diesem Augenblick allein zu seyn, ging ich in den Schloßgarten und dachte jener Zeit. Was ward seitdem zertrümmert! was für Menschen gingen unter! ihren Zeitgenossen, der Beförderung des Guten. Und gingen sie unter? fragte ich mich beschämt. Wie ich vor achtzehn Jahren hier wan- delte, war alles uiedriges Gebüsch, es war mir widrig das kleine Gestrüpp zu sehen, ich hing da- mals an dem Augenblick, ich glaubte zu wissen was mein Glück sei, und es war mir versagt, und die Welt schien mir blutarm, die mir nicht gab, was mein Sinn störrisch verlangte. Damals gaben diese schönen Bäume mir noch keinen Schat- ten, diese Weiden waren kleine Ruthen, aber ich bedurfte auch der äußern Welt nicht, ich nährte mich an unendlicher Sehnsucht und allgenügendem Schmerz. Dann kam eine andere Zeit -- ich be- saß, und verlohr. -- Verlohr mehr als ich je zu ersehnen vermochte, und nun wandle ich wieder hier, statt Sehnsucht Ergebung im Busen, statt Streben ins Leben hinaus, Rückblick auf Gräber, jetzt umfasse ich die Natur, jetzt erkenne ich die Außenwelt, denn sie vermählt mich mit dem An- denken an alles was ich verlor. Und nun finde ich die kleinen Sträuche zu schattenreichen Bäumen
dieſem Augenblick allein zu ſeyn, ging ich in den Schloßgarten und dachte jener Zeit. Was ward ſeitdem zertruͤmmert! was fuͤr Menſchen gingen unter! ihren Zeitgenoſſen, der Befoͤrderung des Guten. Und gingen ſie unter? fragte ich mich beſchaͤmt. Wie ich vor achtzehn Jahren hier wan- delte, war alles uiedriges Gebuͤſch, es war mir widrig das kleine Geſtruͤpp zu ſehen, ich hing da- mals an dem Augenblick, ich glaubte zu wiſſen was mein Gluͤck ſei, und es war mir verſagt, und die Welt ſchien mir blutarm, die mir nicht gab, was mein Sinn ſtoͤrriſch verlangte. Damals gaben dieſe ſchoͤnen Baͤume mir noch keinen Schat- ten, dieſe Weiden waren kleine Ruthen, aber ich bedurfte auch der aͤußern Welt nicht, ich naͤhrte mich an unendlicher Sehnſucht und allgenuͤgendem Schmerz. Dann kam eine andere Zeit — ich be- ſaß, und verlohr. — Verlohr mehr als ich je zu erſehnen vermochte, und nun wandle ich wieder hier, ſtatt Sehnſucht Ergebung im Buſen, ſtatt Streben ins Leben hinaus, Ruͤckblick auf Graͤber, jetzt umfaſſe ich die Natur, jetzt erkenne ich die Außenwelt, denn ſie vermaͤhlt mich mit dem An- denken an alles was ich verlor. Und nun finde ich die kleinen Straͤuche zu ſchattenreichen Baͤumen
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dieſem Augenblick allein zu ſeyn, ging ich in den
Schloßgarten und dachte jener Zeit. Was ward
ſeitdem zertruͤmmert! was fuͤr Menſchen gingen
unter! ihren Zeitgenoſſen, der Befoͤrderung des
Guten. Und gingen ſie unter? fragte ich mich
beſchaͤmt. Wie ich vor achtzehn Jahren hier wan-
delte, war alles uiedriges Gebuͤſch, es war mir
widrig das kleine Geſtruͤpp zu ſehen, ich hing da-
mals an dem Augenblick, ich glaubte zu wiſſen
was mein Gluͤck ſei, und es war mir verſagt,
und die Welt ſchien mir blutarm, die mir nicht
gab, was mein Sinn ſtoͤrriſch verlangte. Damals
gaben dieſe ſchoͤnen Baͤume mir noch keinen Schat-
ten, dieſe Weiden waren kleine Ruthen, aber ich
bedurfte auch der aͤußern Welt nicht, ich naͤhrte
mich an unendlicher Sehnſucht und allgenuͤgendem
Schmerz. Dann kam eine andere Zeit — ich be-
ſaß, und verlohr. — Verlohr mehr als ich je zu
erſehnen vermochte, und nun wandle ich wieder
hier, ſtatt Sehnſucht Ergebung im Buſen, ſtatt
Streben ins Leben hinaus, Ruͤckblick auf Graͤber,
jetzt umfaſſe ich die Natur, jetzt erkenne ich die
Außenwelt, denn ſie vermaͤhlt mich mit dem An-
denken an alles was ich verlor. Und nun finde
ich die kleinen Straͤuche zu ſchattenreichen Baͤumen
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Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811, S. 2. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_reisejournal_1811/16>, abgerufen am 23.11.2024.
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