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Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811.

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den Tod wie den Sieg an die Brust drückt, wie
Göthe ihn uns schildert. Das ist der Vater vieler
Kinder, in dem häusliche Rücksicht, Weisheit
und Edelmuth streitet. Diese Stirn furchte die
Sorge, diese Lippen zitterten vor Schmerz, und
der schlichte lange Bart deutet auf ein Alter, das
schon jenseits leichtsinniger Hoffnungen steht. Da
waren einige andre Gesichter, in denen ich viel
mehr von Göthes Egmont fand, Gesichter, von
denen ich noch jetzt unter den Holländern viel
Aehnlichkeit erblickte, denn ich sah in der Kirche,
in dem Theater viele schöngebildete Männer.
Schöne offne Stirnen, die Augen a fleur de tite,
edle Nasen, nur der Mund droht dem ganzen Ge-
sicht grobsinnlich auszusehen. O der Mund ist,
welche Gewalt ein Mensch über seine Züge hat,
immer der Verräther seiner Seele. Alba sieht sich
überall ähnlich, wo ich ihn sah, und nach seinem
Gesichte zu urtheilen, beruhte die Abscheulichkeit,
die Unmenschlichkeit seines Karakters auf einem
Mißverstand zwischen der Natur und dem Schick-
sal. Die so wohl geordneten Züge hatten mensch-
liche Tugenden ausdrücken sollen; es giebt solche
Gesichter, in denen die Anlage schon einen Man-
gel an Gleichgewicht der Seelenkräfte andeutet,

den Tod wie den Sieg an die Bruſt druͤckt, wie
Goͤthe ihn uns ſchildert. Das iſt der Vater vieler
Kinder, in dem haͤusliche Ruͤckſicht, Weisheit
und Edelmuth ſtreitet. Dieſe Stirn furchte die
Sorge, dieſe Lippen zitterten vor Schmerz, und
der ſchlichte lange Bart deutet auf ein Alter, das
ſchon jenſeits leichtſinniger Hoffnungen ſteht. Da
waren einige andre Geſichter, in denen ich viel
mehr von Goͤthes Egmont fand, Geſichter, von
denen ich noch jetzt unter den Hollaͤndern viel
Aehnlichkeit erblickte, denn ich ſah in der Kirche,
in dem Theater viele ſchoͤngebildete Maͤnner.
Schoͤne offne Stirnen, die Augen à fleur de tite,
edle Naſen, nur der Mund droht dem ganzen Ge-
ſicht grobſinnlich auszuſehen. O der Mund iſt,
welche Gewalt ein Menſch uͤber ſeine Zuͤge hat,
immer der Verraͤther ſeiner Seele. Alba ſieht ſich
uͤberall aͤhnlich, wo ich ihn ſah, und nach ſeinem
Geſichte zu urtheilen, beruhte die Abſcheulichkeit,
die Unmenſchlichkeit ſeines Karakters auf einem
Mißverſtand zwiſchen der Natur und dem Schick-
ſal. Die ſo wohl geordneten Zuͤge hatten menſch-
liche Tugenden ausdruͤcken ſollen; es giebt ſolche
Geſichter, in denen die Anlage ſchon einen Man-
gel an Gleichgewicht der Seelenkraͤfte andeutet,

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[167/0181] den Tod wie den Sieg an die Bruſt druͤckt, wie Goͤthe ihn uns ſchildert. Das iſt der Vater vieler Kinder, in dem haͤusliche Ruͤckſicht, Weisheit und Edelmuth ſtreitet. Dieſe Stirn furchte die Sorge, dieſe Lippen zitterten vor Schmerz, und der ſchlichte lange Bart deutet auf ein Alter, das ſchon jenſeits leichtſinniger Hoffnungen ſteht. Da waren einige andre Geſichter, in denen ich viel mehr von Goͤthes Egmont fand, Geſichter, von denen ich noch jetzt unter den Hollaͤndern viel Aehnlichkeit erblickte, denn ich ſah in der Kirche, in dem Theater viele ſchoͤngebildete Maͤnner. Schoͤne offne Stirnen, die Augen à fleur de tite, edle Naſen, nur der Mund droht dem ganzen Ge- ſicht grobſinnlich auszuſehen. O der Mund iſt, welche Gewalt ein Menſch uͤber ſeine Zuͤge hat, immer der Verraͤther ſeiner Seele. Alba ſieht ſich uͤberall aͤhnlich, wo ich ihn ſah, und nach ſeinem Geſichte zu urtheilen, beruhte die Abſcheulichkeit, die Unmenſchlichkeit ſeines Karakters auf einem Mißverſtand zwiſchen der Natur und dem Schick- ſal. Die ſo wohl geordneten Zuͤge hatten menſch- liche Tugenden ausdruͤcken ſollen; es giebt ſolche Geſichter, in denen die Anlage ſchon einen Man- gel an Gleichgewicht der Seelenkraͤfte andeutet,

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Zitationshilfe: Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811, S. 167. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_reisejournal_1811/181>, abgerufen am 28.11.2024.