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Huber, Victor Aimé: Sieben Briefe über englisches Revival und deutsche Erweckung. Frankfurt (Main), 1862.

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Kaffees, sowie einer über das Bedürfniß der Sache ausgedehnten
Conversation stehende Zeit in vielen Fällen einer großen Beschrän-
kung fähig wäre, ohne daß ein erheblicher persönlicher Nachtheil zu
befürchten. Eine weitere Erörterung dieser Punkte und der damit
zusammenhängenden sittlichen und geistigen Zustände eines im Uebrigen
sehr ehrenwerthen Durchschnitts der geistlichen Masse würde viel zu
weit führen. Namentlich würde dies sehr bald auch die Frage heran-
ziehen: ob die ganze Bildung, welche unsere Schulen und dann
besonders unsere Universitäten, Seminare und endlich das Haus-
lehrerwesen dem geistlichen Nachwuchs geben, auf die Länge auch den
mäßigsten Anforderungen, die aus unseren geistlichen Nothständen
sich in steigendem Maaße aufdrängen, zu genügen im Stande sein
kann -- sobald man mehr verlangt als ein leidliches Maaß theo-
logischer Kenntnisse und negativer Sittlichkeit? Wie die äußere und
innere Zerfahrenheit, das unbedingte subjektive Sichgehenlaßen,
der Mangel aller Disciplinirung in Gewohnheiten, Ordnung und
Regel des Lebens, das durchschnittlich und vielleicht zunehmend
niedrige, triviale Niveau der ganzen Amts- und Lebensanschauung
u. s. w. -- dann das Uebergangsgebiet des Conditionirens für die
meisten Candidaten! -- ob und wie dies Alles eine Vorbereitung
zu solchen geistlichen Arbeitskämpfen sein soll, die in England auf
dem Felde und mit den Werkzeugen und Waffen des Revivals ge-
führt werden und die auch bei uns in irgend einer Weise geführt
werden müßen -- das ist freilich nicht abzusehen!

Aber auch im allerbesten Falle und bei der äußersten Entwicke-
lung und Anstrengung aller wirklich vorhandenen und aus unseren
allenfalls reformirten (soweit sie reformirbar!) Universitäten
regelmäßig zu rekrutirenden geistlichen Amtskräften -- ja, auch wenn
wir z. B. die wißenschaftlichen Anforderungen relativ und unter
gewißen Bedingungen und Verhältnissen für eine gewiße Classe von
Geistlichen niedriger stellen wollten, was ja eine sehr schwierige
Frage ist -- auch dann bleibt das Mißverhältniß zwischen dem
Bedürfniß und den zu seiner Befriedigung verwendbaren Mitteln
noch immer so groß, daß wir Laien uns der Ueberzeugung nicht
erwehren können: wenn nicht anderswoher sich neue Quellen geist-
licher Arbeitskräfte eröffnen, so ist an eine Verminderung der geist-
lichen Nothstände auch nur in ihren dringendsten Erscheinungen nicht

Kaffees, ſowie einer über das Bedürfniß der Sache ausgedehnten
Converſation ſtehende Zeit in vielen Fällen einer großen Beſchrän-
kung fähig wäre, ohne daß ein erheblicher perſönlicher Nachtheil zu
befürchten. Eine weitere Erörterung dieſer Punkte und der damit
zuſammenhängenden ſittlichen und geiſtigen Zuſtände eines im Uebrigen
ſehr ehrenwerthen Durchſchnitts der geiſtlichen Maſſe würde viel zu
weit führen. Namentlich würde dies ſehr bald auch die Frage heran-
ziehen: ob die ganze Bildung, welche unſere Schulen und dann
beſonders unſere Univerſitäten, Seminare und endlich das Haus-
lehrerweſen dem geiſtlichen Nachwuchs geben, auf die Länge auch den
mäßigſten Anforderungen, die aus unſeren geiſtlichen Nothſtänden
ſich in ſteigendem Maaße aufdrängen, zu genügen im Stande ſein
kann — ſobald man mehr verlangt als ein leidliches Maaß theo-
logiſcher Kenntniſſe und negativer Sittlichkeit? Wie die äußere und
innere Zerfahrenheit, das unbedingte ſubjektive Sichgehenlaßen,
der Mangel aller Disciplinirung in Gewohnheiten, Ordnung und
Regel des Lebens, das durchſchnittlich und vielleicht zunehmend
niedrige, triviale Niveau der ganzen Amts- und Lebensanſchauung
u. ſ. w. — dann das Uebergangsgebiet des Conditionirens für die
meiſten Candidaten! — ob und wie dies Alles eine Vorbereitung
zu ſolchen geiſtlichen Arbeitskämpfen ſein ſoll, die in England auf
dem Felde und mit den Werkzeugen und Waffen des Revivals ge-
führt werden und die auch bei uns in irgend einer Weiſe geführt
werden müßen — das iſt freilich nicht abzuſehen!

Aber auch im allerbeſten Falle und bei der äußerſten Entwicke-
lung und Anſtrengung aller wirklich vorhandenen und aus unſeren
allenfalls reformirten (ſoweit ſie reformirbar!) Univerſitäten
regelmäßig zu rekrutirenden geiſtlichen Amtskräften — ja, auch wenn
wir z. B. die wißenſchaftlichen Anforderungen relativ und unter
gewißen Bedingungen und Verhältniſſen für eine gewiße Claſſe von
Geiſtlichen niedriger ſtellen wollten, was ja eine ſehr ſchwierige
Frage iſt — auch dann bleibt das Mißverhältniß zwiſchen dem
Bedürfniß und den zu ſeiner Befriedigung verwendbaren Mitteln
noch immer ſo groß, daß wir Laien uns der Ueberzeugung nicht
erwehren können: wenn nicht anderswoher ſich neue Quellen geiſt-
licher Arbeitskräfte eröffnen, ſo iſt an eine Verminderung der geiſt-
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[70/0076] Kaffees, ſowie einer über das Bedürfniß der Sache ausgedehnten Converſation ſtehende Zeit in vielen Fällen einer großen Beſchrän- kung fähig wäre, ohne daß ein erheblicher perſönlicher Nachtheil zu befürchten. Eine weitere Erörterung dieſer Punkte und der damit zuſammenhängenden ſittlichen und geiſtigen Zuſtände eines im Uebrigen ſehr ehrenwerthen Durchſchnitts der geiſtlichen Maſſe würde viel zu weit führen. Namentlich würde dies ſehr bald auch die Frage heran- ziehen: ob die ganze Bildung, welche unſere Schulen und dann beſonders unſere Univerſitäten, Seminare und endlich das Haus- lehrerweſen dem geiſtlichen Nachwuchs geben, auf die Länge auch den mäßigſten Anforderungen, die aus unſeren geiſtlichen Nothſtänden ſich in ſteigendem Maaße aufdrängen, zu genügen im Stande ſein kann — ſobald man mehr verlangt als ein leidliches Maaß theo- logiſcher Kenntniſſe und negativer Sittlichkeit? Wie die äußere und innere Zerfahrenheit, das unbedingte ſubjektive Sichgehenlaßen, der Mangel aller Disciplinirung in Gewohnheiten, Ordnung und Regel des Lebens, das durchſchnittlich und vielleicht zunehmend niedrige, triviale Niveau der ganzen Amts- und Lebensanſchauung u. ſ. w. — dann das Uebergangsgebiet des Conditionirens für die meiſten Candidaten! — ob und wie dies Alles eine Vorbereitung zu ſolchen geiſtlichen Arbeitskämpfen ſein ſoll, die in England auf dem Felde und mit den Werkzeugen und Waffen des Revivals ge- führt werden und die auch bei uns in irgend einer Weiſe geführt werden müßen — das iſt freilich nicht abzuſehen! Aber auch im allerbeſten Falle und bei der äußerſten Entwicke- lung und Anſtrengung aller wirklich vorhandenen und aus unſeren allenfalls reformirten (ſoweit ſie reformirbar!) Univerſitäten regelmäßig zu rekrutirenden geiſtlichen Amtskräften — ja, auch wenn wir z. B. die wißenſchaftlichen Anforderungen relativ und unter gewißen Bedingungen und Verhältniſſen für eine gewiße Claſſe von Geiſtlichen niedriger ſtellen wollten, was ja eine ſehr ſchwierige Frage iſt — auch dann bleibt das Mißverhältniß zwiſchen dem Bedürfniß und den zu ſeiner Befriedigung verwendbaren Mitteln noch immer ſo groß, daß wir Laien uns der Ueberzeugung nicht erwehren können: wenn nicht anderswoher ſich neue Quellen geiſt- licher Arbeitskräfte eröffnen, ſo iſt an eine Verminderung der geiſt- lichen Nothſtände auch nur in ihren dringendſten Erſcheinungen nicht

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Zitationshilfe: Huber, Victor Aimé: Sieben Briefe über englisches Revival und deutsche Erweckung. Frankfurt (Main), 1862, S. 70. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_revival_1862/76>, abgerufen am 22.11.2024.