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Huber, Franz C.: Die Geschichtliche Entwickelung des modernen Verkehrs. Tübingen, 1893.

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Mit steigendem Verkehr wurde der Frohndienst (wie von
den spätrömischen Kaisern, so auch) von den Territorialherren
nicht mehr beansprucht und ein besonderes Boten-Amt errichtet;
es konnten besondere Boten um so eher angestellt werden, als

des Vereins für Hamburgische Geschichte" Heft X, 1890, S. 34); dieselbe
geht davon aus: "Nachdem van unsern Baden nha Westen reisende allerlei
missbrucke gesporett und daglichs vele Klage Erer ungeschicklicheit halfen
vorfallen ... 8). Und dewile ock befunden wertt, dath de Baden ethliche
Breve vorher senden und de anderen bi sick beholden, oder sunst in den breven
avertholeverrende untruwe gebruken und dar gelt vor nhemen, und sodanes
dem gemeinen kopmanne tho merklichen schaden gerekett, Schall hirmitt den
Baden dat sulvige tho donde vorbaden sin bi twier daler straffe. Thom
Negenden. Dewile de Dantzische Baden offte dre edder veer dage allhir be-
liggende bliven, nicht alleine tho merklichem vorfange unser Hamburger
Baden sonder ock tho grothem schaden und nhadeel des Kopmanns, darvan
se na Danzsche breve edder von Dantsch nha Andorpen breve aver tho dra-
gende enthfangen hebben, und Un
ser Baden dennoch, wann se hebben ange-
schlagen up ere bestemmede tidt, se krigen weinich edder vell Breve, reisen
mothen, So ist vor gudt angesehen, dath de Dantzische Baden nicht mherr
den eine Borssendidt anschlan, und sick uthropen lathen scholen
".
Noch 1659 schreibt Thomas Garzonus: "Was die Bothen selbst anbe-
langt, findet man auch ihre Mängel an etlichen und manchen, der irre gehet,
wenn er für einen Galgen vorübergehet. Denn beneben anderer Untreu, so
offtermals bei den Boten gespüret wird, dass sie die Briefe auffbrechen, die
Siegel verfälschen, Heimlichkeiten verrathen, sind sie auch meisterlich darauf
abgerichtet, dass sie die Päck und Geld aufmachen, verspielen, versauffen
u. s. w.; in (Kriegs- und) Pestillentz-Läufften haben sie ihr grösstes Fieber,
sintemahl es dann nirgend mit ihnen fortwill, sondern werden überall auf-
gehalten, die Briefe und Geld genommen, die Haut vollgeschlagen und was
dergleichen Unfälle mehr sind
". Bei dieser vielzitierten Stelle muss man zwar
die anekdotenhaften Uebertreibungen abziehen, in denen sich Garzonus auch
sonst gefällt.
Einzelne Fälle von Unregelmässigkeiten seitens Nürnberger, Frankfurter,
Sächsischer Boten werden erwähnt z. B. von Schäfer, Sächsisches Postwesen
1879, S. 9, (aus den Jahren 1570/71), von Faulhaber, Geschichte der Post der
Stadt Frankfurt (aus den Jahren 1574, 1607 etc. im Archiv für Frankfurts
Geschichte 1883, S. 5. 11. 12 und 17), in Heinr. Deichsler's Chronik (mit-
geteilt in den "Chroniken der fränkischen Städte", V. Bd., 1874, S. 671,
Al. 15): darnach erbrach im April 1504 der Nürnberger "potenlaufer" einen
Geldbrief, (was zwar auch noch h. z. T. vorkommt). -- A. von Kirchen-
heim meint, die Universitätsboten seien zu Unterschlagungen auch deshalb
verführt worden, weil man auf die Aeusserung eines gelehrten Mannes
hohen Wert legte (!).

Mit steigendem Verkehr wurde der Frohndienst (wie von
den spätrömischen Kaisern, so auch) von den Territorialherren
nicht mehr beansprucht und ein besonderes Boten-Amt errichtet;
es konnten besondere Boten um so eher angestellt werden, als

des Vereins für Hamburgische Geschichte« Heft X, 1890, S. 34); dieselbe
geht davon aus: »Nachdem van unsern Baden nha Westen reisende allerlei
missbrucke gesporett und daglichs vele Klage Erer ungeschicklicheit halfen
vorfallen … 8). Und dewile ock befunden wertt, dath de Baden ethliche
Breve vorher senden und de anderen bi sick beholden, oder sunst in den breven
avertholeverrende untruwe gebruken und dar gelt vor nhemen, und sodanes
dem gemeinen kopmanne tho merklichen schaden gerekett, Schall hirmitt den
Baden dat sulvige tho donde vorbaden sin bi twier daler straffe. Thom
Negenden. Dewile de Dantzische Baden offte dre edder veer dage allhir be-
liggende bliven, nicht alleine tho merklichem vorfange unser Hamburger
Baden sonder ock tho grothem schaden und nhadeel des Kopmanns, darvan
se na Danzsche breve edder von Dantsch nha Andorpen breve aver tho dra-
gende enthfangen hebben, und Un
ser Baden dennoch, wann se hebben ange-
schlagen up ere bestemmede tidt, se krigen weinich edder vell Breve, reisen
mothen, So ist vor gudt angesehen, dath de Dantzische Baden nicht mherr
den eine Borssendidt anschlan, und sick uthropen lathen scholen
«.
Noch 1659 schreibt Thomas Garzonus: »Was die Bothen selbst anbe-
langt, findet man auch ihre Mängel an etlichen und manchen, der irre gehet,
wenn er für einen Galgen vorübergehet. Denn beneben anderer Untreu, so
offtermals bei den Boten gespüret wird, dass sie die Briefe auffbrechen, die
Siegel verfälschen, Heimlichkeiten verrathen, sind sie auch meisterlich darauf
abgerichtet, dass sie die Päck und Geld aufmachen, verspielen, versauffen
u. s. w.; in (Kriegs- und) Pestillentz-Läufften haben sie ihr grösstes Fieber,
sintemahl es dann nirgend mit ihnen fortwill, sondern werden überall auf-
gehalten, die Briefe und Geld genommen, die Haut vollgeschlagen und was
dergleichen Unfälle mehr sind
«. Bei dieser vielzitierten Stelle muss man zwar
die anekdotenhaften Uebertreibungen abziehen, in denen sich Garzonus auch
sonst gefällt.
Einzelne Fälle von Unregelmässigkeiten seitens Nürnberger, Frankfurter,
Sächsischer Boten werden erwähnt z. B. von Schäfer, Sächsisches Postwesen
1879, S. 9, (aus den Jahren 1570/71), von Faulhaber, Geschichte der Post der
Stadt Frankfurt (aus den Jahren 1574, 1607 etc. im Archiv für Frankfurts
Geschichte 1883, S. 5. 11. 12 und 17), in Heinr. Deichsler’s Chronik (mit-
geteilt in den »Chroniken der fränkischen Städte«, V. Bd., 1874, S. 671,
Al. 15): darnach erbrach im April 1504 der Nürnberger »potenlaufer« einen
Geldbrief, (was zwar auch noch h. z. T. vorkommt). — A. von Kirchen-
heim meint, die Universitätsboten seien zu Unterschlagungen auch deshalb
verführt worden, weil man auf die Aeusserung eines gelehrten Mannes
hohen Wert legte (!).
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Zitationshilfe: Huber, Franz C.: Die Geschichtliche Entwickelung des modernen Verkehrs. Tübingen, 1893, S. 160. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_verkehr_1893/176>, abgerufen am 30.04.2024.