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Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811.

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Man hat bei manchen Kalender-Verbesserun-
gen und Veränderungen, die den Heiligen geweih-
ten Tage auf verschiedene Weise benutzen wollen.
Mauche Monumente von Menschen, die der Ge-
schichte angehören, sey es der allgemeinen oder
eines Volkes, einer Stadt oder Dorfes, haben
mich auf den Wunsch gebracht, daß man die alten
Namen doch ungestört lassen möchte, aber an ih-
ren Tagen dem Volke etwas von ihren Namens-
vettern erzählen möchte, die auf die Welt gewirkt
haben. -- Die Mordpredigt in Oudewater, die ich
im August hörte, könnte zu dieser Meinung füh-
ren, wenn ich gleich nicht wünschte, daß sie zum
Beispiel diente. Die Moral würde allenthalben
leicht zu finden seyn, und der Unterricht, welcher
dem Volke dadurch zu Theil würde, könnte sie als
Menschen und als Bürger vielleicht inniger ver-
binden, wie manche der Vorträge, die sie jetzt in
den Kirchen vorlesen hören. -- Wie aufmerksam
das Volk eine solche aus geschichtlichen Darstel-
lungen gezogne Sitten- und Tugendlehre auffaßt,
lehret uns die genaue Bekanntschaft, welche das
katholische Volk mit seinen Legenden hat. Wie
diese frommen Geschichten zuerst erzählt worden,
mußten sie den größten Enthusiasmus bewirken,

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Man hat bei manchen Kalender-Verbeſſerun-
gen und Veraͤnderungen, die den Heiligen geweih-
ten Tage auf verſchiedene Weiſe benutzen wollen.
Mauche Monumente von Menſchen, die der Ge-
ſchichte angehoͤren, ſey es der allgemeinen oder
eines Volkes, einer Stadt oder Dorfes, haben
mich auf den Wunſch gebracht, daß man die alten
Namen doch ungeſtoͤrt laſſen moͤchte, aber an ih-
ren Tagen dem Volke etwas von ihren Namens-
vettern erzaͤhlen moͤchte, die auf die Welt gewirkt
haben. — Die Mordpredigt in Oudewater, die ich
im Auguſt hoͤrte, koͤnnte zu dieſer Meinung fuͤh-
ren, wenn ich gleich nicht wuͤnſchte, daß ſie zum
Beiſpiel diente. Die Moral wuͤrde allenthalben
leicht zu finden ſeyn, und der Unterricht, welcher
dem Volke dadurch zu Theil wuͤrde, koͤnnte ſie als
Menſchen und als Buͤrger vielleicht inniger ver-
binden, wie manche der Vortraͤge, die ſie jetzt in
den Kirchen vorleſen hoͤren. — Wie aufmerkſam
das Volk eine ſolche aus geſchichtlichen Darſtel-
lungen gezogne Sitten- und Tugendlehre auffaßt,
lehret uns die genaue Bekanntſchaft, welche das
katholiſche Volk mit ſeinen Legenden hat. Wie
dieſe frommen Geſchichten zuerſt erzaͤhlt worden,
mußten ſie den groͤßten Enthuſiasmus bewirken,

A a
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[369/0383] Man hat bei manchen Kalender-Verbeſſerun- gen und Veraͤnderungen, die den Heiligen geweih- ten Tage auf verſchiedene Weiſe benutzen wollen. Mauche Monumente von Menſchen, die der Ge- ſchichte angehoͤren, ſey es der allgemeinen oder eines Volkes, einer Stadt oder Dorfes, haben mich auf den Wunſch gebracht, daß man die alten Namen doch ungeſtoͤrt laſſen moͤchte, aber an ih- ren Tagen dem Volke etwas von ihren Namens- vettern erzaͤhlen moͤchte, die auf die Welt gewirkt haben. — Die Mordpredigt in Oudewater, die ich im Auguſt hoͤrte, koͤnnte zu dieſer Meinung fuͤh- ren, wenn ich gleich nicht wuͤnſchte, daß ſie zum Beiſpiel diente. Die Moral wuͤrde allenthalben leicht zu finden ſeyn, und der Unterricht, welcher dem Volke dadurch zu Theil wuͤrde, koͤnnte ſie als Menſchen und als Buͤrger vielleicht inniger ver- binden, wie manche der Vortraͤge, die ſie jetzt in den Kirchen vorleſen hoͤren. — Wie aufmerkſam das Volk eine ſolche aus geſchichtlichen Darſtel- lungen gezogne Sitten- und Tugendlehre auffaßt, lehret uns die genaue Bekanntſchaft, welche das katholiſche Volk mit ſeinen Legenden hat. Wie dieſe frommen Geſchichten zuerſt erzaͤhlt worden, mußten ſie den groͤßten Enthuſiasmus bewirken, A a

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Zitationshilfe: Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811, S. 369. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_reisejournal_1811/383>, abgerufen am 27.11.2024.