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Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811.

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wüstung war deutlich zu sehen, allenthalben war
die, gegen die Straße gekehrte, Seite der Häuser
stehen geblieben, oder am wenigsten versehrt, der
Rücktheil ganz hinweggespült, indeß rechts von
den Dämmen die Wohnungen in besserm Wohl-
stande waren, denn zu ihnen gelangte die Fluth
nicht. In der Nähe von Utrecht ist das Land we-
niger von Gebüschen und Landhäusern geziert, der
Feldbau verdrängt die Triften, und fällt nicht durch
seine Sorgfalt auf. Schöne bunte Blumen er-
freuten das Auge in Roggen- Hafer- und Gersten-
feldern -- dennoch habe ich nie schönre Gersten-
ähren gesehen, noch schwereren Hafer, es fehlt
also nur an Reinigung der Saat. Dabei waren
viele Felder sehr sandig, und viele so feucht, daß
Schilf unter der Frucht empor wuchs. Die Dör-
fer wurden seit Thiel viel größer, wir fuhren vor
verschiedenen Kirchen vorbei, die, obschon ihre
Bauart oft sehr alt war -- ganz die alte, halb
pyramidalische Form möchte ichs nennen, wo die
Breite vom niedern Dache an zunimmt, und durch
die mächtigen Strebepfeiler, von der Seite gese-
hen, wie eine abgestumpfte Pyramide erscheint --
dennoch sehr schmuck aussahen, wegen der wohl
unterhaltnen Mauern, der hellglänzenden reinge-

H

wuͤſtung war deutlich zu ſehen, allenthalben war
die, gegen die Straße gekehrte, Seite der Haͤuſer
ſtehen geblieben, oder am wenigſten verſehrt, der
Ruͤcktheil ganz hinweggeſpuͤlt, indeß rechts von
den Daͤmmen die Wohnungen in beſſerm Wohl-
ſtande waren, denn zu ihnen gelangte die Fluth
nicht. In der Naͤhe von Utrecht iſt das Land we-
niger von Gebuͤſchen und Landhaͤuſern geziert, der
Feldbau verdraͤngt die Triften, und faͤllt nicht durch
ſeine Sorgfalt auf. Schoͤne bunte Blumen er-
freuten das Auge in Roggen- Hafer- und Gerſten-
feldern — dennoch habe ich nie ſchoͤnre Gerſten-
aͤhren geſehen, noch ſchwereren Hafer, es fehlt
alſo nur an Reinigung der Saat. Dabei waren
viele Felder ſehr ſandig, und viele ſo feucht, daß
Schilf unter der Frucht empor wuchs. Die Doͤr-
fer wurden ſeit Thiel viel groͤßer, wir fuhren vor
verſchiedenen Kirchen vorbei, die, obſchon ihre
Bauart oft ſehr alt war — ganz die alte, halb
pyramidaliſche Form moͤchte ichs nennen, wo die
Breite vom niedern Dache an zunimmt, und durch
die maͤchtigen Strebepfeiler, von der Seite geſe-
hen, wie eine abgeſtumpfte Pyramide erſcheint —
dennoch ſehr ſchmuck ausſahen, wegen der wohl
unterhaltnen Mauern, der hellglaͤnzenden reinge-

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[113/0127] wuͤſtung war deutlich zu ſehen, allenthalben war die, gegen die Straße gekehrte, Seite der Haͤuſer ſtehen geblieben, oder am wenigſten verſehrt, der Ruͤcktheil ganz hinweggeſpuͤlt, indeß rechts von den Daͤmmen die Wohnungen in beſſerm Wohl- ſtande waren, denn zu ihnen gelangte die Fluth nicht. In der Naͤhe von Utrecht iſt das Land we- niger von Gebuͤſchen und Landhaͤuſern geziert, der Feldbau verdraͤngt die Triften, und faͤllt nicht durch ſeine Sorgfalt auf. Schoͤne bunte Blumen er- freuten das Auge in Roggen- Hafer- und Gerſten- feldern — dennoch habe ich nie ſchoͤnre Gerſten- aͤhren geſehen, noch ſchwereren Hafer, es fehlt alſo nur an Reinigung der Saat. Dabei waren viele Felder ſehr ſandig, und viele ſo feucht, daß Schilf unter der Frucht empor wuchs. Die Doͤr- fer wurden ſeit Thiel viel groͤßer, wir fuhren vor verſchiedenen Kirchen vorbei, die, obſchon ihre Bauart oft ſehr alt war — ganz die alte, halb pyramidaliſche Form moͤchte ichs nennen, wo die Breite vom niedern Dache an zunimmt, und durch die maͤchtigen Strebepfeiler, von der Seite geſe- hen, wie eine abgeſtumpfte Pyramide erſcheint — dennoch ſehr ſchmuck ausſahen, wegen der wohl unterhaltnen Mauern, der hellglaͤnzenden reinge- H

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Zitationshilfe: Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811, S. 113. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_reisejournal_1811/127>, abgerufen am 25.11.2024.