sitze eines guten Herzens. Und, das musste wahr sein, denn sie sagte es selbst und ver¬ goss jedesmal Thränen dabei. Indessen war ihr dieser Besitz noch nicht allzu gefährlich geworden. Denn es war ihr noch Niemand durchgebrannt und sie war noch immer zu ihrem Gelde gekommen; und das war oft ein Stück Arbeit gewesen. Frau Rosine Wachtel konnte das Jeden versichern . . .
"Ach, Du Würmeken! Ach, mein Putteken! Hab'n se Dir so in'n Korb jestochen!"
Die gute Frau Wachtel war ganz gerührt. Aber plötzlich aus irgend einem Grunde, wahr¬ scheinlich, weil draussen auf dem Flur eben Jemand die Treppe heraufzukommen schien, hielt sie es jetzt doch für besser, sich schnell noch mal nach ihrer Küche umzusehn . . .
Der grosse Thienwiebel, der etwas un¬ geduldig gewartet hatte, bis ihr runder, trivialer Rücken endlich hinter der Thür verschwunden war, weil er wieder etwas wie einen Monolog in sich verspürte, war jetzt tragisch auf das kleine, runde Spiegelchen über der Kommode zugetreten, aus dem ihm nun sein schöner, edel¬ geformter Apollokopf melancholisch zunickte.
3
sitze eines guten Herzens. Und, das musste wahr sein, denn sie sagte es selbst und ver¬ goss jedesmal Thränen dabei. Indessen war ihr dieser Besitz noch nicht allzu gefährlich geworden. Denn es war ihr noch Niemand durchgebrannt und sie war noch immer zu ihrem Gelde gekommen; und das war oft ein Stück Arbeit gewesen. Frau Rosine Wachtel konnte das Jeden versichern . . .
„Ach, Du Würmeken! Ach, mein Putteken! Hab'n se Dir so in'n Korb jestochen!“
Die gute Frau Wachtel war ganz gerührt. Aber plötzlich aus irgend einem Grunde, wahr¬ scheinlich, weil draussen auf dem Flur eben Jemand die Treppe heraufzukommen schien, hielt sie es jetzt doch für besser, sich schnell noch mal nach ihrer Küche umzusehn . . .
Der grosse Thienwiebel, der etwas un¬ geduldig gewartet hatte, bis ihr runder, trivialer Rücken endlich hinter der Thür verschwunden war, weil er wieder etwas wie einen Monolog in sich verspürte, war jetzt tragisch auf das kleine, runde Spiegelchen über der Kommode zugetreten, aus dem ihm nun sein schöner, edel¬ geformter Apollokopf melancholisch zunickte.
3
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0037"n="33"/>
sitze eines guten Herzens. Und, das musste<lb/>
wahr sein, denn sie sagte es selbst und ver¬<lb/>
goss jedesmal Thränen dabei. Indessen war<lb/>
ihr dieser Besitz noch nicht allzu gefährlich<lb/>
geworden. Denn es war ihr noch Niemand<lb/>
durchgebrannt und sie war noch immer zu ihrem<lb/>
Gelde gekommen; und das war oft ein Stück<lb/>
Arbeit gewesen. Frau Rosine Wachtel konnte<lb/>
das Jeden versichern . . .</p><lb/><p>„Ach, Du Würmeken! Ach, mein Putteken!<lb/>
Hab'n se Dir so in'n Korb jestochen!“</p><lb/><p>Die gute Frau Wachtel war ganz gerührt.<lb/>
Aber plötzlich aus irgend einem Grunde, wahr¬<lb/>
scheinlich, weil draussen auf dem Flur eben<lb/>
Jemand die Treppe heraufzukommen schien,<lb/>
hielt sie es jetzt doch für besser, sich schnell<lb/>
noch mal nach ihrer Küche umzusehn . . .</p><lb/><p>Der grosse Thienwiebel, der etwas un¬<lb/>
geduldig gewartet hatte, bis ihr runder, trivialer<lb/>
Rücken endlich hinter der Thür verschwunden<lb/>
war, weil er wieder etwas wie einen Monolog<lb/>
in sich verspürte, war jetzt tragisch auf das<lb/>
kleine, runde Spiegelchen über der Kommode<lb/>
zugetreten, aus dem ihm nun sein schöner, edel¬<lb/>
geformter Apollokopf melancholisch zunickte.</p><lb/><fwplace="bottom"type="sig">3<lb/></fw></div></div></body></text></TEI>
[33/0037]
sitze eines guten Herzens. Und, das musste
wahr sein, denn sie sagte es selbst und ver¬
goss jedesmal Thränen dabei. Indessen war
ihr dieser Besitz noch nicht allzu gefährlich
geworden. Denn es war ihr noch Niemand
durchgebrannt und sie war noch immer zu ihrem
Gelde gekommen; und das war oft ein Stück
Arbeit gewesen. Frau Rosine Wachtel konnte
das Jeden versichern . . .
„Ach, Du Würmeken! Ach, mein Putteken!
Hab'n se Dir so in'n Korb jestochen!“
Die gute Frau Wachtel war ganz gerührt.
Aber plötzlich aus irgend einem Grunde, wahr¬
scheinlich, weil draussen auf dem Flur eben
Jemand die Treppe heraufzukommen schien,
hielt sie es jetzt doch für besser, sich schnell
noch mal nach ihrer Küche umzusehn . . .
Der grosse Thienwiebel, der etwas un¬
geduldig gewartet hatte, bis ihr runder, trivialer
Rücken endlich hinter der Thür verschwunden
war, weil er wieder etwas wie einen Monolog
in sich verspürte, war jetzt tragisch auf das
kleine, runde Spiegelchen über der Kommode
zugetreten, aus dem ihm nun sein schöner, edel¬
geformter Apollokopf melancholisch zunickte.
3
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Holz, Arno; Schlaf, Johannes: Papa Hamlet. Übers. v. Bruno Franzius. Leipzig, 1889, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holz_hamlet_1889/37>, abgerufen am 16.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.