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Huber, Franz C.: Die Geschichtliche Entwickelung des modernen Verkehrs. Tübingen, 1893.

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Ihrem Wesen nach sind die Verkehrsanstalten ein Spie-
gelbild einerseits der sozialen und politischen Einheit eines
Staates, andererseits der Gemeinsamkeit und Zusammen-
fassung des Bedürfens und der Interessen des Volkes. Spe-
ziell die erste Einführung eines (regelmässigen) Postdienstes
(aber auch dessen Rentabilität), hat eine derartige politische
und soziale Einheit, und dementsprechend das Vorhanden-
sein eines Bedürfnisses für die Unterhaltung einer ununter-
brochenen ständigen Verkehrs-Verbindung zwischen den
beiden Endpunkten zur naturgemässen Voraussetzung.

Aus diesem allmählich sich steigernden (Verkehrs-)Be-
dürfnis wächst die Post-Einrichtung organisch empor; so
wenig als irgend ein anderer Verkehrs-Hebel, ebensowenig
kann sie von eines Menschen Geist erfunden oder künstlich
geschaffen werden.

Zu Anfang des 18. Jahrh. schrieb zu den Jahrhunderte
währenden Taxis'schen Prozessen der Autor der "Donau-
wörth'schen Information": "Wenn man ad incunabula
des heutigen Postwesens gehen will, so muss man nicht ad
Bartolum et Baldum, oder auf die Zeiten Julii Caesaris
und Tiberii zurückgehen. Unter dem Deckmantel der Rö-
mischen und Longobardischen Post-Weise ist viel Lärmens
und Streitens, welche auch die berühmtesten Männer inein-
ander hineingeworfen, und durch dieses Gemenge, ein so
grosses Gewirre erregt haben.
" Das gleiche, was vor bald
zwei Jahrhunderten bei dem erregten Interessenkampf, das
gilt auch heute noch. Auch die neueren Schriftsteller
machen immer noch "viel Lärmens" von den Anfängen,
den "incunabula" der römischen oder Taxis'schen Post,
legen aber damit nur ein Zeugnis dafür ab, dass sie das
Wesen eines volkswirtschaftlichen Instituts oder Verkehrs-
Hebels im allgemeinen,
wie speziell dasjenige
der Post
noch nicht erfasst haben.

Schon gemäss der wirtschaftlichen Natur der Post

Ihrem Wesen nach sind die Verkehrsanstalten ein Spie-
gelbild einerseits der sozialen und politischen Einheit eines
Staates, andererseits der Gemeinsamkeit und Zusammen-
fassung des Bedürfens und der Interessen des Volkes. Spe-
ziell die erste Einführung eines (regelmässigen) Postdienstes
(aber auch dessen Rentabilität), hat eine derartige politische
und soziale Einheit, und dementsprechend das Vorhanden-
sein eines Bedürfnisses für die Unterhaltung einer ununter-
brochenen ständigen Verkehrs-Verbindung zwischen den
beiden Endpunkten zur naturgemässen Voraussetzung.

Aus diesem allmählich sich steigernden (Verkehrs-)Be-
dürfnis wächst die Post-Einrichtung organisch empor; so
wenig als irgend ein anderer Verkehrs-Hebel, ebensowenig
kann sie von eines Menschen Geist erfunden oder künstlich
geschaffen werden.

Zu Anfang des 18. Jahrh. schrieb zu den Jahrhunderte
währenden Taxis’schen Prozessen der Autor der »Donau-
wörth’schen Information«: »Wenn man ad incunabula
des heutigen Postwesens gehen will, so muss man nicht ad
Bartolum et Baldum, oder auf die Zeiten Julii Caesaris
und Tiberii zurückgehen. Unter dem Deckmantel der Rö-
mischen und Longobardischen Post-Weise ist viel Lärmens
und Streitens, welche auch die berühmtesten Männer inein-
ander hineingeworfen, und durch dieses Gemenge, ein so
grosses Gewirre erregt haben.
« Das gleiche, was vor bald
zwei Jahrhunderten bei dem erregten Interessenkampf, das
gilt auch heute noch. Auch die neueren Schriftsteller
machen immer noch »viel Lärmens« von den Anfängen,
den »incunabula« der römischen oder Taxis’schen Post,
legen aber damit nur ein Zeugnis dafür ab, dass sie das
Wesen eines volkswirtschaftlichen Instituts oder Verkehrs-
Hebels im allgemeinen,
wie speziell dasjenige
der Post
noch nicht erfasst haben.

Schon gemäss der wirtschaftlichen Natur der Post

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[16/0032] Ihrem Wesen nach sind die Verkehrsanstalten ein Spie- gelbild einerseits der sozialen und politischen Einheit eines Staates, andererseits der Gemeinsamkeit und Zusammen- fassung des Bedürfens und der Interessen des Volkes. Spe- ziell die erste Einführung eines (regelmässigen) Postdienstes (aber auch dessen Rentabilität), hat eine derartige politische und soziale Einheit, und dementsprechend das Vorhanden- sein eines Bedürfnisses für die Unterhaltung einer ununter- brochenen ständigen Verkehrs-Verbindung zwischen den beiden Endpunkten zur naturgemässen Voraussetzung. Aus diesem allmählich sich steigernden (Verkehrs-)Be- dürfnis wächst die Post-Einrichtung organisch empor; so wenig als irgend ein anderer Verkehrs-Hebel, ebensowenig kann sie von eines Menschen Geist erfunden oder künstlich geschaffen werden. Zu Anfang des 18. Jahrh. schrieb zu den Jahrhunderte währenden Taxis’schen Prozessen der Autor der »Donau- wörth’schen Information«: »Wenn man ad incunabula des heutigen Postwesens gehen will, so muss man nicht ad Bartolum et Baldum, oder auf die Zeiten Julii Caesaris und Tiberii zurückgehen. Unter dem Deckmantel der Rö- mischen und Longobardischen Post-Weise ist viel Lärmens und Streitens, welche auch die berühmtesten Männer inein- ander hineingeworfen, und durch dieses Gemenge, ein so grosses Gewirre erregt haben.« Das gleiche, was vor bald zwei Jahrhunderten bei dem erregten Interessenkampf, das gilt auch heute noch. Auch die neueren Schriftsteller machen immer noch »viel Lärmens« von den Anfängen, den »incunabula« der römischen oder Taxis’schen Post, legen aber damit nur ein Zeugnis dafür ab, dass sie das Wesen eines volkswirtschaftlichen Instituts oder Verkehrs- Hebels im allgemeinen, wie speziell dasjenige der Post noch nicht erfasst haben. Schon gemäss der wirtschaftlichen Natur der Post

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Zitationshilfe: Huber, Franz C.: Die Geschichtliche Entwickelung des modernen Verkehrs. Tübingen, 1893, S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_verkehr_1893/32>, abgerufen am 19.04.2024.