gehenden Reitposten systematisch -- und zwar als ein Macht- element ihrer Souveränität -- eingerichtet, so 1576 für den Dienst nach Wittenberg von Kur-Brandenburg, 1563 von Kursachsen, 1569 für Braunschweig-Lüneburg; 1583 erlassen die Kurfürsten von Brandenburg und Sachsen ein neues Boten-Reglement, 1589 errichtet die markgräfliche Regierung in Ansbach eine Botenpost nach Halle a.S. und Celle u. s. w.
Noch markanter für die Anschauung und Stellung der Reichs- stände gegenüber der Taxis'schen Botenanstalt sind die ver- schiedenen Versuche, welche einige derselben unternahmen, um eine gleiche Ausland- oder Ueberlandpost, wie die Taxis'sche ins Leben zu rufen. Schon 1542 nämlich war der Rat in Cöln an die Ausführung eines Projektes gegangen, wonach die Post von Cöln nach Frankfurt, von da weiter nach Würzburg und Nürnberg gelegt werden sollte. Er hatte die Städte Aachen und Dortmund um Beteiligung an den Unkosten angegangen, das Projekt jedoch schon im Vierteljahr nach der Ausführung, wegen mangelnder Rentabilität wieder aufgegeben.
Gefährlicher für die Taxis'sche Botenanstalt wurden zwei andere Projekte, welche dreissig Jahre später, in den 70ger Jahren des 16. Jhh., also zu einer Zeit auftauchten, da das Lukrative einer solchen Unternehmung schon allgemein bekannt war. Es waren die kaufmännische Korporation in Augsburg und der sächsische Kurfürst August, welche fast im gleichen Jahr -- nicht etwa eine Förderung der Taxis'schen Post, sondern einen Konkurrenzkampf auf der Transitroute nach Brüssel planten. Kurfürst August nämlich beabsichtigte 1579, also nur einige Jahre, nachdem Henot auf den Plan getreten war, "zur Hebung des Handels, sonderlich nötig und dienlich, eine reitende Post gegen Augsburg und von dannen fürder nach Italien und Niederland zu legen, dadurch den Kaufleuten ihre Briefe mit guter Sicherheit eilendt hin und wieder zu schicken, sondern auch derselben Post selbst gebrauchen". Der Kaiser äusserte "wegen des Taxis'schen Privilegiums" Bedenken; der Kurfürst machte aber in sehr aus- drücklicher Weise geltend, dass dieses Privilegium ohne Zu- stimmung der Reichsstände erteilt und daher für sie nicht verbindlich sei. -- Der Kurfürst liess zwar
gehenden Reitposten systematisch — und zwar als ein Macht- element ihrer Souveränität — eingerichtet, so 1576 für den Dienst nach Wittenberg von Kur-Brandenburg, 1563 von Kursachsen, 1569 für Braunschweig-Lüneburg; 1583 erlassen die Kurfürsten von Brandenburg und Sachsen ein neues Boten-Reglement, 1589 errichtet die markgräfliche Regierung in Ansbach eine Botenpost nach Halle a.S. und Celle u. s. w.
Noch markanter für die Anschauung und Stellung der Reichs- stände gegenüber der Taxis’schen Botenanstalt sind die ver- schiedenen Versuche, welche einige derselben unternahmen, um eine gleiche Ausland- oder Ueberlandpost, wie die Taxis’sche ins Leben zu rufen. Schon 1542 nämlich war der Rat in Cöln an die Ausführung eines Projektes gegangen, wonach die Post von Cöln nach Frankfurt, von da weiter nach Würzburg und Nürnberg gelegt werden sollte. Er hatte die Städte Aachen und Dortmund um Beteiligung an den Unkosten angegangen, das Projekt jedoch schon im Vierteljahr nach der Ausführung, wegen mangelnder Rentabilität wieder aufgegeben.
Gefährlicher für die Taxis’sche Botenanstalt wurden zwei andere Projekte, welche dreissig Jahre später, in den 70ger Jahren des 16. Jhh., also zu einer Zeit auftauchten, da das Lukrative einer solchen Unternehmung schon allgemein bekannt war. Es waren die kaufmännische Korporation in Augsburg und der sächsische Kurfürst August, welche fast im gleichen Jahr — nicht etwa eine Förderung der Taxis’schen Post, sondern einen Konkurrenzkampf auf der Transitroute nach Brüssel planten. Kurfürst August nämlich beabsichtigte 1579, also nur einige Jahre, nachdem Henot auf den Plan getreten war, »zur Hebung des Handels, sonderlich nötig und dienlich, eine reitende Post gegen Augsburg und von dannen fürder nach Italien und Niederland zu legen, dadurch den Kaufleuten ihre Briefe mit guter Sicherheit eilendt hin und wieder zu schicken, sondern auch derselben Post selbst gebrauchen«. Der Kaiser äusserte »wegen des Taxis’schen Privilegiums« Bedenken; der Kurfürst machte aber in sehr aus- drücklicher Weise geltend, dass dieses Privilegium ohne Zu- stimmung der Reichsstände erteilt und daher für sie nicht verbindlich sei. — Der Kurfürst liess zwar
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nach Wittenberg von Kur-Brandenburg, 1563 von Kursachsen,
1569 für Braunschweig-Lüneburg; 1583 erlassen die Kurfürsten
von Brandenburg und Sachsen ein neues Boten-Reglement,
1589 errichtet die markgräfliche Regierung in Ansbach eine
Botenpost nach Halle a.S. und Celle u. s. w.
Noch markanter für die Anschauung und Stellung der Reichs-
stände gegenüber der Taxis’schen Botenanstalt sind die ver-
schiedenen Versuche, welche einige derselben unternahmen, um
eine gleiche Ausland- oder Ueberlandpost, wie die Taxis’sche
ins Leben zu rufen. Schon 1542 nämlich war der Rat in Cöln
an die Ausführung eines Projektes gegangen, wonach die Post
von Cöln nach Frankfurt, von da weiter nach Würzburg und
Nürnberg gelegt werden sollte. Er hatte die Städte Aachen
und Dortmund um Beteiligung an den Unkosten angegangen,
das Projekt jedoch schon im Vierteljahr nach der Ausführung,
wegen mangelnder Rentabilität wieder aufgegeben.
Gefährlicher für die Taxis’sche Botenanstalt wurden zwei
andere Projekte, welche dreissig Jahre später, in den 70ger Jahren
des 16. Jhh., also zu einer Zeit auftauchten, da das Lukrative
einer solchen Unternehmung schon allgemein bekannt war. Es
waren die kaufmännische Korporation in Augsburg und der
sächsische Kurfürst August, welche fast im gleichen Jahr —
nicht etwa eine Förderung der Taxis’schen Post, sondern einen
Konkurrenzkampf auf der Transitroute nach Brüssel planten.
Kurfürst August nämlich beabsichtigte 1579, also nur einige
Jahre, nachdem Henot auf den Plan getreten war, »zur Hebung
des Handels, sonderlich nötig und dienlich, eine reitende Post gegen
Augsburg und von dannen fürder nach Italien und Niederland zu
legen, dadurch den Kaufleuten ihre Briefe mit guter Sicherheit
eilendt hin und wieder zu schicken, sondern auch derselben Post
selbst gebrauchen«. Der Kaiser äusserte »wegen des Taxis’schen
Privilegiums« Bedenken; der Kurfürst machte aber in sehr aus-
drücklicher Weise geltend, dass dieses Privilegium ohne Zu-
stimmung der Reichsstände erteilt und daher
für sie nicht verbindlich sei. — Der Kurfürst liess zwar
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Huber, Franz C.: Die Geschichtliche Entwickelung des modernen Verkehrs. Tübingen, 1893, S. 206. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_verkehr_1893/222>, abgerufen am 07.07.2024.
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