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Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811.

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Amsterdammer erwartet. Das Gebäude hat einen
sehr mittelmäßigen Werth, die Säulen an der
Fronte sind gegen die geringe Breite von einer rie-
senmäßigen Höhe, die Treppe ist sehr kleinlich, wie
in einem gemeinen Bürgerhause, und außer der
Sammlung physikalischer und astronomischer In-
strumente scheint mir noch vieles sehr unvollkom-
men. Die Abgüsse der Antiken sind in verkleinern-
dem Maßstab, und meistens sehr mittelmäßig. --
Nichts thut mir weher, wie diese Gestalten verun-
ehrt zu sehen. Diese Götter, mit denen ich meine
Kindheit verlebte, die meiner Jugend Erhabenheit
lehrten, und die meinem Alter Jugendfreude wie-
der geben, wo ich sie finde -- Apoll mit seiner
Götterklarheit, Venus mit dem Geiste der Keusch-
heit umflossen und Laokoon in seinem ungeheuern
Schmerz -- hier stehen sie in einem länglichen
engen Zimmer in gedrängten Reihen an die Wände
gedrückt, nur von wenigen Fenstern an der schma-
len Seite beleuchtet. Die Zucht hat die Aufseher
zu der ehrbaren Nothhülfe die Zuflucht nehmen
lassen, die unsre Voreltern nach dem Sündenfall
erfanden. Wenn man die Jugend zur Kunst bil-
den will, sollte man da nicht voraussetzen, daß
diese heilige Göttin eben so wenig fähig ist, Unan-

Amſterdammer erwartet. Das Gebaͤude hat einen
ſehr mittelmaͤßigen Werth, die Saͤulen an der
Fronte ſind gegen die geringe Breite von einer rie-
ſenmaͤßigen Hoͤhe, die Treppe iſt ſehr kleinlich, wie
in einem gemeinen Buͤrgerhauſe, und außer der
Sammlung phyſikaliſcher und aſtronomiſcher In-
ſtrumente ſcheint mir noch vieles ſehr unvollkom-
men. Die Abguͤſſe der Antiken ſind in verkleinern-
dem Maßſtab, und meiſtens ſehr mittelmaͤßig. —
Nichts thut mir weher, wie dieſe Geſtalten verun-
ehrt zu ſehen. Dieſe Goͤtter, mit denen ich meine
Kindheit verlebte, die meiner Jugend Erhabenheit
lehrten, und die meinem Alter Jugendfreude wie-
der geben, wo ich ſie finde — Apoll mit ſeiner
Goͤtterklarheit, Venus mit dem Geiſte der Keuſch-
heit umfloſſen und Laokoon in ſeinem ungeheuern
Schmerz — hier ſtehen ſie in einem laͤnglichen
engen Zimmer in gedraͤngten Reihen an die Waͤnde
gedruͤckt, nur von wenigen Fenſtern an der ſchma-
len Seite beleuchtet. Die Zucht hat die Aufſeher
zu der ehrbaren Nothhuͤlfe die Zuflucht nehmen
laſſen, die unſre Voreltern nach dem Suͤndenfall
erfanden. Wenn man die Jugend zur Kunſt bil-
den will, ſollte man da nicht vorausſetzen, daß
dieſe heilige Goͤttin eben ſo wenig faͤhig iſt, Unan-

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[202/0216] Amſterdammer erwartet. Das Gebaͤude hat einen ſehr mittelmaͤßigen Werth, die Saͤulen an der Fronte ſind gegen die geringe Breite von einer rie- ſenmaͤßigen Hoͤhe, die Treppe iſt ſehr kleinlich, wie in einem gemeinen Buͤrgerhauſe, und außer der Sammlung phyſikaliſcher und aſtronomiſcher In- ſtrumente ſcheint mir noch vieles ſehr unvollkom- men. Die Abguͤſſe der Antiken ſind in verkleinern- dem Maßſtab, und meiſtens ſehr mittelmaͤßig. — Nichts thut mir weher, wie dieſe Geſtalten verun- ehrt zu ſehen. Dieſe Goͤtter, mit denen ich meine Kindheit verlebte, die meiner Jugend Erhabenheit lehrten, und die meinem Alter Jugendfreude wie- der geben, wo ich ſie finde — Apoll mit ſeiner Goͤtterklarheit, Venus mit dem Geiſte der Keuſch- heit umfloſſen und Laokoon in ſeinem ungeheuern Schmerz — hier ſtehen ſie in einem laͤnglichen engen Zimmer in gedraͤngten Reihen an die Waͤnde gedruͤckt, nur von wenigen Fenſtern an der ſchma- len Seite beleuchtet. Die Zucht hat die Aufſeher zu der ehrbaren Nothhuͤlfe die Zuflucht nehmen laſſen, die unſre Voreltern nach dem Suͤndenfall erfanden. Wenn man die Jugend zur Kunſt bil- den will, ſollte man da nicht vorausſetzen, daß dieſe heilige Goͤttin eben ſo wenig faͤhig iſt, Unan-

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Zitationshilfe: Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811, S. 202. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_reisejournal_1811/216>, abgerufen am 04.12.2024.