der Baron * * führt noch den Titel eines Herrn von Polanen und Helenstein, besitzt auch noch ei- nige herrschaftliche Vorrechte.
Woerden ist befestigt, das heißt, es hat ein friedliches grünberastes Wällchen, und klare Was- sergräben. Ein Theil davon ist mit schönen Bäu- men besetzt. Die Schuit von Haag nach Utrecht geht täglich hier durch, und weiter nach Amster- dam. Es ist ein freundliches Städtchen, dessen inneres Wesen in Ehingen, Enzwahingen, Naum- burg, Nordheim oder Friedberg sehr fabelhaft klin- gen würde. Die Straßen sind alle mit Backstei- nen gepflastert, die Häuser alle ohne Treppen vor der Thür, geben den Bewohnern das Ansehen ohne allen Rückhalt mit den Vorbeigehenden zu verkeh- ren. Die meisten haben nur das Erdgeschoß, mehr wie einen Stock in keinem Fall. Appetitli- che Bäckerlädchen, buntfarbige Zitz- und Wolle- Butiken, glänzende Silberschmidtsschränkchen, la- den den Käufer ein. Vor dem Hause ist das Pflaster immer musivisch gearbeitet und mit einem schwar- zen, dem Eisen nachahmenden Geländer versehen, hinter dem, auf zierlichen Bänken, die Leute Abends ihren Thee trinken. Alle Fenster blitzen von Rein- lichkeit, und lassen schön befranzte Vorhänge durch-
der Baron * * fuͤhrt noch den Titel eines Herrn von Polanen und Helenſtein, beſitzt auch noch ei- nige herrſchaftliche Vorrechte.
Woerden iſt befeſtigt, das heißt, es hat ein friedliches gruͤnberaſtes Waͤllchen, und klare Waſ- ſergraͤben. Ein Theil davon iſt mit ſchoͤnen Baͤu- men beſetzt. Die Schuit von Haag nach Utrecht geht taͤglich hier durch, und weiter nach Amſter- dam. Es iſt ein freundliches Staͤdtchen, deſſen inneres Weſen in Ehingen, Enzwahingen, Naum- burg, Nordheim oder Friedberg ſehr fabelhaft klin- gen wuͤrde. Die Straßen ſind alle mit Backſtei- nen gepflaſtert, die Haͤuſer alle ohne Treppen vor der Thuͤr, geben den Bewohnern das Anſehen ohne allen Ruͤckhalt mit den Vorbeigehenden zu verkeh- ren. Die meiſten haben nur das Erdgeſchoß, mehr wie einen Stock in keinem Fall. Appetitli- che Baͤckerlaͤdchen, buntfarbige Zitz- und Wolle- Butiken, glaͤnzende Silberſchmidtsſchraͤnkchen, la- den den Kaͤufer ein. Vor dem Hauſe iſt das Pflaſter immer muſiviſch gearbeitet und mit einem ſchwar- zen, dem Eiſen nachahmenden Gelaͤnder verſehen, hinter dem, auf zierlichen Baͤnken, die Leute Abends ihren Thee trinken. Alle Fenſter blitzen von Rein- lichkeit, und laſſen ſchoͤn befranzte Vorhaͤnge durch-
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der Baron * * fuͤhrt noch den Titel eines Herrn
von Polanen und Helenſtein, beſitzt auch noch ei-
nige herrſchaftliche Vorrechte.
Woerden iſt befeſtigt, das heißt, es hat ein
friedliches gruͤnberaſtes Waͤllchen, und klare Waſ-
ſergraͤben. Ein Theil davon iſt mit ſchoͤnen Baͤu-
men beſetzt. Die Schuit von Haag nach Utrecht
geht taͤglich hier durch, und weiter nach Amſter-
dam. Es iſt ein freundliches Staͤdtchen, deſſen
inneres Weſen in Ehingen, Enzwahingen, Naum-
burg, Nordheim oder Friedberg ſehr fabelhaft klin-
gen wuͤrde. Die Straßen ſind alle mit Backſtei-
nen gepflaſtert, die Haͤuſer alle ohne Treppen vor
der Thuͤr, geben den Bewohnern das Anſehen ohne
allen Ruͤckhalt mit den Vorbeigehenden zu verkeh-
ren. Die meiſten haben nur das Erdgeſchoß,
mehr wie einen Stock in keinem Fall. Appetitli-
che Baͤckerlaͤdchen, buntfarbige Zitz- und Wolle-
Butiken, glaͤnzende Silberſchmidtsſchraͤnkchen, la-
den den Kaͤufer ein. Vor dem Hauſe iſt das Pflaſter
immer muſiviſch gearbeitet und mit einem ſchwar-
zen, dem Eiſen nachahmenden Gelaͤnder verſehen,
hinter dem, auf zierlichen Baͤnken, die Leute Abends
ihren Thee trinken. Alle Fenſter blitzen von Rein-
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Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811, S. 290. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_reisejournal_1811/304>, abgerufen am 24.11.2024.
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