Ihrem Wesen nach sind die Verkehrsanstalten ein Spie- gelbild einerseits der sozialen und politischen Einheit eines Staates, andererseits der Gemeinsamkeit und Zusammen- fassung des Bedürfens und der Interessen des Volkes. Spe- ziell die erste Einführung eines (regelmässigen) Postdienstes (aber auch dessen Rentabilität), hat eine derartige politische und soziale Einheit, und dementsprechend das Vorhanden- sein eines Bedürfnisses für die Unterhaltung einer ununter- brochenen ständigen Verkehrs-Verbindung zwischen den beiden Endpunkten zur naturgemässen Voraussetzung.
Aus diesem allmählich sich steigernden (Verkehrs-)Be- dürfnis wächst die Post-Einrichtung organisch empor; so wenig als irgend ein anderer Verkehrs-Hebel, ebensowenig kann sie von eines Menschen Geist erfunden oder künstlich geschaffen werden.
Zu Anfang des 18. Jahrh. schrieb zu den Jahrhunderte währenden Taxis'schen Prozessen der Autor der "Donau- wörth'schen Information": "Wenn man ad incunabula des heutigen Postwesens gehen will, so muss man nicht ad Bartolum et Baldum, oder auf die Zeiten Julii Caesaris und Tiberii zurückgehen. Unter dem Deckmantel der Rö- mischen und Longobardischen Post-Weise ist viel Lärmens und Streitens, welche auch die berühmtesten Männer inein- ander hineingeworfen, und durch dieses Gemenge, ein so grosses Gewirre erregt haben." Das gleiche, was vor bald zwei Jahrhunderten bei dem erregten Interessenkampf, das gilt auch heute noch. Auch die neueren Schriftsteller machen immer noch "viel Lärmens" von den Anfängen, den "incunabula" der römischen oder Taxis'schen Post, legen aber damit nur ein Zeugnis dafür ab, dass sie das Wesen eines volkswirtschaftlichen Instituts oder Verkehrs- Hebels im allgemeinen, wie speziell dasjenige der Post noch nicht erfasst haben.
Schon gemäss der wirtschaftlichen Natur der Post
Ihrem Wesen nach sind die Verkehrsanstalten ein Spie- gelbild einerseits der sozialen und politischen Einheit eines Staates, andererseits der Gemeinsamkeit und Zusammen- fassung des Bedürfens und der Interessen des Volkes. Spe- ziell die erste Einführung eines (regelmässigen) Postdienstes (aber auch dessen Rentabilität), hat eine derartige politische und soziale Einheit, und dementsprechend das Vorhanden- sein eines Bedürfnisses für die Unterhaltung einer ununter- brochenen ständigen Verkehrs-Verbindung zwischen den beiden Endpunkten zur naturgemässen Voraussetzung.
Aus diesem allmählich sich steigernden (Verkehrs-)Be- dürfnis wächst die Post-Einrichtung organisch empor; so wenig als irgend ein anderer Verkehrs-Hebel, ebensowenig kann sie von eines Menschen Geist erfunden oder künstlich geschaffen werden.
Zu Anfang des 18. Jahrh. schrieb zu den Jahrhunderte währenden Taxis’schen Prozessen der Autor der »Donau- wörth’schen Information«: »Wenn man ad incunabula des heutigen Postwesens gehen will, so muss man nicht ad Bartolum et Baldum, oder auf die Zeiten Julii Caesaris und Tiberii zurückgehen. Unter dem Deckmantel der Rö- mischen und Longobardischen Post-Weise ist viel Lärmens und Streitens, welche auch die berühmtesten Männer inein- ander hineingeworfen, und durch dieses Gemenge, ein so grosses Gewirre erregt haben.« Das gleiche, was vor bald zwei Jahrhunderten bei dem erregten Interessenkampf, das gilt auch heute noch. Auch die neueren Schriftsteller machen immer noch »viel Lärmens« von den Anfängen, den »incunabula« der römischen oder Taxis’schen Post, legen aber damit nur ein Zeugnis dafür ab, dass sie das Wesen eines volkswirtschaftlichen Instituts oder Verkehrs- Hebels im allgemeinen, wie speziell dasjenige der Post noch nicht erfasst haben.
Schon gemäss der wirtschaftlichen Natur der Post
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0032"n="16"/><p>Ihrem Wesen nach sind die Verkehrsanstalten ein Spie-<lb/>
gelbild einerseits der sozialen und politischen Einheit eines<lb/>
Staates, andererseits der Gemeinsamkeit und Zusammen-<lb/>
fassung des Bedürfens und der Interessen des Volkes. Spe-<lb/>
ziell die erste Einführung eines (regelmässigen) Postdienstes<lb/>
(aber auch dessen Rentabilität), hat eine derartige politische<lb/>
und soziale Einheit, und dementsprechend das Vorhanden-<lb/>
sein eines Bedürfnisses für die Unterhaltung einer ununter-<lb/>
brochenen ständigen Verkehrs-Verbindung zwischen den<lb/>
beiden Endpunkten zur naturgemässen Voraussetzung.</p><lb/><p>Aus diesem allmählich sich steigernden (Verkehrs-)Be-<lb/>
dürfnis wächst die Post-Einrichtung organisch empor; so<lb/>
wenig als irgend ein anderer Verkehrs-Hebel, ebensowenig<lb/>
kann sie von eines Menschen Geist erfunden oder künstlich<lb/>
geschaffen werden.</p><lb/><p>Zu Anfang des 18. Jahrh. schrieb zu den Jahrhunderte<lb/>
währenden Taxis’schen Prozessen der Autor der »Donau-<lb/>
wörth’schen Information«: »<hirendition="#i">Wenn man ad <hirendition="#g">incunabula</hi><lb/>
des heutigen Postwesens gehen will, so muss man nicht ad<lb/>
Bartolum et Baldum, oder auf die Zeiten Julii Caesaris<lb/>
und Tiberii zurückgehen. Unter dem Deckmantel der Rö-<lb/>
mischen und Longobardischen Post-Weise ist viel Lärmens<lb/>
und Streitens, welche auch die berühmtesten Männer inein-<lb/>
ander hineingeworfen, und durch dieses Gemenge, ein so<lb/>
grosses Gewirre erregt haben.</hi>« Das gleiche, was vor bald<lb/>
zwei Jahrhunderten bei dem erregten Interessenkampf, das<lb/>
gilt auch heute noch. Auch die neueren Schriftsteller<lb/>
machen immer noch »viel Lärmens« von den Anfängen,<lb/>
den »incunabula« der römischen oder Taxis’schen Post,<lb/>
legen aber damit nur ein Zeugnis dafür ab, dass sie das<lb/>
Wesen eines volkswirtschaftlichen Instituts oder <hirendition="#g">Verkehrs-<lb/>
Hebels im allgemeinen,</hi> wie <hirendition="#g">speziell dasjenige<lb/>
der Post</hi> noch nicht erfasst haben.</p><lb/><p>Schon gemäss der <hirendition="#g">wirtschaftlichen Natur</hi> der Post<lb/></p></div></body></text></TEI>
[16/0032]
Ihrem Wesen nach sind die Verkehrsanstalten ein Spie-
gelbild einerseits der sozialen und politischen Einheit eines
Staates, andererseits der Gemeinsamkeit und Zusammen-
fassung des Bedürfens und der Interessen des Volkes. Spe-
ziell die erste Einführung eines (regelmässigen) Postdienstes
(aber auch dessen Rentabilität), hat eine derartige politische
und soziale Einheit, und dementsprechend das Vorhanden-
sein eines Bedürfnisses für die Unterhaltung einer ununter-
brochenen ständigen Verkehrs-Verbindung zwischen den
beiden Endpunkten zur naturgemässen Voraussetzung.
Aus diesem allmählich sich steigernden (Verkehrs-)Be-
dürfnis wächst die Post-Einrichtung organisch empor; so
wenig als irgend ein anderer Verkehrs-Hebel, ebensowenig
kann sie von eines Menschen Geist erfunden oder künstlich
geschaffen werden.
Zu Anfang des 18. Jahrh. schrieb zu den Jahrhunderte
währenden Taxis’schen Prozessen der Autor der »Donau-
wörth’schen Information«: »Wenn man ad incunabula
des heutigen Postwesens gehen will, so muss man nicht ad
Bartolum et Baldum, oder auf die Zeiten Julii Caesaris
und Tiberii zurückgehen. Unter dem Deckmantel der Rö-
mischen und Longobardischen Post-Weise ist viel Lärmens
und Streitens, welche auch die berühmtesten Männer inein-
ander hineingeworfen, und durch dieses Gemenge, ein so
grosses Gewirre erregt haben.« Das gleiche, was vor bald
zwei Jahrhunderten bei dem erregten Interessenkampf, das
gilt auch heute noch. Auch die neueren Schriftsteller
machen immer noch »viel Lärmens« von den Anfängen,
den »incunabula« der römischen oder Taxis’schen Post,
legen aber damit nur ein Zeugnis dafür ab, dass sie das
Wesen eines volkswirtschaftlichen Instituts oder Verkehrs-
Hebels im allgemeinen, wie speziell dasjenige
der Post noch nicht erfasst haben.
Schon gemäss der wirtschaftlichen Natur der Post
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Huber, Franz C.: Die Geschichtliche Entwickelung des modernen Verkehrs. Tübingen, 1893, S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_verkehr_1893/32>, abgerufen am 07.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.