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Huber, Franz C.: Die Geschichtliche Entwickelung des modernen Verkehrs. Tübingen, 1893.

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förderung der Regierungs-Depeschen, daneben auch schon
Relais ("dispositi equi") zur Beschleunigung besonders eiliger
Reisen benützt worden. Kaiser Augustus nun gieng einen
Schritt weiter und erhob, wie es bei der Erweiterung der
Reichsgrenze und der intensiveren Zentralisierung nahe lag,
den Gebrauch des nur in Notfällen angewandten Pferde-
wechsels zur Regel, indem er nach einem bestimmten Plan
und System Relais für die Hof-Kuriere legte. Diese An-
stalt des Kaisers Augustus jedoch, welche man als die
Grundlage der römischen Reichspost bezeichnet, war
wesentlich etwas anderes als die des 4. Jahrhunderts. Die
verbreitete Annahme, als sei die römische Reichspost zu
Augustus Zeiten so ausgebildet gewesen, als etwa in den
Tagen Konstantins, ist -- wir dürfen wohl nochmals darauf
exemplifizieren -- ebenso im Widerspruch mit den That-
sachen, wie die allgemeine Vorstellung von dem rö-
mischen Strassenwesen: alle möglichen Passübergänge und
Militärstrassen wurden noch vor Kurzem auf Augustus 1)

ist. Ausserdem kann ich auf die eingehenderen Schilderungen in Raumers
"Historischem Taschenbuch" von 1868, S. 66, 81--131 (von Dr. Stephan);
bei Delmati S. 7--13, Lopez Licata S. 12--20, Friedländer,
Berger
u. s. w. Bezug nehmen.
1) Ferner wird die Post-Einrichtung des Augustus als eine blosse Nach-
ahmung
des persischen Vorbildes angesehen (so z. B. von Stephan, oder
Ritter, "Reichspost der römischen Kaiser", Berlin 1880 S. 11). Mir ist
diese Annahme schon nach dem (kärglichen) Berichte Suetons, noch mehr
aber nach den Evolutionsgesetzen unwahrscheinlich, welchen jedes Verkehrs-
Institut untersteht: hat einmal ein Volk eine gewisse Grenze der Kultur und
das Reich einen grösseren Umfang erreicht, dann ist ein Staffettendienst not-
wendig, aber auch, wie man z. B. an der altchinesischen und altmexikanischen
Post verfolgen kann, vorhanden, ohne dass überhaupt die Einrichtung der
Perser bekannt zu sein braucht.
Sodann verdient die Inschrift auf einer zu Olympia vor zwei Jahr-
zehnten aufgefundenen Statue Beachtung; dieselbe feiert nämlich Philonides,
den Sieger bei den Olympischen Spielen und Briefboten Alexanders (des
Grossen) als "Durchschreiter Asiens". Darnach scheint Alexander die ihm
von Griechenland her gewohnten Läufer (Hämerodromen) den persischen
Reitkurieren vorgezogen zu haben. Nach alldem entspricht die Zurück-

förderung der Regierungs-Depeschen, daneben auch schon
Relais (»dispositi equi«) zur Beschleunigung besonders eiliger
Reisen benützt worden. Kaiser Augustus nun gieng einen
Schritt weiter und erhob, wie es bei der Erweiterung der
Reichsgrenze und der intensiveren Zentralisierung nahe lag,
den Gebrauch des nur in Notfällen angewandten Pferde-
wechsels zur Regel, indem er nach einem bestimmten Plan
und System Relais für die Hof-Kuriere legte. Diese An-
stalt des Kaisers Augustus jedoch, welche man als die
Grundlage der römischen Reichspost bezeichnet, war
wesentlich etwas anderes als die des 4. Jahrhunderts. Die
verbreitete Annahme, als sei die römische Reichspost zu
Augustus Zeiten so ausgebildet gewesen, als etwa in den
Tagen Konstantins, ist — wir dürfen wohl nochmals darauf
exemplifizieren — ebenso im Widerspruch mit den That-
sachen, wie die allgemeine Vorstellung von dem rö-
mischen Strassenwesen: alle möglichen Passübergänge und
Militärstrassen wurden noch vor Kurzem auf Augustus 1)

ist. Ausserdem kann ich auf die eingehenderen Schilderungen in Raumers
»Historischem Taschenbuch« von 1868, S. 66, 81—131 (von Dr. Stephan);
bei Delmati S. 7—13, Lopez Licata S. 12—20, Friedländer,
Berger
u. s. w. Bezug nehmen.
1) Ferner wird die Post-Einrichtung des Augustus als eine blosse Nach-
ahmung
des persischen Vorbildes angesehen (so z. B. von Stephan, oder
Ritter, »Reichspost der römischen Kaiser«, Berlin 1880 S. 11). Mir ist
diese Annahme schon nach dem (kärglichen) Berichte Suetons, noch mehr
aber nach den Evolutionsgesetzen unwahrscheinlich, welchen jedes Verkehrs-
Institut untersteht: hat einmal ein Volk eine gewisse Grenze der Kultur und
das Reich einen grösseren Umfang erreicht, dann ist ein Staffettendienst not-
wendig, aber auch, wie man z. B. an der altchinesischen und altmexikanischen
Post verfolgen kann, vorhanden, ohne dass überhaupt die Einrichtung der
Perser bekannt zu sein braucht.
Sodann verdient die Inschrift auf einer zu Olympia vor zwei Jahr-
zehnten aufgefundenen Statue Beachtung; dieselbe feiert nämlich Philonides,
den Sieger bei den Olympischen Spielen und Briefboten Alexanders (des
Grossen) als »Durchschreiter Asiens«. Darnach scheint Alexander die ihm
von Griechenland her gewohnten Läufer (Hämerodromen) den persischen
Reitkurieren vorgezogen zu haben. Nach alldem entspricht die Zurück-
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[34/0050] förderung der Regierungs-Depeschen, daneben auch schon Relais (»dispositi equi«) zur Beschleunigung besonders eiliger Reisen benützt worden. Kaiser Augustus nun gieng einen Schritt weiter und erhob, wie es bei der Erweiterung der Reichsgrenze und der intensiveren Zentralisierung nahe lag, den Gebrauch des nur in Notfällen angewandten Pferde- wechsels zur Regel, indem er nach einem bestimmten Plan und System Relais für die Hof-Kuriere legte. Diese An- stalt des Kaisers Augustus jedoch, welche man als die Grundlage der römischen Reichspost bezeichnet, war wesentlich etwas anderes als die des 4. Jahrhunderts. Die verbreitete Annahme, als sei die römische Reichspost zu Augustus Zeiten so ausgebildet gewesen, als etwa in den Tagen Konstantins, ist — wir dürfen wohl nochmals darauf exemplifizieren — ebenso im Widerspruch mit den That- sachen, wie die allgemeine Vorstellung von dem rö- mischen Strassenwesen: alle möglichen Passübergänge und Militärstrassen wurden noch vor Kurzem auf Augustus 1) 1) 1) Ferner wird die Post-Einrichtung des Augustus als eine blosse Nach- ahmung des persischen Vorbildes angesehen (so z. B. von Stephan, oder Ritter, »Reichspost der römischen Kaiser«, Berlin 1880 S. 11). Mir ist diese Annahme schon nach dem (kärglichen) Berichte Suetons, noch mehr aber nach den Evolutionsgesetzen unwahrscheinlich, welchen jedes Verkehrs- Institut untersteht: hat einmal ein Volk eine gewisse Grenze der Kultur und das Reich einen grösseren Umfang erreicht, dann ist ein Staffettendienst not- wendig, aber auch, wie man z. B. an der altchinesischen und altmexikanischen Post verfolgen kann, vorhanden, ohne dass überhaupt die Einrichtung der Perser bekannt zu sein braucht. Sodann verdient die Inschrift auf einer zu Olympia vor zwei Jahr- zehnten aufgefundenen Statue Beachtung; dieselbe feiert nämlich Philonides, den Sieger bei den Olympischen Spielen und Briefboten Alexanders (des Grossen) als »Durchschreiter Asiens«. Darnach scheint Alexander die ihm von Griechenland her gewohnten Läufer (Hämerodromen) den persischen Reitkurieren vorgezogen zu haben. Nach alldem entspricht die Zurück- 1) ist. Ausserdem kann ich auf die eingehenderen Schilderungen in Raumers »Historischem Taschenbuch« von 1868, S. 66, 81—131 (von Dr. Stephan); bei Delmati S. 7—13, Lopez Licata S. 12—20, Friedländer, Berger u. s. w. Bezug nehmen.

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Zitationshilfe: Huber, Franz C.: Die Geschichtliche Entwickelung des modernen Verkehrs. Tübingen, 1893, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_verkehr_1893/50>, abgerufen am 28.03.2024.