Huber, Franz C.: Die Geschichtliche Entwickelung des modernen Verkehrs. Tübingen, 1893.Ueber den Zeitpunkt, wann die Post die Passagier-Be- Die zahlreichen Reisebeschreibungen des 16. Jahrhunderts Passagier fuhr nicht mit der Post, sondern er ritt auf den vorher zu be- stellenden Post-Relaispferden, einen Postreiter zur Seite. Für diese Ver- mietung gab es schon im 16. Jahrhundert eine Art feste Taxe, vergl. Pa- tent von 1516, Art. XVIII, "les dicts postes seront aussy tenuz les accom- paigner en payant demy poste seulement selon que l'on paye, et pays ou ils courreront." (Rübsam, 1889, S. 225.). Die damalige "reisige" Zeit war dem "Kutschenfahren" nicht gewogen, das Reisen mit "reisigen Pferden" und deren Bereithaltung gehörte zur damaligen Kriegsdienstpflicht, daher z. B. 1588 der Herzog von Braunschweig das "Faullenzen und Kutschenfahren" bei Strafe verbot (übrigens geht eben aus diesem Verbot die weitere Verbreitung des komfortableren Vehikels hervor). 1) Auch in dem bekannten (1715 von Lesage verfassten spanischen)
Roman "Gilblas" wird nirgends der Postgelegenheit gedacht; die Erklärung hiefür finde ich darin, dass damals das Reisen mit der Post von der vor- herigen Erlaubnis des General-Postmeisters abhängig, und sowohl deshalb als auch wegen des schlechten Standes und der Unsicherheit der Strassen wenig üblich war; vergl. Bernede "Des Postes", Paris 1826, S. 133. Ueber den Zeitpunkt, wann die Post die Passagier-Be- Die zahlreichen Reisebeschreibungen des 16. Jahrhunderts Passagier fuhr nicht mit der Post, sondern er ritt auf den vorher zu be- stellenden Post-Relaispferden, einen Postreiter zur Seite. Für diese Ver- mietung gab es schon im 16. Jahrhundert eine Art feste Taxe, vergl. Pa- tent von 1516, Art. XVIII, »les dicts postes seront aussy tenuz les accom- paigner en payant demy poste seulement selon que l’on paye, et pays ou ils courreront.« (Rübsam, 1889, S. 225.). Die damalige »reisige« Zeit war dem »Kutschenfahren« nicht gewogen, das Reisen mit »reisigen Pferden« und deren Bereithaltung gehörte zur damaligen Kriegsdienstpflicht, daher z. B. 1588 der Herzog von Braunschweig das »Faullenzen und Kutschenfahren« bei Strafe verbot (übrigens geht eben aus diesem Verbot die weitere Verbreitung des komfortableren Vehikels hervor). 1) Auch in dem bekannten (1715 von Lesage verfassten spanischen)
Roman »Gilblas« wird nirgends der Postgelegenheit gedacht; die Erklärung hiefür finde ich darin, dass damals das Reisen mit der Post von der vor- herigen Erlaubnis des General-Postmeisters abhängig, und sowohl deshalb als auch wegen des schlechten Standes und der Unsicherheit der Strassen wenig üblich war; vergl. Bernède »Des Postes«, Paris 1826, S. 133. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0185" n="169"/> <p>Ueber den Zeitpunkt, wann die Post die <hi rendition="#g">Passagier-Be-<lb/> förderung</hi> gewerbmässig aufgenommen hat, geben die Itiner-<lb/> arien einen wichtigen Anhaltspunkt.</p><lb/> <p>Die zahlreichen Reisebeschreibungen des 16. Jahrhunderts<lb/> verhalten sich über diesen Punkt sehr schweigsam; und ent-<lb/> halten nur gelegentliche Aeusserungen. Solche sind nament-<lb/> lich von vielgereisten Männern, wie L. Rem, J. Furttenbach und<lb/> Spoon bedeutsam. Letzterer berichtet in seiner Reisebeschreibung<lb/> von 1687 (S. 12 nach der Uebersetzung Menudiers), dass er die<lb/> »comodität der cambiatures sonsten nirgends anders als in Ita-<lb/> lien (genauer auf der Strecke von Rom nach Venedig) gebraucht<lb/> gesehen habe« <note place="foot" n="1)">Auch in dem bekannten (1715 von Lesage verfassten spanischen)<lb/> Roman »Gilblas« wird nirgends der Postgelegenheit gedacht; die Erklärung<lb/> hiefür finde ich darin, dass damals das Reisen mit der Post von der vor-<lb/> herigen Erlaubnis des General-Postmeisters abhängig, und sowohl deshalb<lb/> als auch wegen des schlechten Standes und der Unsicherheit der Strassen<lb/> wenig üblich war; vergl. Bernède »Des Postes«, Paris 1826, S. 133.</note>. J. Furttenbach (1627) empfiehlt ausserdem<lb/> die Ordinari-Reitboten für die Strecke von Lindau nach Genua<lb/> (S. 2 und 32), bezüglich Italiens aber ferner nur diejenigen von<lb/> Bologna nach Florenz-Ankona (S. 173 und 175). Dagegen warnt<lb/> er vor der Postbeförderung von Loreto bezw. Ravenna nach<lb/> Bologna, Ankona, Pesaro oder Rimini ausdrücklich, weil <hi rendition="#i">»einem<lb/> so viel böse aussgenutzte Thier unter der Hand kommen, dass offt<lb/> die Bein mit jhnen abgefallen werden«;</hi> ausserdem muss man<lb/> »<hi rendition="#i">mit den Postrossen biss nach Bologna kontinuirn, welches ein solche<lb/> Beschwerdt, dass keiner nicht mehr selbsten Herr ist, er muss fort-<lb/> reitten, und lasst man jhmen kein Zeit, die örter zu besichtigen</hi>« (das<lb/><note xml:id="seg2pn_15_2" prev="#seg2pn_15_1" place="foot" n="1)">Passagier fuhr nicht mit der Post, sondern er ritt auf den vorher zu be-<lb/> stellenden Post-Relaispferden, einen Postreiter zur Seite. Für diese Ver-<lb/> mietung gab es schon im 16. Jahrhundert eine Art feste Taxe, vergl. Pa-<lb/> tent von 1516, Art. XVIII, »<hi rendition="#i">les dicts postes seront aussy tenuz les accom-<lb/> paigner en payant demy poste seulement selon que l’on paye, et pays ou ils<lb/> courreront</hi>.« (Rübsam, 1889, S. 225.). Die damalige »reisige« Zeit war dem<lb/> »Kutschenfahren« nicht gewogen, das Reisen mit »reisigen Pferden« und<lb/> deren Bereithaltung gehörte zur damaligen Kriegsdienstpflicht, daher z. B.<lb/> 1588 der Herzog von Braunschweig das »Faullenzen und Kutschenfahren«<lb/> bei Strafe verbot (übrigens geht eben aus diesem Verbot die weitere<lb/> Verbreitung des komfortableren Vehikels hervor).</note><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [169/0185]
Ueber den Zeitpunkt, wann die Post die Passagier-Be-
förderung gewerbmässig aufgenommen hat, geben die Itiner-
arien einen wichtigen Anhaltspunkt.
Die zahlreichen Reisebeschreibungen des 16. Jahrhunderts
verhalten sich über diesen Punkt sehr schweigsam; und ent-
halten nur gelegentliche Aeusserungen. Solche sind nament-
lich von vielgereisten Männern, wie L. Rem, J. Furttenbach und
Spoon bedeutsam. Letzterer berichtet in seiner Reisebeschreibung
von 1687 (S. 12 nach der Uebersetzung Menudiers), dass er die
»comodität der cambiatures sonsten nirgends anders als in Ita-
lien (genauer auf der Strecke von Rom nach Venedig) gebraucht
gesehen habe« 1). J. Furttenbach (1627) empfiehlt ausserdem
die Ordinari-Reitboten für die Strecke von Lindau nach Genua
(S. 2 und 32), bezüglich Italiens aber ferner nur diejenigen von
Bologna nach Florenz-Ankona (S. 173 und 175). Dagegen warnt
er vor der Postbeförderung von Loreto bezw. Ravenna nach
Bologna, Ankona, Pesaro oder Rimini ausdrücklich, weil »einem
so viel böse aussgenutzte Thier unter der Hand kommen, dass offt
die Bein mit jhnen abgefallen werden«; ausserdem muss man
»mit den Postrossen biss nach Bologna kontinuirn, welches ein solche
Beschwerdt, dass keiner nicht mehr selbsten Herr ist, er muss fort-
reitten, und lasst man jhmen kein Zeit, die örter zu besichtigen« (das
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1) Auch in dem bekannten (1715 von Lesage verfassten spanischen)
Roman »Gilblas« wird nirgends der Postgelegenheit gedacht; die Erklärung
hiefür finde ich darin, dass damals das Reisen mit der Post von der vor-
herigen Erlaubnis des General-Postmeisters abhängig, und sowohl deshalb
als auch wegen des schlechten Standes und der Unsicherheit der Strassen
wenig üblich war; vergl. Bernède »Des Postes«, Paris 1826, S. 133.
1) Passagier fuhr nicht mit der Post, sondern er ritt auf den vorher zu be-
stellenden Post-Relaispferden, einen Postreiter zur Seite. Für diese Ver-
mietung gab es schon im 16. Jahrhundert eine Art feste Taxe, vergl. Pa-
tent von 1516, Art. XVIII, »les dicts postes seront aussy tenuz les accom-
paigner en payant demy poste seulement selon que l’on paye, et pays ou ils
courreront.« (Rübsam, 1889, S. 225.). Die damalige »reisige« Zeit war dem
»Kutschenfahren« nicht gewogen, das Reisen mit »reisigen Pferden« und
deren Bereithaltung gehörte zur damaligen Kriegsdienstpflicht, daher z. B.
1588 der Herzog von Braunschweig das »Faullenzen und Kutschenfahren«
bei Strafe verbot (übrigens geht eben aus diesem Verbot die weitere
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