fuhren so mehrmals durch die Stadt, worauf sie sich in ein nahgelegenes Dorf begaben, wo sie, wie der Lohnbediente innig froh versicherte, die Bauern recht plagen würden. Ich weiß nicht ob diese Jünglinge, wenn sie einst Männer werden sollten, wie unser blutendes Jahrhundert sie be- darf, dieses Spaßes mit Stolz gedenken wer- den? Die thörigste Lustigkeit ist unter Freun- den erlaubt, allein wenn man das Publikum zu Zeugen macht, verändert sie die Gestalt. Ich achte ein Publikum nicht, dem ich mich so zeige, und ein Publikum, das Achtung verdient, achtet auch mich nicht, weil ich mich ihm so gezeigt habe.
Dieses Jahr schien mir die Bergstraße nicht so reizend wie das vorige, wo ich, ungefähr in denselben Tagen die Nacht in Heidelberg zubrach- te, und von seinen Schönheiten nichts sah, als die Zinnen seiner Berge, die, wie mein Wagen sich vom Neckar abwendete, der erste Morgen- strahl vergoldete. Ich suche die mindere Schön- heit, welche der Weg mir dieses Jahr bot in der Verschiedenheit der Anpflanzungen nahe am Wege, unter denen wenig Taback und Mais war --
fuhren ſo mehrmals durch die Stadt, worauf ſie ſich in ein nahgelegenes Dorf begaben, wo ſie, wie der Lohnbediente innig froh verſicherte, die Bauern recht plagen wuͤrden. Ich weiß nicht ob dieſe Juͤnglinge, wenn ſie einſt Maͤnner werden ſollten, wie unſer blutendes Jahrhundert ſie be- darf, dieſes Spaßes mit Stolz gedenken wer- den? Die thoͤrigſte Luſtigkeit iſt unter Freun- den erlaubt, allein wenn man das Publikum zu Zeugen macht, veraͤndert ſie die Geſtalt. Ich achte ein Publikum nicht, dem ich mich ſo zeige, und ein Publikum, das Achtung verdient, achtet auch mich nicht, weil ich mich ihm ſo gezeigt habe.
Dieſes Jahr ſchien mir die Bergſtraße nicht ſo reizend wie das vorige, wo ich, ungefaͤhr in denſelben Tagen die Nacht in Heidelberg zubrach- te, und von ſeinen Schoͤnheiten nichts ſah, als die Zinnen ſeiner Berge, die, wie mein Wagen ſich vom Neckar abwendete, der erſte Morgen- ſtrahl vergoldete. Ich ſuche die mindere Schoͤn- heit, welche der Weg mir dieſes Jahr bot in der Verſchiedenheit der Anpflanzungen nahe am Wege, unter denen wenig Taback und Mais war —
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0028"n="14"/>
fuhren ſo mehrmals durch die Stadt, worauf ſie<lb/>ſich in ein nahgelegenes Dorf begaben, wo ſie,<lb/>
wie der Lohnbediente innig froh verſicherte, die<lb/>
Bauern recht plagen wuͤrden. Ich weiß nicht ob<lb/>
dieſe Juͤnglinge, wenn ſie einſt Maͤnner werden<lb/>ſollten, wie unſer blutendes Jahrhundert ſie be-<lb/>
darf, dieſes Spaßes mit Stolz gedenken wer-<lb/>
den? Die thoͤrigſte Luſtigkeit iſt unter Freun-<lb/>
den erlaubt, allein wenn man das Publikum<lb/>
zu Zeugen macht, veraͤndert ſie die Geſtalt.<lb/>
Ich achte ein Publikum nicht, dem ich mich ſo<lb/>
zeige, und ein Publikum, das Achtung verdient,<lb/>
achtet auch mich nicht, weil ich mich ihm ſo<lb/>
gezeigt habe.</p><lb/><p>Dieſes Jahr ſchien mir die Bergſtraße nicht<lb/>ſo reizend wie das vorige, wo ich, ungefaͤhr in<lb/>
denſelben Tagen die Nacht in Heidelberg zubrach-<lb/>
te, und von ſeinen Schoͤnheiten nichts ſah, als<lb/>
die Zinnen ſeiner Berge, die, wie mein Wagen<lb/>ſich vom Neckar abwendete, der erſte Morgen-<lb/>ſtrahl vergoldete. Ich ſuche die mindere Schoͤn-<lb/>
heit, welche der Weg mir dieſes Jahr bot in der<lb/>
Verſchiedenheit der Anpflanzungen nahe am Wege,<lb/>
unter denen wenig Taback und Mais war —<lb/></p></div></body></text></TEI>
[14/0028]
fuhren ſo mehrmals durch die Stadt, worauf ſie
ſich in ein nahgelegenes Dorf begaben, wo ſie,
wie der Lohnbediente innig froh verſicherte, die
Bauern recht plagen wuͤrden. Ich weiß nicht ob
dieſe Juͤnglinge, wenn ſie einſt Maͤnner werden
ſollten, wie unſer blutendes Jahrhundert ſie be-
darf, dieſes Spaßes mit Stolz gedenken wer-
den? Die thoͤrigſte Luſtigkeit iſt unter Freun-
den erlaubt, allein wenn man das Publikum
zu Zeugen macht, veraͤndert ſie die Geſtalt.
Ich achte ein Publikum nicht, dem ich mich ſo
zeige, und ein Publikum, das Achtung verdient,
achtet auch mich nicht, weil ich mich ihm ſo
gezeigt habe.
Dieſes Jahr ſchien mir die Bergſtraße nicht
ſo reizend wie das vorige, wo ich, ungefaͤhr in
denſelben Tagen die Nacht in Heidelberg zubrach-
te, und von ſeinen Schoͤnheiten nichts ſah, als
die Zinnen ſeiner Berge, die, wie mein Wagen
ſich vom Neckar abwendete, der erſte Morgen-
ſtrahl vergoldete. Ich ſuche die mindere Schoͤn-
heit, welche der Weg mir dieſes Jahr bot in der
Verſchiedenheit der Anpflanzungen nahe am Wege,
unter denen wenig Taback und Mais war —
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_reisejournal_1811/28>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.