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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 4. Breslau, 1852.

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Advokaten, deren Einer die Verwaltung der van der
Helfft'schen Konkurs-Masse, der Andere die Rechte
des neuen Käufers zu vertreten hatte, welcher letztere
noch nicht angelangt und auf dessen Ankunft jeder-
männiglich erwartungsvoll gespannt war. Einen
Schritt tiefer, doch immer noch hoch genug, um über-
all gesehen zu werden, befanden sich auf den zur
Pforte führenden Stufen die Beamten des Gutes,
Verwalter, Förster, auch Schulz und Gerichtsmänner,
an ihrer Spitze der Herr Pastor, in welchem Anton
sogleich seinen Jugendspielen, den sogenannten "Pastor-
Puschel", erkannte. Hoch über diese Köpfe ragte der
graue Kopf des Riesen Schkramprl hervor. Und
gleichwie ein grau-bemooseter Kirchthurm, höher als
die höchsten Dächer neben ihm, aus seinem Glocken-
haupte ein Zeichen ertönen läßt, wenn eine längst-
ersehnte Person ihren Einzug hält, so gab Schkramprl
jetzt ein Zeichen, da er Anton am Eingang der Bogen-
laube erscheinen sah. Er nickte jener Dame in Trauer-
kleidern ehrfurchtsvoll bejahend zu. Alsobald gab
diese dem neben ihr sitzenden Gerichtshalter einen Wink.
Dieser erhob sich und augenblicks schwieg das Gesumme
und Geplauder unter den Dorfbewohnern. Aller
Augen richteten sich nach dem "Justitiarius", den sie

Advokaten, deren Einer die Verwaltung der van der
Helfft’ſchen Konkurs-Maſſe, der Andere die Rechte
des neuen Kaͤufers zu vertreten hatte, welcher letztere
noch nicht angelangt und auf deſſen Ankunft jeder-
maͤnniglich erwartungsvoll geſpannt war. Einen
Schritt tiefer, doch immer noch hoch genug, um uͤber-
all geſehen zu werden, befanden ſich auf den zur
Pforte fuͤhrenden Stufen die Beamten des Gutes,
Verwalter, Foͤrſter, auch Schulz und Gerichtsmaͤnner,
an ihrer Spitze der Herr Paſtor, in welchem Anton
ſogleich ſeinen Jugendſpielen, den ſogenannten „Paſtor-
Puſchel“, erkannte. Hoch uͤber dieſe Koͤpfe ragte der
graue Kopf des Rieſen Schkramprl hervor. Und
gleichwie ein grau-bemooſeter Kirchthurm, hoͤher als
die hoͤchſten Daͤcher neben ihm, aus ſeinem Glocken-
haupte ein Zeichen ertoͤnen laͤßt, wenn eine laͤngſt-
erſehnte Perſon ihren Einzug haͤlt, ſo gab Schkramprl
jetzt ein Zeichen, da er Anton am Eingang der Bogen-
laube erſcheinen ſah. Er nickte jener Dame in Trauer-
kleidern ehrfurchtsvoll bejahend zu. Alſobald gab
dieſe dem neben ihr ſitzenden Gerichtshalter einen Wink.
Dieſer erhob ſich und augenblicks ſchwieg das Geſumme
und Geplauder unter den Dorfbewohnern. Aller
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[95/0099] Advokaten, deren Einer die Verwaltung der van der Helfft’ſchen Konkurs-Maſſe, der Andere die Rechte des neuen Kaͤufers zu vertreten hatte, welcher letztere noch nicht angelangt und auf deſſen Ankunft jeder- maͤnniglich erwartungsvoll geſpannt war. Einen Schritt tiefer, doch immer noch hoch genug, um uͤber- all geſehen zu werden, befanden ſich auf den zur Pforte fuͤhrenden Stufen die Beamten des Gutes, Verwalter, Foͤrſter, auch Schulz und Gerichtsmaͤnner, an ihrer Spitze der Herr Paſtor, in welchem Anton ſogleich ſeinen Jugendſpielen, den ſogenannten „Paſtor- Puſchel“, erkannte. Hoch uͤber dieſe Koͤpfe ragte der graue Kopf des Rieſen Schkramprl hervor. Und gleichwie ein grau-bemooſeter Kirchthurm, hoͤher als die hoͤchſten Daͤcher neben ihm, aus ſeinem Glocken- haupte ein Zeichen ertoͤnen laͤßt, wenn eine laͤngſt- erſehnte Perſon ihren Einzug haͤlt, ſo gab Schkramprl jetzt ein Zeichen, da er Anton am Eingang der Bogen- laube erſcheinen ſah. Er nickte jener Dame in Trauer- kleidern ehrfurchtsvoll bejahend zu. Alſobald gab dieſe dem neben ihr ſitzenden Gerichtshalter einen Wink. Dieſer erhob ſich und augenblicks ſchwieg das Geſumme und Geplauder unter den Dorfbewohnern. Aller Augen richteten ſich nach dem „Juſtitiarius“, den ſie

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Zitationshilfe: Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 4. Breslau, 1852, S. 95. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden04_1852/99>, abgerufen am 23.11.2024.