euch das, wie ihr wollt, viel Glorreiches wird nicht herauskommen, so lange der Junker zu Hause ist. Heil und Segen daher dem adlichen Knaben, der früh in eine Pension kommt, in vieler Rücksicht, gleichviel in welche -- die Hauptsache ist immer, daß er fern sey von der Kriecherei der Untergebenen, und der Leerheit oder Rohheit seiner Pair's. Da macht die zärtlichste Sorgfalt der Eltern kein Uebles gut. Ich sah schon Beispiele der herzlich- sten Wohlmeinenheit für das Beste der Kinder, besonders der Knaben -- da wird nichts gewon- nen, wie eine flache, weichliche Künstlichkeit, die den armen Wicht außer die wirkliche Welt ver- setzt, und ihn glauben machen muß, daß da für ihn so viele außerordentliche Bewegungen gemacht werden, er auch ein ganz außerordentlich merk- würdiges Geschöpfe ist. Befinde ich mich aber nun gar in den kindischen Umgebungen eines Kö- nigssohns! -- Mein Gott! diese Menschen, die Aller Herzen erforschen sollten können, die alle Schmerzen ihrer Mitmenschen sollten im Busen getragen, alle ihre Freuden getheilt haben, um Gott ähulich das furchtbare Recht zu üben, ohne menschliches Mitgefühl, und dennoch mit uner- müdlicher Schonung stets den Einzelnen dem Gan-
euch das, wie ihr wollt, viel Glorreiches wird nicht herauskommen, ſo lange der Junker zu Hauſe iſt. Heil und Segen daher dem adlichen Knaben, der fruͤh in eine Penſion kommt, in vieler Ruͤckſicht, gleichviel in welche — die Hauptſache iſt immer, daß er fern ſey von der Kriecherei der Untergebenen, und der Leerheit oder Rohheit ſeiner Pair’s. Da macht die zaͤrtlichſte Sorgfalt der Eltern kein Uebles gut. Ich ſah ſchon Beiſpiele der herzlich- ſten Wohlmeinenheit fuͤr das Beſte der Kinder, beſonders der Knaben — da wird nichts gewon- nen, wie eine flache, weichliche Kuͤnſtlichkeit, die den armen Wicht außer die wirkliche Welt ver- ſetzt, und ihn glauben machen muß, daß da fuͤr ihn ſo viele außerordentliche Bewegungen gemacht werden, er auch ein ganz außerordentlich merk- wuͤrdiges Geſchoͤpfe iſt. Befinde ich mich aber nun gar in den kindiſchen Umgebungen eines Koͤ- nigsſohns! — Mein Gott! dieſe Menſchen, die Aller Herzen erforſchen ſollten koͤnnen, die alle Schmerzen ihrer Mitmenſchen ſollten im Buſen getragen, alle ihre Freuden getheilt haben, um Gott aͤhulich das furchtbare Recht zu uͤben, ohne menſchliches Mitgefuͤhl, und dennoch mit uner- muͤdlicher Schonung ſtets den Einzelnen dem Gan-
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euch das, wie ihr wollt, viel Glorreiches wird nicht
herauskommen, ſo lange der Junker zu Hauſe iſt.
Heil und Segen daher dem adlichen Knaben, der
fruͤh in eine Penſion kommt, in vieler Ruͤckſicht,
gleichviel in welche — die Hauptſache iſt immer,
daß er fern ſey von der Kriecherei der Untergebenen,
und der Leerheit oder Rohheit ſeiner Pair’s. Da
macht die zaͤrtlichſte Sorgfalt der Eltern kein
Uebles gut. Ich ſah ſchon Beiſpiele der herzlich-
ſten Wohlmeinenheit fuͤr das Beſte der Kinder,
beſonders der Knaben — da wird nichts gewon-
nen, wie eine flache, weichliche Kuͤnſtlichkeit, die
den armen Wicht außer die wirkliche Welt ver-
ſetzt, und ihn glauben machen muß, daß da fuͤr
ihn ſo viele außerordentliche Bewegungen gemacht
werden, er auch ein ganz außerordentlich merk-
wuͤrdiges Geſchoͤpfe iſt. Befinde ich mich aber
nun gar in den kindiſchen Umgebungen eines Koͤ-
nigsſohns! — Mein Gott! dieſe Menſchen, die
Aller Herzen erforſchen ſollten koͤnnen, die alle
Schmerzen ihrer Mitmenſchen ſollten im Buſen
getragen, alle ihre Freuden getheilt haben, um
Gott aͤhulich das furchtbare Recht zu uͤben, ohne
menſchliches Mitgefuͤhl, und dennoch mit uner-
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Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811, S. 332. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_reisejournal_1811/346>, abgerufen am 24.11.2024.
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