man billigerweise nicht zu viele Lasten aufbürden könnte. In- folgedessen hat die Eisenbahnverwaltung den Beförderungsdienst von Personen in eigene Regie übernehmen dürfen.
Im übrigen ist ihrem Wesen und der geschichtlichen An- knüpfung nach die Eisenbahn nichts anderes, als eine -- aller- dings intensivere -- Fortsetzung der postmässigen Beförderung und Organisation; die Eisenbahn ist -- und damit wollen wir das juristische Gebiet verlassen -- "der auf der Verbindung der Adhäsionsmaschine mit dem eisernen Schienenstrang beruhende Grossbetrieb der Post". Intensität d. h. Kraft-Konzen- tration, Grosskapital und dessen rascher Umtrieb, maschinen- und fabrikmässiger (Transport-)Betrieb -- all das liegt schon in dem Begriffe der Eisenbahn. Diese Intensität richtet sich zunächst nicht nur auf die Anlage der Fahrbahn, (wie die Worte und Definitionen "spoorweg, strada ferrata, mit Dampfmotoren zu befahrende Schienenwege", "Landstrassen bei welchen die Fuhrwerke auf eisernen Schienensträngen durch Dampfmotoren bewegt werden" besagen), sondern sie besteht auch in der Kraftkonzentration des Motors und in der äussersten An- spannung des Kapital- und Kraft-Aufwands beim Umtrieb. Die Richtigkeit dieser Definition lässt sich ziffermässig belegen: Die Schienenanwendung steigert die Leistungsfähigkeit der Zug- kraft um das Zwölffache, die Maschine aber -- eine Berglo- komotive hat 400 Pferdekräfte, eine (neuere) Schnellzugslokomo- tive 2--300 Pferdekräfte -- und der damit gegebene Grossbetrieb um das Hundertfache. Demgemäss ist -- nicht der Pferdewechsel wie Stängel deduziert, sondern der Betrieb oder die Organi- sation des Transportdienstes die Hauptsache.
Rechtlich allerdings stellt sich das Verhältnis immer noch umgekehrt gemäss seiner geschichtlichen Entwicklung, und zwar so dar, als ob die Eisenbahn im Dienste der Post stehe. Aber wirtschaftlich ist dies eine veraltete Fiktion; es ist gerade so, als ob z. B. die Güterspediteure sich das Verdienst des Binnen- landverkehrs zumessen oder die Hamburger Speditionshäuser behaupten wollten, sie, nicht die deutsche Kauffahrteiflotte seien es, welche Deutschlands Ein- und Ausfuhr bewerkstelligten. In ganz ähnlicher Weise ist auch der Nachrichtenverkehr h. z. T.
man billigerweise nicht zu viele Lasten aufbürden könnte. In- folgedessen hat die Eisenbahnverwaltung den Beförderungsdienst von Personen in eigene Regie übernehmen dürfen.
Im übrigen ist ihrem Wesen und der geschichtlichen An- knüpfung nach die Eisenbahn nichts anderes, als eine — aller- dings intensivere — Fortsetzung der postmässigen Beförderung und Organisation; die Eisenbahn ist — und damit wollen wir das juristische Gebiet verlassen — »der auf der Verbindung der Adhäsionsmaschine mit dem eisernen Schienenstrang beruhende Grossbetrieb der Post«. Intensität d. h. Kraft-Konzen- tration, Grosskapital und dessen rascher Umtrieb, maschinen- und fabrikmässiger (Transport-)Betrieb — all das liegt schon in dem Begriffe der Eisenbahn. Diese Intensität richtet sich zunächst nicht nur auf die Anlage der Fahrbahn, (wie die Worte und Definitionen »spoorweg, strada ferrata, mit Dampfmotoren zu befahrende Schienenwege«, »Landstrassen bei welchen die Fuhrwerke auf eisernen Schienensträngen durch Dampfmotoren bewegt werden« besagen), sondern sie besteht auch in der Kraftkonzentration des Motors und in der äussersten An- spannung des Kapital- und Kraft-Aufwands beim Umtrieb. Die Richtigkeit dieser Definition lässt sich ziffermässig belegen: Die Schienenanwendung steigert die Leistungsfähigkeit der Zug- kraft um das Zwölffache, die Maschine aber — eine Berglo- komotive hat 400 Pferdekräfte, eine (neuere) Schnellzugslokomo- tive 2—300 Pferdekräfte — und der damit gegebene Grossbetrieb um das Hundertfache. Demgemäss ist — nicht der Pferdewechsel wie Stängel deduziert, sondern der Betrieb oder die Organi- sation des Transportdienstes die Hauptsache.
Rechtlich allerdings stellt sich das Verhältnis immer noch umgekehrt gemäss seiner geschichtlichen Entwicklung, und zwar so dar, als ob die Eisenbahn im Dienste der Post stehe. Aber wirtschaftlich ist dies eine veraltete Fiktion; es ist gerade so, als ob z. B. die Güterspediteure sich das Verdienst des Binnen- landverkehrs zumessen oder die Hamburger Speditionshäuser behaupten wollten, sie, nicht die deutsche Kauffahrteiflotte seien es, welche Deutschlands Ein- und Ausfuhr bewerkstelligten. In ganz ähnlicher Weise ist auch der Nachrichtenverkehr h. z. T.
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man billigerweise nicht zu viele Lasten aufbürden könnte. In-
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Im übrigen ist ihrem Wesen und der geschichtlichen An-
knüpfung nach die Eisenbahn nichts anderes, als eine — aller-
dings intensivere — Fortsetzung der postmässigen Beförderung
und Organisation; die Eisenbahn ist — und damit wollen wir
das juristische Gebiet verlassen — »der auf der Verbindung der
Adhäsionsmaschine mit dem eisernen Schienenstrang beruhende
Grossbetrieb der Post«. Intensität d. h. Kraft-Konzen-
tration, Grosskapital und dessen rascher Umtrieb, maschinen- und
fabrikmässiger (Transport-)Betrieb — all das liegt schon in dem
Begriffe der Eisenbahn. Diese Intensität richtet sich zunächst
nicht nur auf die Anlage der Fahrbahn, (wie die Worte
und Definitionen »spoorweg, strada ferrata, mit Dampfmotoren
zu befahrende Schienenwege«, »Landstrassen bei welchen die
Fuhrwerke auf eisernen Schienensträngen durch Dampfmotoren
bewegt werden« besagen), sondern sie besteht auch in der
Kraftkonzentration des Motors und in der äussersten An-
spannung des Kapital- und Kraft-Aufwands beim Umtrieb.
Die Richtigkeit dieser Definition lässt sich ziffermässig belegen:
Die Schienenanwendung steigert die Leistungsfähigkeit der Zug-
kraft um das Zwölffache, die Maschine aber — eine Berglo-
komotive hat 400 Pferdekräfte, eine (neuere) Schnellzugslokomo-
tive 2—300 Pferdekräfte — und der damit gegebene Grossbetrieb
um das Hundertfache. Demgemäss ist — nicht der Pferdewechsel
wie Stängel deduziert, sondern der Betrieb oder die Organi-
sation des Transportdienstes die Hauptsache.
Rechtlich allerdings stellt sich das Verhältnis immer noch
umgekehrt gemäss seiner geschichtlichen Entwicklung, und zwar
so dar, als ob die Eisenbahn im Dienste der Post stehe. Aber
wirtschaftlich ist dies eine veraltete Fiktion; es ist gerade so,
als ob z. B. die Güterspediteure sich das Verdienst des Binnen-
landverkehrs zumessen oder die Hamburger Speditionshäuser
behaupten wollten, sie, nicht die deutsche Kauffahrteiflotte seien
es, welche Deutschlands Ein- und Ausfuhr bewerkstelligten. In
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Huber, Franz C.: Die Geschichtliche Entwickelung des modernen Verkehrs. Tübingen, 1893, S. 231. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_verkehr_1893/247>, abgerufen am 07.07.2024.
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