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Huber, Franz C.: Die Geschichtliche Entwickelung des modernen Verkehrs. Tübingen, 1893.

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Postorganisation. Noch mehr als irgend ein anderes
Verkehrsinstitut unterliegt sie den Gesetzen eines Heraus-
wachsens auf organischem Wege; gemäss diesen Evolu-
tions-Gesetzen werden überall zuerst lediglich Berufs-Boten
angestellt, später Relais-Stationen für den Pferdewechsel
gelegt: das bedeutet aber noch lange nicht eine Post-Or-
ganisation
; erst von Stufe zu Stufe, nach langen Zwi-
schenräumen kommt das eine oder andere wesentliche Merk-
mal der heutigen Post hinzu.

Die Post der obengenannten Herrscher war -- unbe-
schadet ihrer sonstigen thatkräftigen und schöpferischen Ini-
tiative -- keine Post in dem Sinne, als das Wort heutzutage
für jene Zeit verwertet wird. Der primitive militärische Staf-
fettendienst des Kaisers Augustus z. B. fusst auf der uralten
Verpflichtung zur Aushilfe in augenblicklich dring-
ender Not,
auf der Pflicht der Unterthanen und Adjazenten
hiezu gegenüber dem Reichsoberhaupt und seinen
Kommissären, (wie später bei dringenden Reisen der Reichs-
herolde, der "missi" Karls d. Gr.)

Ueberhaupt gelangte das Altertum, und zwar bloss im
Perser- und Römerreich, nicht weiter, als zu dem System
der stationsweisen Unterlegung frischer Pferde und der Auf-
stellung besonderer Reitboten, wodurch für die jeweils an-
fallenden wichtigen Staatsdepeschen eine Beschleunigung
des Fernverkehrs erzielt wurde.

Es war dies ein sehr grosser Fortschritt, wie man am
besten an der Bewunderung ermessen kann, welche der
persische Ordonnanzdienst bei Xenophon, Herodot und Ari-
stoteles gefunden hat, (die Rapporte von Sardes bis Susa
brauchten nur 5--7 Tage, während ein Fussgänger das
15fache hiezu benötigte.) Nur bedeutet dieser Relaisdienst
erst den schüchternen Anfang zu einer Postorganisation im
modernen Sinn, aber noch lange nicht die Post selbst. --

Es ist dies nicht etwa eine kleinliche Unterscheidung,

Postorganisation. Noch mehr als irgend ein anderes
Verkehrsinstitut unterliegt sie den Gesetzen eines Heraus-
wachsens auf organischem Wege; gemäss diesen Evolu-
tions-Gesetzen werden überall zuerst lediglich Berufs-Boten
angestellt, später Relais-Stationen für den Pferdewechsel
gelegt: das bedeutet aber noch lange nicht eine Post-Or-
ganisation
; erst von Stufe zu Stufe, nach langen Zwi-
schenräumen kommt das eine oder andere wesentliche Merk-
mal der heutigen Post hinzu.

Die Post der obengenannten Herrscher war — unbe-
schadet ihrer sonstigen thatkräftigen und schöpferischen Ini-
tiative — keine Post in dem Sinne, als das Wort heutzutage
für jene Zeit verwertet wird. Der primitive militärische Staf-
fettendienst des Kaisers Augustus z. B. fusst auf der uralten
Verpflichtung zur Aushilfe in augenblicklich dring-
ender Not,
auf der Pflicht der Unterthanen und Adjazenten
hiezu gegenüber dem Reichsoberhaupt und seinen
Kommissären, (wie später bei dringenden Reisen der Reichs-
herolde, der »missi« Karls d. Gr.)

Ueberhaupt gelangte das Altertum, und zwar bloss im
Perser- und Römerreich, nicht weiter, als zu dem System
der stationsweisen Unterlegung frischer Pferde und der Auf-
stellung besonderer Reitboten, wodurch für die jeweils an-
fallenden wichtigen Staatsdepeschen eine Beschleunigung
des Fernverkehrs erzielt wurde.

Es war dies ein sehr grosser Fortschritt, wie man am
besten an der Bewunderung ermessen kann, welche der
persische Ordonnanzdienst bei Xenophon, Herodot und Ari-
stoteles gefunden hat, (die Rapporte von Sardes bis Susa
brauchten nur 5—7 Tage, während ein Fussgänger das
15fache hiezu benötigte.) Nur bedeutet dieser Relaisdienst
erst den schüchternen Anfang zu einer Postorganisation im
modernen Sinn, aber noch lange nicht die Post selbst. —

Es ist dies nicht etwa eine kleinliche Unterscheidung,

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[20/0036] Postorganisation. Noch mehr als irgend ein anderes Verkehrsinstitut unterliegt sie den Gesetzen eines Heraus- wachsens auf organischem Wege; gemäss diesen Evolu- tions-Gesetzen werden überall zuerst lediglich Berufs-Boten angestellt, später Relais-Stationen für den Pferdewechsel gelegt: das bedeutet aber noch lange nicht eine Post-Or- ganisation; erst von Stufe zu Stufe, nach langen Zwi- schenräumen kommt das eine oder andere wesentliche Merk- mal der heutigen Post hinzu. Die Post der obengenannten Herrscher war — unbe- schadet ihrer sonstigen thatkräftigen und schöpferischen Ini- tiative — keine Post in dem Sinne, als das Wort heutzutage für jene Zeit verwertet wird. Der primitive militärische Staf- fettendienst des Kaisers Augustus z. B. fusst auf der uralten Verpflichtung zur Aushilfe in augenblicklich dring- ender Not, auf der Pflicht der Unterthanen und Adjazenten hiezu gegenüber dem Reichsoberhaupt und seinen Kommissären, (wie später bei dringenden Reisen der Reichs- herolde, der »missi« Karls d. Gr.) Ueberhaupt gelangte das Altertum, und zwar bloss im Perser- und Römerreich, nicht weiter, als zu dem System der stationsweisen Unterlegung frischer Pferde und der Auf- stellung besonderer Reitboten, wodurch für die jeweils an- fallenden wichtigen Staatsdepeschen eine Beschleunigung des Fernverkehrs erzielt wurde. Es war dies ein sehr grosser Fortschritt, wie man am besten an der Bewunderung ermessen kann, welche der persische Ordonnanzdienst bei Xenophon, Herodot und Ari- stoteles gefunden hat, (die Rapporte von Sardes bis Susa brauchten nur 5—7 Tage, während ein Fussgänger das 15fache hiezu benötigte.) Nur bedeutet dieser Relaisdienst erst den schüchternen Anfang zu einer Postorganisation im modernen Sinn, aber noch lange nicht die Post selbst. — Es ist dies nicht etwa eine kleinliche Unterscheidung,

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Zitationshilfe: Huber, Franz C.: Die Geschichtliche Entwickelung des modernen Verkehrs. Tübingen, 1893, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_verkehr_1893/36>, abgerufen am 23.04.2024.