Anlage 10 zu oben S. 88. Transit durch Württemberg.
Ulrich, Herzog zu Würtemberg (1498--1550) ward der Haupt- Beförderer dieser spanisch-italienischen Post dadurch, dass er in seinem Lande, um aus politischen Gründen dem Kaiser eine Gefälligkeit zu erweisen, vier Stationen -- in Canstatt, Ebers- bach, Enzweihingen und Knittlingen -- jedoch unter seiner Lan- deshoheit bleibend, erlaubte, und freiwillig die Taxisschen Post- beamten von allen städtischen Lasten und persönlichen Lei- stungen befreite, (nur musste der Postmeister in Canstatt ein Württembergischer Unterthan und Lutherischer Confession sein). Auf dieser Begünstigung fussten die Taxis'schen Postbeamten auch den andern Reichständen gegenüber und forderten die gleichen Befreiungen als ein Monopolium privativum, was später ebenfalls eine Masse Prozesse zur Folge hatte.
Der besonders heftige Widerstand der württembergischen Herzöge gegen das (widerrechtliche) Regal erhielt später im Reichsdeputations-Abschied von 1803 noch einen unvermuteten Nachklang: denn (heute) Württembergisches Land (die geistliche Reichsstandschaft Buchau, Neresheim und Marchthal) war es hauptsächlich, aus welchem die private Abfindung für den Ent- gang der Einkünfte der Reichsposten in den an Frankreich ab- getretenen Provinzen herausgeschnitten wurde: über Millionen von Menschen und über Millionen Werte wurde damals mit einem Federstrich verfügt; der General-Postmeister des hl. rö- mischen Reichs dagegen wurde zur Entschädigung zum "Fürsten zu Buchau, gefürsteten Grafen zu Marchthal und Neresheim" erhoben: auch hier erwiesen sich die Taxis, wie 1595 und 1866 als findige Geschäftsleute.
Anlage 10 zu oben S. 88. Transit durch Württemberg.
Ulrich, Herzog zu Würtemberg (1498—1550) ward der Haupt- Beförderer dieser spanisch-italienischen Post dadurch, dass er in seinem Lande, um aus politischen Gründen dem Kaiser eine Gefälligkeit zu erweisen, vier Stationen — in Canstatt, Ebers- bach, Enzweihingen und Knittlingen — jedoch unter seiner Lan- deshoheit bleibend, erlaubte, und freiwillig die Taxisschen Post- beamten von allen städtischen Lasten und persönlichen Lei- stungen befreite, (nur musste der Postmeister in Canstatt ein Württembergischer Unterthan und Lutherischer Confession sein). Auf dieser Begünstigung fussten die Taxis’schen Postbeamten auch den andern Reichständen gegenüber und forderten die gleichen Befreiungen als ein Monopolium privativum, was später ebenfalls eine Masse Prozesse zur Folge hatte.
Der besonders heftige Widerstand der württembergischen Herzöge gegen das (widerrechtliche) Regal erhielt später im Reichsdeputations-Abschied von 1803 noch einen unvermuteten Nachklang: denn (heute) Württembergisches Land (die geistliche Reichsstandschaft Buchau, Neresheim und Marchthal) war es hauptsächlich, aus welchem die private Abfindung für den Ent- gang der Einkünfte der Reichsposten in den an Frankreich ab- getretenen Provinzen herausgeschnitten wurde: über Millionen von Menschen und über Millionen Werte wurde damals mit einem Federstrich verfügt; der General-Postmeister des hl. rö- mischen Reichs dagegen wurde zur Entschädigung zum »Fürsten zu Buchau, gefürsteten Grafen zu Marchthal und Neresheim« erhoben: auch hier erwiesen sich die Taxis, wie 1595 und 1866 als findige Geschäftsleute.
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Anlage 10 zu oben S. 88.
Transit durch Württemberg.
Ulrich, Herzog zu Würtemberg (1498—1550) ward der Haupt-
Beförderer dieser spanisch-italienischen Post dadurch, dass er
in seinem Lande, um aus politischen Gründen dem Kaiser eine
Gefälligkeit zu erweisen, vier Stationen — in Canstatt, Ebers-
bach, Enzweihingen und Knittlingen — jedoch unter seiner Lan-
deshoheit bleibend, erlaubte, und freiwillig die Taxisschen Post-
beamten von allen städtischen Lasten und persönlichen Lei-
stungen befreite, (nur musste der Postmeister in Canstatt ein
Württembergischer Unterthan und Lutherischer Confession sein).
Auf dieser Begünstigung fussten die Taxis’schen Postbeamten
auch den andern Reichständen gegenüber und forderten die
gleichen Befreiungen als ein Monopolium privativum, was später
ebenfalls eine Masse Prozesse zur Folge hatte.
Der besonders heftige Widerstand der württembergischen
Herzöge gegen das (widerrechtliche) Regal erhielt später im
Reichsdeputations-Abschied von 1803 noch einen unvermuteten
Nachklang: denn (heute) Württembergisches Land (die geistliche
Reichsstandschaft Buchau, Neresheim und Marchthal) war es
hauptsächlich, aus welchem die private Abfindung für den Ent-
gang der Einkünfte der Reichsposten in den an Frankreich ab-
getretenen Provinzen herausgeschnitten wurde: über Millionen
von Menschen und über Millionen Werte wurde damals mit
einem Federstrich verfügt; der General-Postmeister des hl. rö-
mischen Reichs dagegen wurde zur Entschädigung zum »Fürsten
zu Buchau, gefürsteten Grafen zu Marchthal und Neresheim«
erhoben: auch hier erwiesen sich die Taxis, wie 1595 und 1866
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Huber, Franz C.: Die Geschichtliche Entwickelung des modernen Verkehrs. Tübingen, 1893, S. [200]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_verkehr_1893/216>, abgerufen am 07.07.2024.
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