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Huber, Franz C.: Die Geschichtliche Entwickelung des modernen Verkehrs. Tübingen, 1893.

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aber auch "pour tout le monde", für den allgemeinen Markt
produziert werden; der erste Besteller ist der Kriegsherr,
ihm folgt der Handelsherr, der für seine Spekulationen einer
raschen Beförderung der Nachrichten über Konjunkturen
und Preise bedarf. Zunächst lohnt sich die Ueberbringung
von Meldungen nur bei aussergewöhnlich ernstem Anlass;
in der Folge sind auch minderwichtige, später sogar die
alltäglichen Vorkommnisse von Interesse für beide Teile.
Damit erweitern sich immer mehr die "Konsumenten-
Kreise"; nur ist dort, wo sich ein Bedürfnis nicht mehr bloss
für Alarm- und Handels-Nachrichten, sondern auch für eine
regelmässige Verbindung einstellt, die Voraussetzung die,
dass die innere Verwaltung und der Handelsverkehr sich
konsolidiert, das politische und soziale Zusammengewachsen-
sein des Volkes sich befestigt, der allgemeine Verkehr und
die allgemeine Bildung schon eine entsprechende Höhe er-
klommen hat.

Die aufgezählten, einander organisch bedingenden ein-
zelnen Bestandteile und die wirtschaftlichen Vorausetzungen,
an welche eine derartige Einrichtung gebunden ist, sollten
die feste Richtschnur für die Zusammenfassung der neueren
Forschungs-Ergebnisse bilden. Es handelt sich hier um
einen gemeinwirtschaftlichen Grossbetrieb, dessen Wirken,
weil im gesellschaftlichen Leben wurzelnd, keine greifbaren
Spuren hinterlassen kann. Ein direkter Urkundenbeweis
ist für die ersten Anfänge, wo die Massenbewältigung noch
sehr bescheiden funktioniert, nicht gegeben; selbst wo die
Worte "Post" gebraucht werden, und das Vorhandensein
einer Posteinrichtung scheinbar urkundlich belegt ist, selbst
da ist nur ein Indizienbeweis, nur eine Rekonstruktion mög-
lich, für welche die jeweilige Gesamtlage des Erwerbslebens
oft noch massgebender ist, als die eine oder andere Urkunde.

Als Beispiel dafür, wie ich eine solche Rekonstruktion
verstehe, kann ich die Zeit um die Wende des 15. Jahrh.

aber auch »pour tout le monde«, für den allgemeinen Markt
produziert werden; der erste Besteller ist der Kriegsherr,
ihm folgt der Handelsherr, der für seine Spekulationen einer
raschen Beförderung der Nachrichten über Konjunkturen
und Preise bedarf. Zunächst lohnt sich die Ueberbringung
von Meldungen nur bei aussergewöhnlich ernstem Anlass;
in der Folge sind auch minderwichtige, später sogar die
alltäglichen Vorkommnisse von Interesse für beide Teile.
Damit erweitern sich immer mehr die »Konsumenten-
Kreise«; nur ist dort, wo sich ein Bedürfnis nicht mehr bloss
für Alarm- und Handels-Nachrichten, sondern auch für eine
regelmässige Verbindung einstellt, die Voraussetzung die,
dass die innere Verwaltung und der Handelsverkehr sich
konsolidiert, das politische und soziale Zusammengewachsen-
sein des Volkes sich befestigt, der allgemeine Verkehr und
die allgemeine Bildung schon eine entsprechende Höhe er-
klommen hat.

Die aufgezählten, einander organisch bedingenden ein-
zelnen Bestandteile und die wirtschaftlichen Vorausetzungen,
an welche eine derartige Einrichtung gebunden ist, sollten
die feste Richtschnur für die Zusammenfassung der neueren
Forschungs-Ergebnisse bilden. Es handelt sich hier um
einen gemeinwirtschaftlichen Grossbetrieb, dessen Wirken,
weil im gesellschaftlichen Leben wurzelnd, keine greifbaren
Spuren hinterlassen kann. Ein direkter Urkundenbeweis
ist für die ersten Anfänge, wo die Massenbewältigung noch
sehr bescheiden funktioniert, nicht gegeben; selbst wo die
Worte »Post« gebraucht werden, und das Vorhandensein
einer Posteinrichtung scheinbar urkundlich belegt ist, selbst
da ist nur ein Indizienbeweis, nur eine Rekonstruktion mög-
lich, für welche die jeweilige Gesamtlage des Erwerbslebens
oft noch massgebender ist, als die eine oder andere Urkunde.

Als Beispiel dafür, wie ich eine solche Rekonstruktion
verstehe, kann ich die Zeit um die Wende des 15. Jahrh.

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[23/0039] aber auch »pour tout le monde«, für den allgemeinen Markt produziert werden; der erste Besteller ist der Kriegsherr, ihm folgt der Handelsherr, der für seine Spekulationen einer raschen Beförderung der Nachrichten über Konjunkturen und Preise bedarf. Zunächst lohnt sich die Ueberbringung von Meldungen nur bei aussergewöhnlich ernstem Anlass; in der Folge sind auch minderwichtige, später sogar die alltäglichen Vorkommnisse von Interesse für beide Teile. Damit erweitern sich immer mehr die »Konsumenten- Kreise«; nur ist dort, wo sich ein Bedürfnis nicht mehr bloss für Alarm- und Handels-Nachrichten, sondern auch für eine regelmässige Verbindung einstellt, die Voraussetzung die, dass die innere Verwaltung und der Handelsverkehr sich konsolidiert, das politische und soziale Zusammengewachsen- sein des Volkes sich befestigt, der allgemeine Verkehr und die allgemeine Bildung schon eine entsprechende Höhe er- klommen hat. Die aufgezählten, einander organisch bedingenden ein- zelnen Bestandteile und die wirtschaftlichen Vorausetzungen, an welche eine derartige Einrichtung gebunden ist, sollten die feste Richtschnur für die Zusammenfassung der neueren Forschungs-Ergebnisse bilden. Es handelt sich hier um einen gemeinwirtschaftlichen Grossbetrieb, dessen Wirken, weil im gesellschaftlichen Leben wurzelnd, keine greifbaren Spuren hinterlassen kann. Ein direkter Urkundenbeweis ist für die ersten Anfänge, wo die Massenbewältigung noch sehr bescheiden funktioniert, nicht gegeben; selbst wo die Worte »Post« gebraucht werden, und das Vorhandensein einer Posteinrichtung scheinbar urkundlich belegt ist, selbst da ist nur ein Indizienbeweis, nur eine Rekonstruktion mög- lich, für welche die jeweilige Gesamtlage des Erwerbslebens oft noch massgebender ist, als die eine oder andere Urkunde. Als Beispiel dafür, wie ich eine solche Rekonstruktion verstehe, kann ich die Zeit um die Wende des 15. Jahrh.

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Zitationshilfe: Huber, Franz C.: Die Geschichtliche Entwickelung des modernen Verkehrs. Tübingen, 1893, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_verkehr_1893/39>, abgerufen am 19.04.2024.