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Huber, Franz C.: Die Geschichtliche Entwickelung des modernen Verkehrs. Tübingen, 1893.

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die Information an Ort und Stelle, der persönliche Inkasso
wird mit dem Aufkommen der Post immer weniger not-
wendig: der regelmässige Gang der Korrespondenz, die all-
gemeinen Markt- und Kursberichte, der Wechselverkehr 1)
machen die früher notwendigen Reisen zum grossen Teil
überflüssig; für die Waren-Vermittelung ist der persönliche
Verkehr nicht mehr in dem Grade oder überhaupt nicht
erforderlich, und reicht der briefliche Verkehr aus. Und
dies verwirklicht sich wie für die Handelsbeziehungen, in
gleichem Masse auch für den Militär- und Verwaltungsdienst.

Nun kann doch diese ganz verschiedenartige Funktion
und Wirkung nicht dem gleichen Institute angehören; aber
trotzdem wird auch die primitive Einrichtung fast überall
mit den gleichen Namen "Post" bezeichnet, wie die mo-
derne Organisation. Demungeachtet nehmen die "Anales"
Licata, Lopez, Delmati, Belloc ("Les postes francaises"
1876 S. XI.) u. a. an, es habe in Aegypten, Indien, Grie-
chenland wenigstens eine "primitive", im Perserreich eine
voll organisierte Post bestanden. Dies können sie nur
deshalb, weil sie unbewusst, oder ausdrücklich davon
ausgehen, dass der Ursprung der Post innig mit dem-
jenigen schon des Staates und der blossen Tausch-
wirtschaft
verbunden sei; Belloc adoptierte förmlich
diese schiefe Auffassung des (1807 verstorbenen National-
ökonomen) Posselt, und das eben ist ein Ausgangs-
punkt, der ebenso im Widerspruch mit dem Wesen der
Post als mit ihrer geschichtlichen Entwickelung steht.

1) "Was der Handelsmann", sagt Roth in seiner Geschichte des Nürn-
bergischen Handels, 1801, IV. Bd. S. 280, "bisher nur durch persönliche
Reisen oder durch Absendung zuverlässigen Handelsdienern oder durch den
Dienst besoldeter Boten bewirken und besorgen konnte, das konnte er nun
durch Kommissionen ausrichten, und die Bezahlung der grössten
Summen, auch in der weitesten Ferne, durch Wechselbriefe ausführen."

die Information an Ort und Stelle, der persönliche Inkasso
wird mit dem Aufkommen der Post immer weniger not-
wendig: der regelmässige Gang der Korrespondenz, die all-
gemeinen Markt- und Kursberichte, der Wechselverkehr 1)
machen die früher notwendigen Reisen zum grossen Teil
überflüssig; für die Waren-Vermittelung ist der persönliche
Verkehr nicht mehr in dem Grade oder überhaupt nicht
erforderlich, und reicht der briefliche Verkehr aus. Und
dies verwirklicht sich wie für die Handelsbeziehungen, in
gleichem Masse auch für den Militär- und Verwaltungsdienst.

Nun kann doch diese ganz verschiedenartige Funktion
und Wirkung nicht dem gleichen Institute angehören; aber
trotzdem wird auch die primitive Einrichtung fast überall
mit den gleichen Namen »Post« bezeichnet, wie die mo-
derne Organisation. Demungeachtet nehmen die »Anales«
Licata, Lopez, Delmati, Belloc (»Les postes françaises«
1876 S. XI.) u. a. an, es habe in Aegypten, Indien, Grie-
chenland wenigstens eine »primitive«, im Perserreich eine
voll organisierte Post bestanden. Dies können sie nur
deshalb, weil sie unbewusst, oder ausdrücklich davon
ausgehen, dass der Ursprung der Post innig mit dem-
jenigen schon des Staates und der blossen Tausch-
wirtschaft
verbunden sei; Belloc adoptierte förmlich
diese schiefe Auffassung des (1807 verstorbenen National-
ökonomen) Posselt, und das eben ist ein Ausgangs-
punkt, der ebenso im Widerspruch mit dem Wesen der
Post als mit ihrer geschichtlichen Entwickelung steht.

1) »Was der Handelsmann«, sagt Roth in seiner Geschichte des Nürn-
bergischen Handels, 1801, IV. Bd. S. 280, »bisher nur durch persönliche
Reisen oder durch Absendung zuverlässigen Handelsdienern oder durch den
Dienst besoldeter Boten bewirken und besorgen konnte, das konnte er nun
durch Kommissionen ausrichten, und die Bezahlung der grössten
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[31/0047] die Information an Ort und Stelle, der persönliche Inkasso wird mit dem Aufkommen der Post immer weniger not- wendig: der regelmässige Gang der Korrespondenz, die all- gemeinen Markt- und Kursberichte, der Wechselverkehr 1) machen die früher notwendigen Reisen zum grossen Teil überflüssig; für die Waren-Vermittelung ist der persönliche Verkehr nicht mehr in dem Grade oder überhaupt nicht erforderlich, und reicht der briefliche Verkehr aus. Und dies verwirklicht sich wie für die Handelsbeziehungen, in gleichem Masse auch für den Militär- und Verwaltungsdienst. Nun kann doch diese ganz verschiedenartige Funktion und Wirkung nicht dem gleichen Institute angehören; aber trotzdem wird auch die primitive Einrichtung fast überall mit den gleichen Namen »Post« bezeichnet, wie die mo- derne Organisation. Demungeachtet nehmen die »Anales« Licata, Lopez, Delmati, Belloc (»Les postes françaises« 1876 S. XI.) u. a. an, es habe in Aegypten, Indien, Grie- chenland wenigstens eine »primitive«, im Perserreich eine voll organisierte Post bestanden. Dies können sie nur deshalb, weil sie unbewusst, oder ausdrücklich davon ausgehen, dass der Ursprung der Post innig mit dem- jenigen schon des Staates und der blossen Tausch- wirtschaft verbunden sei; Belloc adoptierte förmlich diese schiefe Auffassung des (1807 verstorbenen National- ökonomen) Posselt, und das eben ist ein Ausgangs- punkt, der ebenso im Widerspruch mit dem Wesen der Post als mit ihrer geschichtlichen Entwickelung steht. 1) »Was der Handelsmann«, sagt Roth in seiner Geschichte des Nürn- bergischen Handels, 1801, IV. Bd. S. 280, »bisher nur durch persönliche Reisen oder durch Absendung zuverlässigen Handelsdienern oder durch den Dienst besoldeter Boten bewirken und besorgen konnte, das konnte er nun durch Kommissionen ausrichten, und die Bezahlung der grössten Summen, auch in der weitesten Ferne, durch Wechselbriefe ausführen.«

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Zitationshilfe: Huber, Franz C.: Die Geschichtliche Entwickelung des modernen Verkehrs. Tübingen, 1893, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_verkehr_1893/47>, abgerufen am 23.04.2024.