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Huber, Franz C.: Die Geschichtliche Entwickelung des modernen Verkehrs. Tübingen, 1893.

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gister tabellariorum et cursorum dominii Venetorum" von neuem
die Erlaubnis zur Weiterführung seines Amtes in Rom 1).

Das Breve Clemens VII. dd. 1523 konzessioniert als den
Postmeister der Republik Venedig, unter deren Approbation,
Maffeo von Bergamo. Vermutlich ist dies der Bruder des
Johann Baptista von Taxis, der demnach zugleich spanischer und
venetianischer Beamter gewesen sein müsste: trifft das zu, so
sind die Teilhaber der "Compagnia dei corrieri bergamaschi"
identisch mit den Gliedern der Familie Taxis 2).

Anderseits behauptet Sacchi, dass die Botenzunft als Ge-
rechtsame von 32 privilegierten Familien (s. auch unten An-
lage 14) schon im J. 1305 die feierliche Bestätigung des Vene-
tianischen Senats erlangt habe 3). --

Eine dritte Verbindung des Ursprungs der Post mit den
Taxis 4) gewinnen wir sodann bei der Geschichte der inneren
Verwaltung der Viskonti von Mailand, (aus welcher Stadt
die Taxis stammen). Verschiedene Schriftsteller aus dem 16. Jahrh.

1) Es ist dies nicht nur ein Beleg für das Alter der Venezianischen
Boten-Compagnie, sondern wirft zugleich auch ein Licht auf die damalige
öffentlich-rechtliche Stellung der niederländisch-spanischen "Compagnia dei
corrieri bergamaschi" zu dem deutschen Reich.
2) Für diese Annahme spricht vielleicht der Umstand, dass zu Beginn
der Taxis'schen Wirren die päpstliche Konzession von Pius V. (1565--1572)
nicht erteilt wird; übrigens gieng neben der Verweigerung der Konzession
der Versuch her, eine eigene päpstliche Botenpost einzurichten.
3) Aufgeklärt ist diese Frage noch nicht; Sacchi ist alles eher, als
ein zuverlässiger Historiker; die bekannten Werke von Le Bret, M. Fosca-
rini, Leo, Baumgarten, Heyd, Simonsfeld enthalten nichts Bezügliches. Der
von italienischen Schriftstellern citierte Passus in Inghirani, storia della
Toscana 1843, II. Bd. S. 446 besagt und beweist nichts.
4) G. Sacchi ("Vita di T. Tasso", Milano, 1841, Redaelli) und nach
ihm verschiedene andere italienische Schriftsteller bringen den Dichter Tasso
durch seinen Ahnen Omodeo Tasso, der angeblich 1270 -- vielleicht auf
Grund des Reisetagebuchs M. Polos? -- die Relais einführte, mit der Post
in Verbindung. Es ist dies aber wohl nur ein Beweis, dass der Geschicht-
schreibung auch onomatopoetische Scherze nicht ferne liegen.
Bei den italienischen Schriftstellern führt dieser mythenhafte Erfinder
der Post immer noch seine Existenz fort (s. z. B. Delmati S. 19); daher
mag es rühren, dass Thebussem (S. 24) die Errichtung der Reitpost durch
Roger von Taxis in das Jahr 1313 verlegt.
Huber. 13

gister tabellariorum et cursorum dominii Venetorum« von neuem
die Erlaubnis zur Weiterführung seines Amtes in Rom 1).

Das Breve Clemens VII. dd. 1523 konzessioniert als den
Postmeister der Republik Venedig, unter deren Approbation,
Maffeo von Bergamo. Vermutlich ist dies der Bruder des
Johann Baptista von Taxis, der demnach zugleich spanischer und
venetianischer Beamter gewesen sein müsste: trifft das zu, so
sind die Teilhaber der »Compagnia dei corrieri bergamaschi«
identisch mit den Gliedern der Familie Taxis 2).

Anderseits behauptet Sacchi, dass die Botenzunft als Ge-
rechtsame von 32 privilegierten Familien (s. auch unten An-
lage 14) schon im J. 1305 die feierliche Bestätigung des Vene-
tianischen Senats erlangt habe 3). —

Eine dritte Verbindung des Ursprungs der Post mit den
Taxis 4) gewinnen wir sodann bei der Geschichte der inneren
Verwaltung der Viskonti von Mailand, (aus welcher Stadt
die Taxis stammen). Verschiedene Schriftsteller aus dem 16. Jahrh.

1) Es ist dies nicht nur ein Beleg für das Alter der Venezianischen
Boten-Compagnie, sondern wirft zugleich auch ein Licht auf die damalige
öffentlich-rechtliche Stellung der niederländisch-spanischen »Compagnia dei
corrieri bergamaschi« zu dem deutschen Reich.
2) Für diese Annahme spricht vielleicht der Umstand, dass zu Beginn
der Taxis’schen Wirren die päpstliche Konzession von Pius V. (1565—1572)
nicht erteilt wird; übrigens gieng neben der Verweigerung der Konzession
der Versuch her, eine eigene päpstliche Botenpost einzurichten.
3) Aufgeklärt ist diese Frage noch nicht; Sacchi ist alles eher, als
ein zuverlässiger Historiker; die bekannten Werke von Le Bret, M. Fosca-
rini, Leo, Baumgarten, Heyd, Simonsfeld enthalten nichts Bezügliches. Der
von italienischen Schriftstellern citierte Passus in Inghirani, storia della
Toscana 1843, II. Bd. S. 446 besagt und beweist nichts.
4) G. Sacchi (»Vita di T. Tasso«, Milano, 1841, Redaelli) und nach
ihm verschiedene andere italienische Schriftsteller bringen den Dichter Tasso
durch seinen Ahnen Omodeo Tasso, der angeblich 1270 — vielleicht auf
Grund des Reisetagebuchs M. Polos? — die Relais einführte, mit der Post
in Verbindung. Es ist dies aber wohl nur ein Beweis, dass der Geschicht-
schreibung auch onomatopoetische Scherze nicht ferne liegen.
Bei den italienischen Schriftstellern führt dieser mythenhafte Erfinder
der Post immer noch seine Existenz fort (s. z. B. Delmati S. 19); daher
mag es rühren, dass Thebussem (S. 24) die Errichtung der Reitpost durch
Roger von Taxis in das Jahr 1313 verlegt.
Huber. 13
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[193/0209] gister tabellariorum et cursorum dominii Venetorum« von neuem die Erlaubnis zur Weiterführung seines Amtes in Rom 1). Das Breve Clemens VII. dd. 1523 konzessioniert als den Postmeister der Republik Venedig, unter deren Approbation, Maffeo von Bergamo. Vermutlich ist dies der Bruder des Johann Baptista von Taxis, der demnach zugleich spanischer und venetianischer Beamter gewesen sein müsste: trifft das zu, so sind die Teilhaber der »Compagnia dei corrieri bergamaschi« identisch mit den Gliedern der Familie Taxis 2). Anderseits behauptet Sacchi, dass die Botenzunft als Ge- rechtsame von 32 privilegierten Familien (s. auch unten An- lage 14) schon im J. 1305 die feierliche Bestätigung des Vene- tianischen Senats erlangt habe 3). — Eine dritte Verbindung des Ursprungs der Post mit den Taxis 4) gewinnen wir sodann bei der Geschichte der inneren Verwaltung der Viskonti von Mailand, (aus welcher Stadt die Taxis stammen). Verschiedene Schriftsteller aus dem 16. Jahrh. 1) Es ist dies nicht nur ein Beleg für das Alter der Venezianischen Boten-Compagnie, sondern wirft zugleich auch ein Licht auf die damalige öffentlich-rechtliche Stellung der niederländisch-spanischen »Compagnia dei corrieri bergamaschi« zu dem deutschen Reich. 2) Für diese Annahme spricht vielleicht der Umstand, dass zu Beginn der Taxis’schen Wirren die päpstliche Konzession von Pius V. (1565—1572) nicht erteilt wird; übrigens gieng neben der Verweigerung der Konzession der Versuch her, eine eigene päpstliche Botenpost einzurichten. 3) Aufgeklärt ist diese Frage noch nicht; Sacchi ist alles eher, als ein zuverlässiger Historiker; die bekannten Werke von Le Bret, M. Fosca- rini, Leo, Baumgarten, Heyd, Simonsfeld enthalten nichts Bezügliches. Der von italienischen Schriftstellern citierte Passus in Inghirani, storia della Toscana 1843, II. Bd. S. 446 besagt und beweist nichts. 4) G. Sacchi (»Vita di T. Tasso«, Milano, 1841, Redaelli) und nach ihm verschiedene andere italienische Schriftsteller bringen den Dichter Tasso durch seinen Ahnen Omodeo Tasso, der angeblich 1270 — vielleicht auf Grund des Reisetagebuchs M. Polos? — die Relais einführte, mit der Post in Verbindung. Es ist dies aber wohl nur ein Beweis, dass der Geschicht- schreibung auch onomatopoetische Scherze nicht ferne liegen. Bei den italienischen Schriftstellern führt dieser mythenhafte Erfinder der Post immer noch seine Existenz fort (s. z. B. Delmati S. 19); daher mag es rühren, dass Thebussem (S. 24) die Errichtung der Reitpost durch Roger von Taxis in das Jahr 1313 verlegt. Huber. 13

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Zitationshilfe: Huber, Franz C.: Die Geschichtliche Entwickelung des modernen Verkehrs. Tübingen, 1893, S. 193. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_verkehr_1893/209>, abgerufen am 07.05.2024.