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Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811.

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und Sopha's deckt, zu großen Polstern, oder sonst
das chinesische Geräth nachahmende Sitze verwen-
det. Auch den englischen Fußteppich hätte ich fort-
gewünscht -- er störte die Illusion. Zu eurem
Troste kann ich euch sagen, daß dieses Kunstwerk
sorgsam in Ehren gehalten wird, denn die Wände
sind überall mit atlassenen, gestickten Rouleaux,
die eine zweite Tapete bilden, vor dem Staube ge-
schützt, und nur bei besonderer Veranlassung setzt
man die fremde Welt hinter ihnen dem Schaulu-
stigen aus. --

Das Wetter war stürmisch und versprach keine
günstige Aenderung, ich stand also nicht an, bei
abwechselndem Regen und Sonnenschein und ei-
nem schon hinter den Dünen sehr heftigen Nord-
westwind, nach Schewelingen zu gehen. Wir ar-
men Weiber, daß wir nie allein gehen können!
Wie gern ich diesen Weg allein gemacht hätte! --
Es sind eine Menge ziemlich baufälliger Chaisen
stets bereit, von dem Haag nach Schewelingen zu
fahren, und wir gelangten in einer solchen --
denn unsere Pferde waren den Morgen schon müde
geworden, musten also auf die morgende Reise
Kräfte sammeln -- durch eine lange mit Back-
steinen gepflasterte Allee, die einen großen Theil

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und Sopha’s deckt, zu großen Polſtern, oder ſonſt
das chineſiſche Geraͤth nachahmende Sitze verwen-
det. Auch den engliſchen Fußteppich haͤtte ich fort-
gewuͤnſcht — er ſtoͤrte die Illuſion. Zu eurem
Troſte kann ich euch ſagen, daß dieſes Kunſtwerk
ſorgſam in Ehren gehalten wird, denn die Waͤnde
ſind uͤberall mit atlaſſenen, geſtickten Rouleaux,
die eine zweite Tapete bilden, vor dem Staube ge-
ſchuͤtzt, und nur bei beſonderer Veranlaſſung ſetzt
man die fremde Welt hinter ihnen dem Schaulu-
ſtigen aus. —

Das Wetter war ſtuͤrmiſch und verſprach keine
guͤnſtige Aenderung, ich ſtand alſo nicht an, bei
abwechſelndem Regen und Sonnenſchein und ei-
nem ſchon hinter den Duͤnen ſehr heftigen Nord-
weſtwind, nach Schewelingen zu gehen. Wir ar-
men Weiber, daß wir nie allein gehen koͤnnen!
Wie gern ich dieſen Weg allein gemacht haͤtte! —
Es ſind eine Menge ziemlich baufaͤlliger Chaiſen
ſtets bereit, von dem Haag nach Schewelingen zu
fahren, und wir gelangten in einer ſolchen —
denn unſere Pferde waren den Morgen ſchon muͤde
geworden, muſten alſo auf die morgende Reiſe
Kraͤfte ſammeln — durch eine lange mit Back-
ſteinen gepflaſterte Allee, die einen großen Theil

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[339/0353] und Sopha’s deckt, zu großen Polſtern, oder ſonſt das chineſiſche Geraͤth nachahmende Sitze verwen- det. Auch den engliſchen Fußteppich haͤtte ich fort- gewuͤnſcht — er ſtoͤrte die Illuſion. Zu eurem Troſte kann ich euch ſagen, daß dieſes Kunſtwerk ſorgſam in Ehren gehalten wird, denn die Waͤnde ſind uͤberall mit atlaſſenen, geſtickten Rouleaux, die eine zweite Tapete bilden, vor dem Staube ge- ſchuͤtzt, und nur bei beſonderer Veranlaſſung ſetzt man die fremde Welt hinter ihnen dem Schaulu- ſtigen aus. — Das Wetter war ſtuͤrmiſch und verſprach keine guͤnſtige Aenderung, ich ſtand alſo nicht an, bei abwechſelndem Regen und Sonnenſchein und ei- nem ſchon hinter den Duͤnen ſehr heftigen Nord- weſtwind, nach Schewelingen zu gehen. Wir ar- men Weiber, daß wir nie allein gehen koͤnnen! Wie gern ich dieſen Weg allein gemacht haͤtte! — Es ſind eine Menge ziemlich baufaͤlliger Chaiſen ſtets bereit, von dem Haag nach Schewelingen zu fahren, und wir gelangten in einer ſolchen — denn unſere Pferde waren den Morgen ſchon muͤde geworden, muſten alſo auf die morgende Reiſe Kraͤfte ſammeln — durch eine lange mit Back- ſteinen gepflaſterte Allee, die einen großen Theil Y 2

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Zitationshilfe: Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811, S. 339. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_reisejournal_1811/353>, abgerufen am 24.11.2024.