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Huber, Victor Aimé: Sieben Briefe über englisches Revival und deutsche Erweckung. Frankfurt (Main), 1862.

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Ruf des Erfolgs angewendete Kur haben? Würde man nicht in
jedem Anzeichen, jeder Meldung der Art, sofern sie nicht von vorne
herein sich als unglaubwürdig zeigte, eine dringende Veranlaßung
zu weiterer Jnformation finden? Wer aber möchte im Ernst
läugnen, daß schon die seiner Zeit allgemein verbreiteten und zu-
gänglichen, wenn auch meist noch so unvollständigen und verworrenen
Nachrichten über das Ulster Revival gar wohl genügen konnten
und mußten, um wenigstens zu weiterer Nachfrage anzuregen, wann
und wo eben die rechte Stimme hinsichtlich des eigenen Erweckungs-
bedürfnisses vorhanden war! Dieser so nahe liegende Jmpuls hätte
ganz von selbst zu Allem führen können, was weiter in dieser Sache
Noth thut; aber eben diese Vorbedingung fehlte und fehlt noch im
Allgemeinen allzusehr! So ist es denn bei einem sehr vorüber-
gehenden, oberflächlichen, unfruchtbaren Jnteresse der schnell be-
friedigten Neugierde geblieben, der bald sogar ein gewißer Ueber-
druß und ein Mißtrauen folgte, welches sogar in der Art wie einige
scheinbar oder wirkliche Mißstände des Revivals von einer gewißen
Art von negativer Kritik behandelt wurden, einen ziemlich plausibeln
Grund finden konnte. Jch weiß nicht, ob Sie, geehrtester Freund,
eine viel beßere Meinung von dem haben, was seiner Zeit (etwa
bis zum Kirchentag von 1859) bei uns veröffentlicht worden; ich,
meines Theils aber konnte auch bei den sehr wenigen, die Sache
irgend ernstlicher und ausführlicher behandelnden Reden, Artikeln
oder Broschüren von vorne herein durchaus keine Genüge finden.
Ohne einigen derselben manche verdienstliche Eigenschaft abzusprechen,
wie denn bei dem hohen allgemeinen geistlichen und wißenschaftlichen
Ruf der Verfaßer nicht anders zu erwarten war, fehlte es doch
offenbar allzusehr an dem nöthigen Material nicht nur eigener An-
schauung, sondern auch fremden Zeugnisses. Wenn Sie aber er-
wähnen, daß damals ein Domkandidat eigens nach Ulster gereist
sei, um als Augenzeuge für eine theologische Zeitschrift zu berichten,
so beweist das eben nur, daß unbefangene und scharfe Beobachtung
fremder Zustände, zumal dieser Art, nicht Jedermanns Sache ist --
am wenigsten, wenn auch die Vorbereitung durch Sprachfertigkeit
u. s. w. so dürftig ist, wie leider als Regel in den Kreisen voraus-
zusetzen, aus denen jener Berichterstatter hervorgieng. Namen und
Person desselben sind mir übrigens völlig unbekannt und er ist

Ruf des Erfolgs angewendete Kur haben? Würde man nicht in
jedem Anzeichen, jeder Meldung der Art, ſofern ſie nicht von vorne
herein ſich als unglaubwürdig zeigte, eine dringende Veranlaßung
zu weiterer Jnformation finden? Wer aber möchte im Ernſt
läugnen, daß ſchon die ſeiner Zeit allgemein verbreiteten und zu-
gänglichen, wenn auch meiſt noch ſo unvollſtändigen und verworrenen
Nachrichten über das Ulſter Revival gar wohl genügen konnten
und mußten, um wenigſtens zu weiterer Nachfrage anzuregen, wann
und wo eben die rechte Stimme hinſichtlich des eigenen Erweckungs-
bedürfniſſes vorhanden war! Dieſer ſo nahe liegende Jmpuls hätte
ganz von ſelbſt zu Allem führen können, was weiter in dieſer Sache
Noth thut; aber eben dieſe Vorbedingung fehlte und fehlt noch im
Allgemeinen allzuſehr! So iſt es denn bei einem ſehr vorüber-
gehenden, oberflächlichen, unfruchtbaren Jntereſſe der ſchnell be-
friedigten Neugierde geblieben, der bald ſogar ein gewißer Ueber-
druß und ein Mißtrauen folgte, welches ſogar in der Art wie einige
ſcheinbar oder wirkliche Mißſtände des Revivals von einer gewißen
Art von negativer Kritik behandelt wurden, einen ziemlich plauſibeln
Grund finden konnte. Jch weiß nicht, ob Sie, geehrteſter Freund,
eine viel beßere Meinung von dem haben, was ſeiner Zeit (etwa
bis zum Kirchentag von 1859) bei uns veröffentlicht worden; ich,
meines Theils aber konnte auch bei den ſehr wenigen, die Sache
irgend ernſtlicher und ausführlicher behandelnden Reden, Artikeln
oder Broſchüren von vorne herein durchaus keine Genüge finden.
Ohne einigen derſelben manche verdienſtliche Eigenſchaft abzuſprechen,
wie denn bei dem hohen allgemeinen geiſtlichen und wißenſchaftlichen
Ruf der Verfaßer nicht anders zu erwarten war, fehlte es doch
offenbar allzuſehr an dem nöthigen Material nicht nur eigener An-
ſchauung, ſondern auch fremden Zeugniſſes. Wenn Sie aber er-
wähnen, daß damals ein Domkandidat eigens nach Ulſter gereiſt
ſei, um als Augenzeuge für eine theologiſche Zeitſchrift zu berichten,
ſo beweiſt das eben nur, daß unbefangene und ſcharfe Beobachtung
fremder Zuſtände, zumal dieſer Art, nicht Jedermanns Sache iſt —
am wenigſten, wenn auch die Vorbereitung durch Sprachfertigkeit
u. ſ. w. ſo dürftig iſt, wie leider als Regel in den Kreiſen voraus-
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[38/0044] Ruf des Erfolgs angewendete Kur haben? Würde man nicht in jedem Anzeichen, jeder Meldung der Art, ſofern ſie nicht von vorne herein ſich als unglaubwürdig zeigte, eine dringende Veranlaßung zu weiterer Jnformation finden? Wer aber möchte im Ernſt läugnen, daß ſchon die ſeiner Zeit allgemein verbreiteten und zu- gänglichen, wenn auch meiſt noch ſo unvollſtändigen und verworrenen Nachrichten über das Ulſter Revival gar wohl genügen konnten und mußten, um wenigſtens zu weiterer Nachfrage anzuregen, wann und wo eben die rechte Stimme hinſichtlich des eigenen Erweckungs- bedürfniſſes vorhanden war! Dieſer ſo nahe liegende Jmpuls hätte ganz von ſelbſt zu Allem führen können, was weiter in dieſer Sache Noth thut; aber eben dieſe Vorbedingung fehlte und fehlt noch im Allgemeinen allzuſehr! So iſt es denn bei einem ſehr vorüber- gehenden, oberflächlichen, unfruchtbaren Jntereſſe der ſchnell be- friedigten Neugierde geblieben, der bald ſogar ein gewißer Ueber- druß und ein Mißtrauen folgte, welches ſogar in der Art wie einige ſcheinbar oder wirkliche Mißſtände des Revivals von einer gewißen Art von negativer Kritik behandelt wurden, einen ziemlich plauſibeln Grund finden konnte. Jch weiß nicht, ob Sie, geehrteſter Freund, eine viel beßere Meinung von dem haben, was ſeiner Zeit (etwa bis zum Kirchentag von 1859) bei uns veröffentlicht worden; ich, meines Theils aber konnte auch bei den ſehr wenigen, die Sache irgend ernſtlicher und ausführlicher behandelnden Reden, Artikeln oder Broſchüren von vorne herein durchaus keine Genüge finden. Ohne einigen derſelben manche verdienſtliche Eigenſchaft abzuſprechen, wie denn bei dem hohen allgemeinen geiſtlichen und wißenſchaftlichen Ruf der Verfaßer nicht anders zu erwarten war, fehlte es doch offenbar allzuſehr an dem nöthigen Material nicht nur eigener An- ſchauung, ſondern auch fremden Zeugniſſes. Wenn Sie aber er- wähnen, daß damals ein Domkandidat eigens nach Ulſter gereiſt ſei, um als Augenzeuge für eine theologiſche Zeitſchrift zu berichten, ſo beweiſt das eben nur, daß unbefangene und ſcharfe Beobachtung fremder Zuſtände, zumal dieſer Art, nicht Jedermanns Sache iſt — am wenigſten, wenn auch die Vorbereitung durch Sprachfertigkeit u. ſ. w. ſo dürftig iſt, wie leider als Regel in den Kreiſen voraus- zuſetzen, aus denen jener Berichterſtatter hervorgieng. Namen und Perſon desſelben ſind mir übrigens völlig unbekannt und er iſt

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Zitationshilfe: Huber, Victor Aimé: Sieben Briefe über englisches Revival und deutsche Erweckung. Frankfurt (Main), 1862, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_revival_1862/44>, abgerufen am 26.04.2024.