] ac sub manu annuntiari cognoscique posset, quid in provincia quaque gereretur, juvenes (d. h. Schnell- oder Wettläufer) primo modicis intervallis per militares vias, dehinc vehi- cula disposuit, ut qui a loco eidem perferent literas, inter- rogare quoque si quid res exigerent, possent.« Diese einfache Notiz, welche doch nichts anderes meldet, als die Einrichtung eines mit einem Kundschafter- dienst zusammenhängenden Relaisdienstes, wurde ungeheuer aufgebauscht. Der sonst sehr unterrichtete Hartmann z. B. erklärt (S. 41) auf Grund derselben Augustus zum »Reformator der römischen Staatsposten«; dass ihm die französischen und italienischen Schriftsteller darin folgen, versteht sich von selbst. Und doch hätte schon der obenerwähnte Um- stand, dass nach Augustus fast zwei Jahrhunderte vergehen, bis von einer solchen Organisation — die Frohnpflicht wird allerdings öfters erwähnt — wieder die Rede ist, dagegen unter und nach Konstantin 320—402 es nur mit Erlassen über den Or- donnanzdienst gleichsam »regnet«, vorsichtiger machen sollen. Noch unter den ersten Kaisern wurde, wie aus einer Stelle des Redners Aristides (»Ρωμης εγκωμιον«) hervorgeht, der neue Depeschendienst als ein wesentliches Mittel der zentralisierteren Verwaltung angesehen; der Kaiser brauche, rühmt Aristides, wenn er etwas in Ord- nung zu bringen habe, nicht hinzureisen; mittels Briefen könne er alles höchst bequem leiten und regieren. Unter Augustus aber war die Regierung bei weitem noch nicht so zentralisiert, die Selbstständigkeit der Statthalter in den Provinzen noch nicht so sehr beschnitten, dass ein Bedürfnis zu einer regelmässigen Verbindung der Verwal- tungssitze untereinander vorhanden gewesen wäre; »sie er- hielten zwar ihre Instruktionen, konnten allenfalls nach Ablauf ihrer Mission zur Rechenschaft gezogen werden; sie behielten aber trotzdem, so lange als sie das Imperium

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/huber_verkehr_1893
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/huber_verkehr_1893/57
Zitationshilfe: Huber, Franz C.: Die Geschichtliche Entwickelung des modernen Verkehrs. Tübingen, 1893, S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_verkehr_1893/57>, abgerufen am 25.11.2024.